Deutschland vor dem erneuten Lockdown
Hilfswerke fordern Unterstützung
Vor dem Hintergrund der am Mittwoch in Kraft tretenden Verschärfungen der Corona-Schutzmaßnahmen mahnen Hilfswerke mehr Unterstützung für Bedürftige an.
Die Caritas forderte Länder und Kommunen auf, das Personal in Pflegeeinrichtungen mit externen Helfern aufzustocken. Die Personaldecke sei ohnehin schon "extrem dünn", betonte Caritas-Präsident Peter Neher. "Aktuell wird der Fachkräftemangel durch Quarantäne und Erkrankungen von Pflegekräften noch verstärkt."
Insbesondere um Mitarbeiter und Bewohner flächendeckend auf Covid-19 zu testen, bräuchte es daher zusätzliche Kräfte. Neher schlug etwa vor, pensionierte Ärzte, die Bundeswehr oder das Technische Hilfswerk (THW) als externe Unterstützer hinzuzuziehen.
Ähnlich äußerte sich der Präsident des Deutschen Pflegerats, Franz Wagner. "Nie zuvor in Deutschland stand der Pflege- und Gesundheitsbereich vor derartigen Aufgaben wie gerade in den letzten Wochen. Nie zuvor war die Profession Pflege derartigen Belastungen ausgesetzt." Die Bevölkerung müsse jetzt verantwortlich handeln, sich an die beschlossenen Maßnahmen halten und auch auf größere Familienfeiern verzichten, um weitere Infektionen zu verhindern. "Das größte Geschenk zu Weihnachten ist, gesund und am Leben zu sein", so Wagner.
Die Ministerpräsidenten der Länder und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten am Sonntag beschlossen, ab Mittwoch die Corona-Maßnahmen bundesweit deutlich zu verschärfen. Laut dem Bund-Länder-Beschluss soll sich das Weihnachtsfest im privaten Rahmen auf den engsten Familienkreis beschränken. Zudem sollen auch an den Schulen bis 10. Januar die Kontakte deutlich eingeschränkt werden. Kinder sollen in dieser Zeit wann immer möglich zu Hause betreut werden.
Der Kinderschutzbund forderte deswegen zusätzliche finanzielle Unterstützung für einkommensschwache Familien. "Arme Kinder dürfen nicht noch mehr abgehängt werden als ohnehin schon", sagte Präsident Heinz Hilgers den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
So sollten nach Einschätzung des Hilfswerks Kinder aus armen Familien mit digitalen Endgeräten wie Laptops ausgestattet werden, um damit weiterhin am Fernunterricht teilnehmen zu können. Zudem müsse darüber nachgedacht werden, den Wegfall des kostenlosen Mittagessens in der Schule für diese Familien zu kompensieren.
Die Diakonie machte auf die Konsequenzen der Schutzmaßnahmen für sozial schwache Familien aufmerksam. Dauerhafte beengte Wohnsituationen könnten zu Gewalt führen, von der besonders Frauen und Kinder betroffen seien, erklärte der Vorstand Sozialpolitik des Hilfswerks, Maria Loheide. Diese bräuchten besonderen Schutz.
Zusätzlich müssten gerade beim anstehenden Winter auch Obdachlose besser bedacht werden, etwa durch mehr Schlafplätze in Unterkünften. "Dass Obdachlose vereinzelt Bußgelder zahlen müssen, weil sie Kontakt- und Ausgangssperren nicht einhalten können, darf nicht sein", betonte Loheide.
kna