Regens Tonke Dennebaum zur Debatte um Standorte der Priesterausbildung
Gute Chancen für Mainz
München, Münster, Mainz: Sie könnten künftig wichtige Standorte der Priesterausbildung sein. Regens Tonke Dennebaum äußert sich im Folgenden zur Debatte. Er sagt: Eine kooperative Ausbildung wie in Mainz ist zukunftsfähig.
Am 23. Juni 2020 haben die deutschen Bischöfe eine Presseerklärung zur Zukunft der Priesterausbildung in Deutschland veröffentlicht. Dabei geht es an erster Stelle um Kriterien für die Auswahl der Standorte der Priesterausbildung. Demnach sollen Seminaristen dort studieren, wo auch alle anderen pastoralen Berufe ausgebildet werden.
Ich halte dieses Kriterium für sehr wichtig. Seelsorgerinnen und Seelsorger werden zukünftig noch viel weniger als heute Einzelkämpfer sein, und es ist entscheidend für eine zukunftsfähige Ausbildung, dass sie kooperativ erfolgt. In Mainz machen wir damit seit Jahrzehnten gute Erfahrungen.
Knapp 30 junge Leute aktuell im Seminar
Gleichzeitig müssen die Studierenden jeder Berufsgruppe den Raum und die Zeit haben, ihre eigene Identität auszuprägen. Dafür ist eine gewisse Gruppengröße notwendig. Es braucht das Miteinander und die Auseinandersetzung innerhalb der je eigenen Gruppe. Lebendige Diskussionen müssen möglich sein. Im Mainzer Priesterseminar wohnen derzeit knapp dreißig junge Leute, die im weitesten Sinn in Ausbildung sind: Seminaristen, Studierende der Praktischen Theologie, Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Christlichen Orientierungsjahrs, Priesteramtskandidaten im Pastoralkurs und Priester der Weltkirche. Jede Gruppe hat ihre eigenen Wohnbereiche. Zudem haben die Ständigen Diakone und der Info- und Bewerberkreis der Pastoralreferenten bei uns ihre Räume. Übrigens gibt es in Mainz neben der theologischen Fakultät und der religionspädagogischen Hochschule auch eine hervorragende Musikhochschule, mit der wir bestens kooperieren. Auf solche Dinge kommt es an, denn sie bürgen für Qualität in der Ausbildung.
Die Bischöfe haben also über Kriterien entschieden. In der Standortfrage ist hingegen nur ein erster Aufschlag gemacht. Dabei fällt der Name des Mainzer Seminars als möglicher Standort für die Studienphase. Die gesamte Ausbildung vom Propädeutikum bis zum Pastoralkurs soll sich aber auf rund zwölf Städte in Deutschland sowie das römische Priesterseminar Collegium Germanicum verteilen. Das scheint mir keine übermäßige Zentralisierung zu sein. Nicht zuletzt handelt es sich um ein Votum für die Theologie an staatlichen Universitäten.
„Wir könnten stärker als bisher auf Kurse setzen“
Was würde sich in Mainz ändern, wenn dieser Plan Realität wird? Natürlich die Zahl der Seminaristen. Wir könnten stärker als bisher auf Ausbildung in Kursen setzen. Zudem braucht Priesterausbildung unbedingt den Einsatz vor Ort, in der Pfarrei, der Schule, dem Krankenhaus, der sozialen Einrichtung. Darauf setzen wir schon jetzt stark, und das könnten wir in einer größeren Seminargemeinschaft noch ausbauen. Zum zukünftigen Einzugsbereich unseres Priesterseminars lässt sich hingegen derzeit noch nichts sagen.
„Da geht es um mehr als nur das Studium“
Die neuen Überlegungen könnten die Ausgangsbedingungen dafür verbessern, dass Seminaristen und Studierende aller Berufsgruppen einander in Glaube und Studium stärken, dass sie miteinander als junge Christen in der Welt von heute unterwegs sind. Das entspricht auch den Kriterien der Priesterausbildung, die die Kleruskongregation in der „Ratio Fundamentalis“, der Grundordnung der weltweiten Priesterausbildung, benennt. Da geht es um mehr als nur das Studium: Priesterausbildung muss die geistliche, die intellektuelle und die pastorale Dimension ansprechen – und eine menschliche Reifung ermöglichen, die die angehenden Priester darauf vorbereitet, gemeinsam mit allen Gläubigen auf dem Weg zu sein.
Zur Sache: Bischöfe überlegen Neuausrichtung
Eine Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) hat sich mit der Neuausrichtung der Priesterausbildung in Deutschland beschäftigt. So könnten künftig Freiburg und Bamberg die Standorte für die Einführungsphase vor dem Studium („Propädeutikum“) sein; Standorte für die Ausbildung in der Studienphase wären München, Münster und Mainz; für die Ausbildung im Pastoralkurs kämen Paderborn in Kooperation mit Erfurt, Rottenburg-Stuttgart sowie ein Standort für Bayern in Frage. Letzterer müsste noch durch die Freisinger Bischofskonferenz festgelegt werden. Die bundesweite Ausbildung Spätberufener ohne akademischen Abschluss bliebe im überdiözesanen Seminar Lantershofen.
In einem mehrmonatigen Prozess hatte sich die DBK-Arbeitsgruppe mit der Qualitätssicherung der Priesterausbildung befasst. Der Abschlussbericht wurde bei einer Sitzung des Ständigen Rats von Bischof Felix Genn, Münster, Bischof Michael Gerber, Fulda, und Bischof Heinrich Timmerevers, Dresden-Meißen, vorgetragen und von den Bischöfen erörtert. Der Ständige Rat – das sind die (Erz-)Bischöfe, Kardinäle und Diözesanadministratoren, die ein (Erz-)Bistum leiten – hat den vorgeschlagenen Kriterien zur Priesterausbildung zugestimmt. Eine Entscheidung über die Standorte wurde jedoch noch nicht getroffen.
Zu den Vorschlägen gab es auch massive Kritik, etwa vom Katholisch-Theologischen Fakultätentag. Dessen Vorsitzende, die Tübinger Professorin Johanna Rahner, sieht hinter den Vorschlägen „das Ideal einer Priesterausbildung, wie es Mitte des 16. Jahrhunderts auf dem Konzil von Trient formuliert wurde“. Junge Männer würden exklusiv als „Priesterkaste“ auf ihren Einsatz vorbereitet. Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner spricht von „feigen Reförmchen“. Statt Konzentration brauche es „viele innovative und gemeindenahe Fakultäten über das weite Land hin verstreut“. (red)
Die Kriterien der Priesterausbildung, denen der Ständige Rat zugestimmt hat, sind hier nachzulesen.