150 Jahre Kirchweihe in Altenburg
„Fundament, auf dem wir bauen“
Zusammen mit vielen Priestern, die in der Gemeinde tätig waren oder von hier stammen, feierten die Katholiken in Altenburg die Weihe ihrer ersten Kirche nach der Reformation vor 150 Jahren. Den Gottesdienst leitete ihr ehemaliger Pfarrer, Altbischof Reinelt. | Foto: Matthias Holluba |
Normalerweise gehen in diesen Wochen die Gedanken der Katholiken im Altenburger Land in die Zukunft. „Wenn alles glatt läuft, soll im Januar aus der Verantwortungsgemeinschaft Altenburg-Schmölln, Rositz, Lucka und Meuselwitz eine neue Pfarrei entstehen“, berichtet der Altenburger Pfarrer Konrad Köst. Zählt die Gemeinde heute etwa 1800 Katholiken, kommen dann knapp 2500. Am ersten Juli-Wochenende nahmen sich die Altenburger allerdings Zeit, zurück zu blicken. Fast auf den Tag genau, am 4. Juli vor 150 Jahren, wurde in der Stadt die erste katholische Kirche nach der Reformation geweiht. „Uns ist es wichtig, auf die Geschichte zu schauen, denn sie ist das Fundament, auf dem wir aufbauen“, betont der Pfarrer.
Die Jubiläumsfeier begann mit einem Festakt. Im historischen Bachsaal des Altenburger Schlosses stellte der zur Pfarrei gehörende Historiker Markus Anhalt seine Forschungen zur Geschichte der Katholiken in der Stadt nach der Reformation vor. Seine Veröffentlichungen dazu im Pfarrbrief hatten zu dem Wunsch geführt, tiefer in das Thema einzusteigen. Entstanden ist daraus das Buch „Epiphania Domini: Die Altenburger katholische Gemeinde in den Jahren 1823 bis 1974 und ihre weitere Entwicklung“ (erschienen im E.-Reinhold-Verlag Altenburg, ISBN 978-3-95755-045-3). 1823 gab es in der Stadt etwa 20 Katholiken, die sich regelmäßig in einer Wohnung zu Andachtsstunden versammelten. Schon bald bemühte sich die Gemeinde um ein eigenes Gotteshaus. 1868/69 wurde die Gnadenkapelle errichtet und auf das Patronat „Erscheinung des Herrn“ geweiht.
Eine Gemeinde aus Flüchtlingen
Durch die große Zahl der Flüchtlinge in der Folge des Zweiten Weltkriegs erwies sich die Kapelle als zu klein. Man erwarb das zum Verkauf stehende Hotel und Varieté „Concordia“ und errichtete dort eine neue Kirche, die am 24. Juni 1950 geweiht wurde und die bis heute von den Katholiken genutzt wird. Im Zuge der jetzigen Jubiläumsfeiern konnte die Gemeinde übrigens ihr erstes, inzwischen verkauftes Gotteshaus, die Gnadenkapelle, noch einmal besichtigen. Der neue Eigentümer will das Gebäude künftig für kulturelle Zwecke nutzen.
Im Rahmen des Festaktes gab es einen zweiten Vortrag des Erfurter Kirchenhistorikers Josef Pilvousek, Doktorvater von Markus Anhalt. Er sprach über die katholischen Flüchlinge aus dem Rheinland, die sich in den Jahren 1943 bis 1945 in der Region aufhielten. Die Sorge der Kirche um diese Menschen war die Vorbereitung auf den großen Ansturm von Flüchtlingen aus Ostpreußen, Schlesien und dem Sudetenland nach Ende des Krieges. (Mehr dazu in einer der kommenden Ausgaben.) Wie viele katholische Gemeinden in der mitteldeutschen Diaspora besteht auch Altenburg bis heute zum weitaus größten Teil aus Nachkommen dieser Flüchtlinge aus den einstigen deutschen Ostgebieten, was Pilvousek während seines Vortrages durch die Bitte um ein entsprechendes Handzeichen der Zuhörer eindrucksvoll bestätigte.
Den Höhepunkt der Jubiläumsfeier bildete der Festgottesdienst am Samstag. Die Altenburger hatten sich dazu Priester eingeladen, die einmal in der Gemeinde gewirkt haben oder aus der Gemeinde stammen. Gekommen waren die ehemaligen Pfarrer Georg Wanzek, Benno Schäffel und Andreas Martin sowie Andreas Schumann und Norbert Gatz, die aus der Gemeinde stammen, und aus Schmölln der Ruhestandspfarrer Karl Brünnler. Eine besondere Freude war für die Altenburger, dass Altbischof Joachim Reinelt den Gottesdienst leitete. Er war von 1974 bis 1986 Pfarrer in Altenburg und ist bei vielen bis heute als guter Seelsorger und als Bauherr in Erinnerung, wovon nicht nur ein entsprechendes Foto im Buch von Markus Anhalt zeugt, sondern auch das in seiner Zeit errichtete Pfarr- und Gemeindehaus.
Bischof Reinelt erinnerte in seiner Predigt an ein Gespräch, das er zufällig vom Balkon des damals neuen Pfarrhauses aufschnappte. „Was die bloß immer in der Kirche wollen?“, fragten sich zwei Frauen. Es sei das Privileg der Christen, einen Gott zu kennen und an ihn zu glauben, der mittendrin bei den Menschen ist – „gerade auch im Dreck dieser Welt“. „Wie dankbar können wir sein, dass wir auf diese Lebensbahnen gelenkt worden sind“, so der Bischof.
Grüße gab es am Ende des Festgottesdienstes aus der Ökumene, aus dem Dekanat vom neuen Geraer Pfarrer Bertram Wolf sowie schriftlich vom Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers. Einen besonderen Dank an die Kirchen gab es vom Altenburger Oberbürgermeister André Neumann (CDU). Obwohl nur etwa 20 Prozent der Altenburger Christen seien, profitiere die Stadt sehr von ihnen. „Ihr Einsatz für Menschen in Not, aber auch gegen antidemokratische Tendenzen ist von unendlichem Wert.“ Mit seinem Dank verband der Oberbürgermeister die Bitte um weitere Unterstützung bei der Gestaltung einer lebens- und liebenswerten Stadt.
Von Matthias Holluba