Olympia-Pfarrer Jürgen Hünten über die Spiele in Pyeongchang

Goldmedaillen, Gottesdienste, Gradzahlen

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Die erste olympische Woche ist vorbei - mit vielen Erfolgen für das deutsche Team. Auch der katholische Olympiapfarrer Jürgen Hünten macht einen zufriedenen Eindruck. Eine Zwischenbilanz aus Pyeongchang.

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Der Hochschulpfarrer Jürgen Hünten ist derzeit als Olympia-
pfarrer in Pyeongchang. Foto: kna

Pfarrer Hünten, haben Sie sich gut eingelebt in Südkorea? Sie scheinen ja ein Glücksbringer für die deutschen Athleten zu sein.
Wir haben uns tatsächlich gut in unserer Unterkunft in der Gemeinde im zweiten Olympiaort Gangneung eingefunden. Wir waren jetzt schon bei einigen Wettkämpfen im 20 Kilometer entfernten Pyeongchang dabei. So haben wir die beiden Goldmedaillen-Siege im Rodeln erleben dürfen.


Haben Sie die Gewinner auch getroffen?
Ja, wir haben eine Akkreditierung für das Deutsche Haus. Dort konnten wir beispielsweise den Rodlerinnen Natalie Geisenberger und Dajana Eitberger zu Gold und Silber gratulieren. Im Deutschen Haus lernt man die Sportler, Trainer und Offiziellen am besten kennen und kann sehr gut Gespräche führen.


Ist das dann Small-Talk oder schon Seelsorge?
Die Übergänge sind fließend. Wenn wir mit erfolgreichen Athleten sprechen, dann sind sie glücklich. Umgekehrt ist es natürlich auch so, wenn Ergebnisse nicht so ausgefallen sind, wie vom Sportler erhofft, dass andere Fragen besprochen werden: Warum ist mir das passiert? Wieso habe ich keine bessere Leistung bringen können?


Was antworten Sie dann? Zum Beispiel einem Felix Loch, der in seinem letzten Lauf beim Rodeln die Goldmedaille verlor.
Das ist sehr individuell. Und natürlich sehr persönlich, sowie privat. So viel sei aber gesagt: Felix Loch habe ich nur am Rande gesehen.


Was steht neben den Wettkampfbesuchen für Sie an?
Im Deutschen Haus werden wir am Sonntagabend ein Gebet anbieten. Das ist schon Tradition und darauf freue ich mich mit meinem evangelischen Kollegen Thomas Weber schon. Im religiösen Zentrum des Olympischen Dorfes wollen wir auch eine Veranstaltung anbieten, da sind wir jedoch noch in der Abstimmung, weil die verschiedenen Delegationen der Länder nur bestimmte Zeiten zur Verfügung haben. Wir als ökumenisches Tandem müssen sehr flexibel sein und reagieren situativ. Das macht für uns aber auch den großen Reiz dieser Aufgabe aus.


Haben Sie auch die Möglichkeit gehabt, Land und Leute kennenzulernen?
Sicher. So habe ich den Aschermittwochs-Gottesdienst in der Gemeinde besucht - er war brechend voll. Sehr beeindruckend war auch die sehr lebendige Sonntagsmesse. Einziges Problem ist die Sprache. Aber wir haben eine deutschsprachige Bezugsperson, die uns hilft und auch mal auf Sehenswürdigkeiten am Wege aufmerksam macht. Sie hat uns außerdem empfohlen, den Neujahrsgottesdienst zu besuchen, bei dem der Familienmitglieder gedacht wird und der sehr speziell sein soll. Neujahr fällt in Südostasien diesmal auf den 16. Februar.


Ist neben Olympia auch Politik ein Thema in Gesprächen?
Ich habe erfahren, dass normalerweise Politik ein Tabu-Thema in Korea und ganz Asien ist. Jedoch war ich heute beim Slalom, wo plötzlich die rotgekleideten Cheerleader Nordkoreas auftauchten, und so wurde das dann doch ein Thema. Mein persönlicher Eindruck ist, dass die Südkoreaner sehr verhalten und skeptisch auf Aktionen des eigentlich verfeindeten Nachbars reagieren. Sie trauen den Annäherungsversuchen nicht ganz. So habe der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un zu Neujahr Familienzusammenführungen versprochen, wovon man jetzt aber noch nichts weiter gehört hat.


Es gibt Kritik an leeren Tribünen an den Wettkampfstätten. Wie sehen Sie das?
Die Stimmung ist sehr gut, dafür dass Südkorea eigentlich kein klassisches Wintersportland ist. Wir dürfen das nicht damit vergleichen, wie es gewesen wäre, wenn München die Spiele 2018 ausgerichtet hätte. Olympia ist aber jetzt hier richtig angekommen. Die Menschen sind äußerst freundlich und auch die Kälte hat ein wenig nachgelassen - derzeit sind es nur minus 5 Grad.

kna