Kleines ABC der Kirchenentwicklung
Heilige Experimente
Was ist wesentlich für die Kirche 2030? Heute geht es in unserem „kleinen ABC der Kirchenentwicklung“ um den Mut, „Neues zu wagen“. Oder anders gesagt: Dem Trauern um das Ende der Versorgungskirche die Freude auf den Neuanfang folgen zu lassen – im festen Glauben und Vertrauen auf Gottes Geist. Von Johannes Becher.
„Scheiden tut weh.“ So drückt der Volksmund aus, wie schmerzvoll Abschiede sein können. Und das Loslassen der alten Art und Weise Kirche zu sein, ist auch ein Loslassen. Liebgewordenes aufzugeben, sich zu trennen von Ritualen und Orten, an denen „unser Herze hängt“ …
Doch auch hier hat der Satz vom Leben, das weitergeht, seine Richtigkeit. „Ihr Kleingläubigen,“ hat Jesus zu seinen Freunden gesagt, als die den Gang übers Wasser nicht wagten, als sie sich im Sturm wegkauerten, als sie sich nach Ostern einmauerten, sich selbst genug waren …
Einst die Jünger, heute die Kirche in ihrer strukturierten Verfasstheit: Es scheint schwer, neu anzufangen. Wie schrieb Dietrich Bonhoeffer bereits 1944: „Unsere Kirche, die in diesen Jahren nur um ihre Selbsterhaltung gekämpft hat, als wäre sie ein Selbstzweck, ist unfähig, Träger des versöhnenden und erlösenden Wortes für die Menschen und für die Welt zu sein.“
Bis heute regiert oft die Mangelverwaltung. Der Theologe Christian Hennecke sieht es so: „Es bleibt – in Theologie, Praxis und Bekenntnis – bei einer Kritik am bisherigen Modell. Dabei wäre es sinnvoll, sich von dem, was wächst und hervorbricht, lehren zu lassen. Es wäre sinnvoll, … zu entdecken, was der Geist Gottes heute sagt, wie Gott heute sein Volk sammelt – und wie er es sendet.“ Hennecke fordert „heilige Experimente“.
Not-wendend, empfehlen Experten, könnte es sein, sich bewusst zu werden, welches Bild von Kirche einen selbst prägt. Viele von denen, die sich mit Kirchenentwicklung beschäftigen, haben mit einem entsprechenden Selbsttest begonnen. Nochmals Hennecke: „Es wird immer deutlicher, dass alle Schlüsselbegriffe lokaler Kirchenentwicklung je anders verstanden werden können je nach den zu Grunde liegenden Kirchenbildern und dem damit verknüpften jeweiligen Grundverstehen des Kircheseins.“
Bilder sind hilfreich. So vor allem eines, dass der Benediktiner Martin Werlen auf dem Weg zur erfrischten Kirche findet: „Zu spät!“ – So ist ein Buch von ihm betitelt. Zum Glück ist der Zug abgefahren. Es gelingt nicht mehr, völlig außer Atem noch aufzuspringen auf eine Plattform, die nicht mehr trägt. Zu spät! Es muss etwas Neues beginnen.