Theologie studieren in Erfurt

Fragen der Menschen im Blick

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Wer Theologie studiert, stellt sich vielen Aspekten des Lebens und Gottesglaubens. Die Katholisch-Theologische Fakultät Erfurt lädt dazu ein.

Clemens Ulbricht und Floriane-Luisa Thorak im „Pausenraum“ der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt im Kreuzgang am Dom. Beide finden die Lage der Fakultät mitten in der Erfurter Altstadt „ganz cool“ und sehr schön.    Foto: Pauline Cholewczynski

 

„Es lohnt sich, Theologie zu studieren. Und es lohnt, dies in Erfurt zu tun.“ Darin sind sich Floriane-Luisa Thorak (23) und Clemens Ulbricht (27) absolut einig: „Die Theologie nimmt aus verschiedenen Perspektiven das Zusammenleben der Menschen und ihre Beziehung zu Gott, ihren Glauben, in den Blick. Dabei geht es um brisante Fragen des Hier und Jetzt“, sagen die beiden Theologiestudenten. Und fahren fort: „Wer Theologie studiert, muss im intensiven Gespräch mit anderen sein. Wir sind in Erfurt vergleichsweise wenig Studierende, das ist dafür aber von großem Vorteil. Zudem haben unsere Professoren immer ein offenes Ohr für uns. Gerade jetzt in der Pandemie hat sich das gezeigt.“
Von den 146 Studenten (darunter 33 Doktoranden) an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt absolvieren 38 ein Magister-Studium Theologie, die anderen studieren Theologie und Wirtschaft (Master), zudem Religion im Bachelor, auf Lehramt und in Kombinationen wie zum Beispiel Religion und Management. Für letzteres ist Floriane-Luisa Thorak zusätzlich neben ihrem Studiengang Theologie eingeschrieben. „Ich habe mich dafür entschieden, um meine späteren beruflichen Möglichkeiten etwa in Unternehmen und Institutionen zu erweitern“, sagt Thorak, die gerade das vierte Studienjahr beendet. „Ich kann mir aber durchaus einen Einsatz im seelsorglichen Bereich vorstellen.“ Thorak stammt aus Helbra. Das gehört zur pfarrerlosen Pfarrei Hettstedt, die seit 2017 von einem Pfarreiteam geleitet wird.

Verschiedene berufliche Perspektiven
Auch Clemens Ulbricht zeigt sich offen für verschiedene künftige Einsatzmöglichkeiten als Theologe: in der Seelsorge, bei der Caritas, in der Bildungsarbeit, im Medienbereich oder etwa in der Politikberatung. Ulbricht beendet derzeit gerade das zweite der fünf Studienjahre im Magisterstudium. „Nach vier Semestern kann ich für mich sagen: Es war die absolut richtige Entscheidung, hier zu beginnen.“ Ulbricht hatte davor in Dresden ein Jurastudium aufgenommen, es dann aber abgebrochen. „Ich fühle mich hier in Erfurt sehr wohl. Und das Studium bringt mich in meinem Glauben und Wissen weiter“, betont Ulbricht, der in seiner Heimatgemeinde in Dresden-Strehlen Ministrant war und sich dort als Lektor und Kommunionhelfer einbringt.
Thorak engagiert sich im Sprecherkreis des Laienmentorats an der Fakultät. „Jeden Dienstag zum Beispiel laden wir zum Angebot ,Komm zu(m) Pott‘ ein. Wir halten ein Mittagsgebet und essen anschließend miteinander. Das bietet die Möglichkeit, ein bisschen abzuschalten, sich auszutauschen, etwas zu verabreden.“ Das Laienmentorat lädt zu Besinnungsnachmittagen und Exerzitien ein, veranstaltet Fahrten und bemüht sich so, die geistliche Dimension des Studiums im Blick zu haben und das Miteinander zu stärken.
Thorak und Ulbricht kennen die kirchliche Situation hierzulande aus ihren Heimatgemeinden gut. „Im Studium werden unsere spezifische kirchliche Situation, aber auch allgemeine gesellschaftliche Fragen reflektiert“, sagt Ulbricht. In der Philosophie-Vorlesung sei es dieser Tage vor dem Hintergrund der Pandemie um Veränderungen im Verhältnis von Natur und Mensch gegangen. Medizin-ethische Herausforderungen würden diskutiert. Vielfältig werde immer wieder die Frage nach dem Glauben angesichts der weithin nichtkonfessionellen Gesellschaft betrachtet.
„Erfurt ist die Fakultät in Deutschland, die sich am längsten den Herausforderungen einer säkularen Gesellschaft für Kirche und Christentum stellt“, unterstreicht Dekan Professor Jörg Seiler für das Professorenkollegium. „Wer in Erfurt Theologie studiert, muss sich mit der säkularen Option und damit Anforderungen auseinandersetzen, wie sie sich an anderen Studienorten so noch nicht stellen. Dies gilt für die Theologische Fakultät wie das Priesterseminar.“ Mit dem Wintersemester 2021/22 solle an der Fakultät mit erneuerten Studiengängen zudem noch stärker die Ökumene in den Blick kommen. Intensive Kontakte zu Fakultäten in Ost- und Westeuropa ermöglichen internationalen Austausch und interessante Kooperationen, so Seiler.

