Künstler für religiöse Kunst in Kirchen, vor allem im Sorbischen

„An Gott glaube ich nicht!“

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Harald Lukschanderl ist Künstler. In vielen Kirchen, vor allem im Sorbischen, finden sich seine Werke. Er sei kein gläubiger Mensch. Mit seiner Kunst aber will er die Menschen zum Nachdenken bringen – auch über die Frage nach Gott.

Harald Lukschanderl mit seiner Frau Erika in seiner Kunst-Werkstatt.    Fotos: Rafael Ledschbor

 

„Der Papst war über Silvester bei uns zu Hause“, sagt der 82-jährige Harald Lukschanderl schmunzelnd. Damit meint er die Statue des heiligen Johannes Paul II., die er für die Crostwitzer Kirche hergestellt hat. In einer einfach ausgestatteten Baracke in Saalau, südlich von Wittichenau, die er seit fast 30 Jahren als Werkstatt nutzt,  ist viel von dem entstanden, was mehrere Kirchen im katholischen sorbischen Gebiet der Oberlausitz nicht nur schmückt, sondern auch den Menschen erreichen soll.

Kein gerader künstlerischer Weg
„Ein sakrales Bild muss anziehend sein“, ist Harald Lukschanderl überzeugt. Doch auf seiner Visitenkarte steht lediglich, dass er Metall gestaltet und dass er restauriert. „Natürlich darf ich mich auf der Grundlage meiner Ausbildung Künstler nennen und bin es ja auch, aber ich möchte das nicht groß hervorheben.“ Er gestaltet Metall ebenso wie Holz, restauriert Werke aus beiden Materialien, ist Bildhauer und fertigt Schmuckstücke an.
Dabei war sein künstlerischer Weg nicht völlig gerade. Der am 24. Juni 1938 in Neugersdorf in Sachsen geborene Harald Lukschanderl kam bald danach mit seinen Eltern nach Rumburg. Von dort musste die Familie 1945 wegziehen und fand in Lauta eine neue Heimat. Harald Lukschanderl hat später den Beruf eines Elektromonteurs erlernt. Als 30jähriger ging er an die Volkshochschule, holte die zehnte Klasse nach, erlernte den Beruf eines Gürtlers (heute Metallbildner) und ließ sich schließlich zum Kunsthandwerker ausbilden. Gewissermaßen für seinen Lehrer hält er Professor Rudi Högner (1907–1995), der Dozent an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst in Berlin war. Die erste Plastik, die Harald Lukschanderl geschaffen hat, steht in Forst – zunächst zierte sie einen Brunnen in einem Wohnkomplex, steht aber inzwischen in der Mitte eines Kreisverkehrs. Diese hat er als Künstler in seinem Betrieb in Seidewinkel bei Hoyerswerda hergestellt. Nebenbei konnte er als solcher auch privat tätig sein.
Im Jahr 1986 hat sich Schwester Magna, die Oberin der Borromäerinnen in Görlitz, an ihn gewandt und ihn gefragt, ob er nicht die Kapelle des Heiligen Joseph im St. Carolus-Krankenhaus ausgestalten könnte. „Damit hat meine Ausstattung von Kirchen begonnen. Ich habe aber auch sakrale Geräte und Gefäße restauriert und vergoldet“, sagt Harald Lukschanderl.
Mit Schwester Magna hatte er dabei eine Fachfrau an seiner Seite. Die Ordensfrau war ausgebildete Goldschmiedin. Auch mit ihrer Nachfolgerin Schwester Seraphina hat er zusammengearbeitet. So hat er die Kapelle im Wittichenauer St.-Adalbert-Stift ausgestaltet und danach den achteckigen Neubau der Herz-Jesu-Kapelle des St. Carolus-Krankenhauses. „Da war ich sozusagen für die Innengestaltung zuständig. Für diese Kapelle habe ich nicht nur den Altartisch, das Ambo, den Sockel für den Tabernakel, den Ständer für die Osterkerze und das Weihwasserbecken hergestellt, sondern auch die Sitze im Altarraum, die Bänke, den Fußboden und die Lampen.“

Für die Ralbitzer Kirche schuf Harald Lukschanderl eine Darstellung der Sieben Schmerzen Mariens.

