Reaktionen zur Öffnung von Kirchen für Gottesdienste

Große Kirchen, kurze Arme

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Öffentliche Gottesdienste können wieder in den Kirchen gehalten werden – unter Auflagen. Wie sehen das die Leiter der Gemeinden, die den Gottesdiensten vorstehen? Hans-Joachim Stoehr hat sich unter Pfarrern im Bistum Fulda umgehört. 

Kinderbilder zieren die Absperrung

Pfarrer Thomas Maleja Foto: privat
Pfarrer Thomas Maleja
Foto: privat

„An den Wochentagen können wir die Gottesdienste auch weiterhin wie bisher halten – auch unter den neuen Abstandsregeln. An den Sonntagen konzentrieren wir unsere Messfeiern auf die drei Pfarrkirchen.“ Pfarrer Thomas Maleja, Dechant, des Dekanats Neuhof–Großenlüder, hat das Glück, dass es in Flieden eine große Pfarrkirche gibt. Auch bei einem Abstand von 1,50 Metern können dort bis zu 100 Menschen – die von der hessischen Landesregierung vorgegebene Maximalzahl – mitfeiern. In den drei Gotteshäusern wird jede zweite Bank gesperrt. „Dazu haben wir Kinder Bilder malen lassen, die jeweils an den Bank-Enden mit einer Schnur aufgehängt werden. Das ist bunter und freundlicher als ein Absperrband“, sagt der Geistliche, der neben Flieden auch Seelsorger in Rückers und Magdlos ist.

Damit möglichst viele Gläubige am Wochenende an der Liturgie teilnehmen können, wird die Zahl der Messfeiern am Samstagabend und Sonntag erhöht. „Zwei Pensionäre haben sich sofort bereit erklärt, mitzutun. So können wir dies möglich machen.“ Eine Voranmeldung zu den Gottesdiensten soll es nicht geben. „Das erscheint uns nicht praktikabel“, so Maleja.

Das Positive der gottesdienstlosen Zeit

Pfarrer Franz Langstein Foto: privat
Pfarrer Franz Langstein
Foto: privat

Pfarrer Franz Langstein, Dechant des Dekanats Marburg-Amöneburg, ist wichtig, die acht Wochen gottesdienstloser Zeit nicht einfach hinter sich zu lassen. Vielmehr gehe es darum, auch das Positive aus dieser Zeit zu bedenken: „Es gibt das Modell eines gottesdienstlosen Tages, den Karsamstag. Die vergangenen Wochen waren wie ein langer Karsamstag.“ Langstein: „Gott mutet seinen Jüngern die Kreuzigung Christi zu. Er mutet ihnen zu, dass ihr Christusbild vollkommen zerstört wird. Gott hat durch den Tod Christi seinen Jüngern zugemutet, zu lernen.“ 

Auch für Christen heute sei ein solcher Prozess des Lernens und Mündigwerdens wichtig. Deshalb müsse das Positive der vergangenen Wochen auch weiter im Blick behalten werden. Deshalb will Pfarrer Langstein auch in Zukunft die Frage nach dem „Karsamstag“ stellen. 

Zum Heil – nicht zur Gefährdung

Pfarrer Peter Bulowski Foto: privat
Pfarrer Peter Bulowski
Foto: privat

„Ich kann bei der Kommunionspendung den Mindestabstand von 1,50 Metern nicht einhalten. Da sind die Arme zu kurz.“ Pfarrer Peter Bulowski von St. Elisabeth in Kassel überlegt deshalb, wie er es schafft, den Abstand einhalten zu können. Zudem will er die Gottesdienstteilnehmer vor der Kommunion darauf hinweisen, dass auch der Einzelne überlegt, ob er zum Empfang des Sakraments nach vorn kommt oder in der Bank bleibt. Denn der Empfang des Leibes Christi solle „zum Heil und Segen werden“ – und nicht die Gesundheit gefährden. Von anderen Pfarrern aus Kassel weiß Bulowski, dass auch sie Bedenken haben zu Messfeiern unter den vom Bistum vorgelegten Richtlinien.

Traurig ist Pfarrer Bulowski, dass im benachbarten Seniorenhaus St. Bonifatius auch weiterhin keine Eucharistiefeiern möglich sind. Obwohl gerade diese Personengruppe die Gottesdienste besonders vermisst. „Aber für die Leitung des Heims ist das Risiko im Moment zu hoch“, so der Geistliche.

Zahlen sind nicht nachvollziehbar

Pfarrer Jürgen Kämpf Foto: privat
Pfarrer Jürgen Kämpf
Foto: privat

„Dass bei uns nur 30 Menschen bei Gottesdiensten dabei sein dürfen, im benachbarten Hessen aber 100, das ist für die Leute nicht nachvollziehbar“, erklärt Pfarrer Dr. Jürgen Kämpf aus Schleid im thüringischen Teil des Dekanats Hünfeld-Geisa. „Wir hatten am 1. Mai eine Andacht an der Bildtanne. Bei uns waren nur 50 zugelassen, 200 Meter weiter in Hessen wären es 100 gewesen“, sagt Kämpf.

Der Pfarrer weist darauf hin, dass die Sonntagsgottesdienste in den Dörfern seines Seelsorgegebiets noch gut besucht sind. Deshalb finden in allen Dörfern jeweils zwei Gottesdienste statt. Möglich wird dies, weil neben Kämpf zwei weitere Zelebranten zur Verfügung stehen. Und jeder Geistliche hat vom Bischof die Erlaubnis, drei Eucharistiefeiern am Wochenende zu halten.