Viele Möglichkeiten des Miteinanders
Möglichkeiten, sich mit Studenten auch anderer Fachrichtungen auszutauschen, aber auch etwas gemeinsam zu unternehmen, biete Erfurt und Thüringen viele, betonen Thorak und Ulbricht. Clemens Ulbricht zum Beispiel wohnt in der Pius-WG (Wohngemeinschaft) im Pius-Haus des Priesterseminars mit jungen Frauen und Männern auch anderer Studienrichtungen und den Priesterkandidaten zusammen. „Das Zusammenwohnen bietet nicht nur viele Kontakte, sondern ist auch eine gute Lebensschule des Miteinanders“, findet Ulbricht.
„Als ich in Erfurt anfing, war ich sehr positiv davon überrascht, wie stark der Kontakt der Studierenden auch jahrgangsübergreifend hier ist“, sagt Thorak. Auch mit den Priesterkandidaten gebe es ein gutes Miteinander. Thorak lobt zudem die vielseitigen Angebote für alle Studenten der Universität Erfurt im Rahmen des Studium fundamentale zu Themen wie Psychologie, Rhetorik, Kindeswohl, aber auch kreatives Schreiben oder Fotografieren. „Es lohnt sich wirklich, in Erfurt zu studieren“, sagt die angehende Theologin.

Zur Sache: Ein faszinierendes Studium
„Das Theologie-Studium gehört zu den besonders vielfältigen und breit angelegten Studienfächern. Bibelwissenschaft, Kirchengeschichte, die Auseinandersetzung mit der Lehre der Kirche, der gesamte Bereich des Gottesdienstes, philosophische und ethische Fragen, nicht zuletzt das große Feld der Seelsorge spielen eine Rolle. Es ist ein faszinierendes Studium. Wer Interesse und Begeisterung für Fragen von Kirche und Glauben mitbringt, findet in der Theologie ein sehr reiches Studienangebot.
Die Krise der Kirche wird manche überlegen lassen, ob das Theologiestudium heute noch angesagt ist. Aber die Überzeugung, dass eine Kirche am „toten Punkt“, wie es Kardinal Reinhard Marx formuliert hat, weder für die Glaubensgemeinschaft noch für die Gesellschaft insgesamt erträglich ist, könnte schon Anlass sein, sich auf Theologie einzulassen. Mehr denn je braucht die Kirche sehr gut ausgebildete, intellektuell bewegliche und engagierte junge Theologen, um aus ihrer jetzigen Misere herauszukommen." (Professor Benedikt Kranemann, Erfurt, Liturgiewissenschaftler)
 
Unter „Studium“ auf der Internetseite der Katholisch-Theologischen Fakultät (www.uni-erfurt.de/theol) gibt es viele Informationen bis hin zu virtuellen Probevorlesungen und einem Rundgang durch die Studieneinrichtung.
 
Von Eckhard Pohl