Erinnerungen an Dietrich Bonhoeffer

Hier tankte er Kraft

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Von guten Mächten wunderbar umgeben – so fühlte sich Dietrich Bonhoeffer als Kind im Haus seiner Großeltern im Harz. Heute ist es ein kleines Café mit angeschlossener Ausstellung.


Zwei Räume des ehemaligen Bonhoeffer-Hauses
sind heute als Museum eingerichtet. Besucher
erfahren, wie die Familie hier unbeschwerte Tage
verbracht hat. | Fotos: Stefan Branahl

Friedrichsbrunn ist alles andere als der Nabel der Welt, und wer im Harz ein paar Urlaubstage verbringt, fährt eher zufällig, vielleicht auf dem Weg zum Hexentanzplatz nach Thale, durch die kleine Ortschaft. Unbeachtet bleibt meistens auch das rote Backsteinhaus mit den grünen Fensterläden in einer der Nebenstraßen. Hier verbrachte der Theologe Dietrich Bonhoeffer in den Ferien und an manchen Wochenenden seiner Kindheit unbeschwerte Tage.

Die Großeltern, Karl und Paula Bonhoeffer, kauften 1913 das Haus für sich und ihre acht Kinder.  Schon die Bahnfahrt aus Berlin ist für sie eine Gaudi, erinnert sich eine der Schwestern des späteren Widerstandskämpfers im Nationalsozialismus. „Oft sind noch Cousins und Cousinen mit dabei. Von Thale aus geht es sechs Kilometer zu Fuß bergan. Die Jüngeren dürfen mit der Pferdekutsche fahren. Im Ersten Weltkrieg reist auch die Milchziege mit nach Friedrichsbrunn.“

Unter anderem solche Erinnerungen sind nachzulesen in der Ausstellung, die in zwei Räumen des zum Café umgebauten Hauses eingerichtet worden sind.  Bis in die Sechsziger-Jahre, als die innerdeutsche Grenze das Land teilte, nutzte es die Familie Bonhoeffer. Später wurde es durch die Erbengemeinschaft verkauft. Heute will ein Förderverein die Erinnerungen an seine früheren Bewohner wachhalten.

Aus den vielen ausgestellten Dokumenten – Briefe, Fotos und Erinnerungsnotizen – bekommt der Besucher ein Bild der Bonhoeffers in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen: unbeschwerte Kindheitstage, die Ausflüge in die Felder und Wälder der Umgebung, das Spiel mit den Nachbarskindern („Jeden Abend nach dem Essen strömt die Schar der Dorfmädchen in den Garten, 30 bis 40 Kinder toben bis zur Dunkelheit ums Haus.“), später die Besuche der von Dohnanyis (Hans von Dohnanyi heiratet in die Familie ein).
 


Das Backsteinhaus an der Friedrichsbrunner Waldstraße
kauften 1913 die Großeltern Dietrich Bonhoeffers.

Jährlich am 21. August gibt es aus Anlass des Geburtstages von Großmutter Paula ein großes Fest. Dietrich Bonhoeffer kehrt auch als Student immer wieder in die ihm vertraute Umgebung zurück, 1927 schrieb er in der Abgeschiedenheit des Dörfchens seine Doktorarbeit.

Sabine Leibholz-Bonhoeffer erinnert sich: Immer, wenn die Familie und Freunde zusammenkommen, wird auch die politische Lage besprochen. Die wird in den 30er-Jahren immer bedrohlicher. Gemeinsam gehen. Als die Nationalsozialisten Europa in einen Vernichtungskrieg stürzen, entschließen sich Dietrich und Klaus Bonhoeffer gemeinsam mit Hans von Dohnanyi und Rüdiger Schleicher zum Widerstand und werden hingerichtet. „Der Geist, der in unserem Haus Friedrichsbrunn herrschte, hat ihnen Kraft gegeben“, heißt es in Familienerinnerungen.

Das weitgehend unbekannte kleine Museum im Bonhoeffer-Haus (Friedrichsbrunn, Ortsteil von Thale im Harz), Waldstraße 7),  lohnt unbedingt einen Abstecher – zumal der Eintritt kostenlos ist.

Stefan Branahl