Selbstständigkeit statt Arbeitslosigkeit
Bis 1992 arbeitete Harald Lukschanderl in Seidewinkel. Dann wurde er arbeitslos. Und deshalb schaute er sich um, wie und wo er weiterarbeiten könnte. Der damals 55-Jährige entschied sich, in die Selbstständigkeit zu gehen. Und das hat er nie bereut. Seine Frau Erika, die aus Thüringen stammt und die 1963 als Lehrerin nach Wittichenau kam, unterstützt ihn auf verschiedenste Weise bei seinem künstlerischen Wirken. Dazu hat sie sich unter anderem das Vergolden angeeignet.
Harald Lukschanderl ist mit seiner Kunst in mehreren Gotteshäusern in der katholischen sorbischen Oberlausitz präsent. Das meiste davon findet man wohl in der Crostwitzer Kirche. Die beiden Seitenaltäre der heiligen Maria und des heiligen Sebastian, die Statue des heiligen Johannes Paul II., das Taufbecken, das Ambo, das Chorgestühl im Altarraum, der Opferstock und ein Kerzenhalter sowie ein Blumenständer sind von ihm geschaffen worden. „Bevor ich die drei göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe für dieses Gotteshaus angefertigt habe, bin ich nach Neuzelle gefahren, um mich inspirieren zu lassen. Dort traf ich einen Geistlichen, den ich fragte, ob er wisse, wo die Tugenden dargestellt sind. Er schüttelte den Kopf und sagte, dass dies nur der liebe Gott selbst wisse. Kurz darauf kam eine ältere Frau, die sofort wusste, wo die Tugenden zu finden sind“, erzählt der Künstler.
Aber auch in der Ralbitzer Kirche hat er seine künstlerischen Spuren hinterlassen. So hat er die sieben Schmerzen Mariens um den Tabernakel angefertigt. „Pfarrer Michał Nawka hatte mir empfohlen, dass ich in jedes ein Schwert einfügen sollte, was ich dann auch getan habe.“ Die Darstellung der vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes hat Harald Lukschanderl sogar zweimal angefertigt: zunächst im Jahr 2004 für die Kanzel und vor zwei Jahren etwas kleiner für das Ambo.
Weitere Werke von ihm finden sich in der Königswarthaer Kapelle, in der Hosker Kapelle und in der Wittichenauer Pfarrkirche. Kaum bekannt ist, dass er eine Tafel für Johann von Schadowitz – eher bekannt als Krabat – hergestellt hat, und in Dachau erinnert eine von ihm geschaffene Bronzetafel an den seligen Kaplan Alojs Andritzki.

Möchte Menschen zum Nachdenken anregen
Obwohl Harald Lukschanderl neben anderen Aufgaben viel für die Kirche getan hat, ist er selbst kein an Gott glaubender Mensch. Dennoch befasst er sich zunächst intensiv mit der Materie, bevor ein Werk herstellt. Er liest die dazu erforderliche Literatur, beschäftigt sich mit der Geschichte und der Liturgie. „Ich will mit meiner Kunst den Menschen erreichen. Ich möchte dem Menschen das Gute vermitteln, damit er sich menschlich verhält und auch, dass er froh nach dem Gottesdienst aus der Kirche nach Hause geht. Wenn ich etwas erschaffe, spüre ich auch etwas. Obwohl ich kein gläubiger Mensch bin, möchte ich dennoch zum Nachdenken anregen.“ Die Frage nach Gott hat er sich noch nie gestellt. „Ich arbeite aber trotzdem so, als würde ich mich künstlerisch mit einer Person auseinandersetzen. Bei aller Nähe bleibt dennoch eine gewisse Distanz.“
Harald Lukschanderl kann auf eine sehr breite Palette von eigenen Erzeugnissen vom kleinen Schmuck für eine Halskette, verschiedenste Gefäße, die Gestaltung des ganzen Komplexes mit Lampen bis hin zu einigen großen Plastiken verweisen. Und doch gibt er unumwunden zu: „Ich habe immer sehr gerne für die Kirche gearbeitet. Schließlich konnte ich auch meine Vorstellungen einbringen und umsetzen. Aber auch wenn etwas künstlerisch fertig ist, sehe ich immer wieder, wie man es noch weiterentwickeln könnte.“
Die Statue des heiligen Johannes Paul II., die er über Silvester bei sich zu Hause und dort auch Farbe aufgetragen hatte, hat Harald Lukschanderl sehr gern angefertigt. „Dieser Papst war mir immer sehr sympathisch.“

Von Rafael Ledschbor