Anfrage zum Sechswochenamt
Gedächtnis der Verstorbenen
Was hat es mit dem Sechswochenamt und dem Jahresamt für Verstorbene auf sich? Brigitte Schroth, Viersen
Die Rituale rund um Tod und Trauer haben in der Kirche einen hohen Stellenwert. Sie verbinden zwei Anliegen: die Sorge um das Seelenheil des Verstorbenen, für dessen Erlösung man betet, und die Sorge um die Hinterbliebenen.
Dabei haben sich über die Zeit die Schwerpunkte verschoben. Im Mittelalter war es die Angst vor dem Fegefeuer und der Hölle, die dazu führte, dass man für die Verstorbenen Messen feiern ließ; durch Gebete und durch das Messopfer wollte man ihm oder ihr einen Platz im Himmel erflehen. Wenn sich heute Familien und Freunde zum Sechswochen- oder Jahresamt treffen, steht mehr die liebevolle Erinnerung an den Toten und die gemeinsame Trauer im Mittelpunkt. Oder anders gesagt: Wenn für Verstorbene keine Messe gefeiert wird, macht das ihren Platz im Himmel nicht unwahrscheinlicher.Was nicht heißt, dass das Gebet füreinander zwecklos wäre. Das Einstehenden füreinander auch über den Tod hinaus ist ein hoher Wert und ein Bekenntnis dazu, dass Himmel und Erde enger miteinander verbunden sind, als man sieht.
Und warum nun Sechswochen- und Jahresamt? Füreinander beten kann man immer. Aber schon früh haben sich bestimmte Tage herauskristallisiert, an denen man besonders der Toten gedachte – auch über das Christentum hinaus. Dazu gehört neben dem Gedächtnis nach einem Jahr der 40. Tag, woran sich das Sechswochenamt orientiert.
Psychologen und Therapeuten wissen um den Sinn solcher Zeitabschnitte. Sie strukturieren die Zukunft, die für trauernde Angehörige oft wie eine endlose Strecke erscheint. Und während die Beerdigung an der geschockten Familie oft nur vorbeirauscht, setzt nach etwa sechs Wochen eine zweite Trauerphase ein. Jetzt wieder in der Kirche zu beten und mit anderen über den Toten zu sprechen, hat eine andere Qualität.
Das Gleiche gilt für das Jahresgedächtnis: Das klassische Trauerjahr ist zu Ende, ein neuer Abschnitt der Trauer und ihrer Verarbeitung beginnt; das bestätigen viele Erfahrungen.
Susanne Haverkamp