Pfarrei-Gründung in Döbeln
Hoffnungen für das flache Land
Johannes Bayer, Christoph Naacke, Pfarrer Andreas Jaster und Bernhard Maluck (von links) mit der neuen Paulus-Statue, die zur Gründung der Pfarrei St. Paulus ihren Platz in der Döbelner Pfarrkirche St. Johannes bekommen wird. Fotos: Dorothee Wanzek |
In der Region rund um Döbeln fühlen sich viele Einwohner „abgehängt“. Die meisten Ortschaften haben in den letzten Jahren mindestens ein Viertel ihrer Einwohner verloren, die Schülerzahlen haben sich halbiert. Obwohl es mittlerweile ein großes Angebot freier Ausbildungs- und Arbeitsplätze in der Region gebe, suchen nach wie vor viele jüngere Menschen ihr Glück in aufstrebenden Gegenden. Das Gefühl, der vergessene Rest zu sein, ist auch den Katholiken in der Region nicht fremd, die sich am 15. September zur Pfarrei St. Paulus Döbeln zusammenschließen.
Die Zahl der Gottesdienstbesucher ist rückläufig in Roßwein und Colditz, Leisnig, Waldheim und Döbeln, ebenso die der Mitwirkenden in Gruppen und Kreisen. Dass all diese Gottesdienstorte für ihre Kinder und Enkel erhalten bleiben, ist den katholischen Christen, die die Gemeinden mit aufgebaut und über Jahrzehnte hinweg geprägt haben, das Allerwichtigste.
„Wir bräuchten mehr Unterstützung aus Dresden“, meint Bernhard Maluck aus Döbeln, Mitglied der Steuerungsgruppe, die die Pfarreigründung vorbereitet hat. Es reiche beispielsweise nicht aus, Kinder und Jugendliche zu Events zu schicken, bei denen sie gleichaltrige Katholiken in größerer Gemeinschaft erleben. Beheimatung im Glauben könnten sie nur finden, wenn man ihnen persönlich nachgehe. Das könnten die beiden Priester, die das hauptamtliche Seelsorgeteam der künftigen Pfarrei bilden, alleine nicht leisten, denn auch die älteren Gemeindemitglieder bräuchten ein wachsendes Maß an Betreuung. „Es gibt in den Gemeinden nicht mehr so viele Kräfte, Neues anzufangen.“ Nötig wären weitere überzeugte Christen, die für die Begleitung junger Menschen geeignet und geschult seien. „Sehen die Dresdner überhaupt, dass wir in den ländlichen Regionen völlig andere Voraussetzungen haben als in den Großstädten?“, fragt sich Bernhard Maluck schon lange.
Die Döbelner Pfarrkirche St. Johannes |
Trotzdem: Die Hände in den Schoß legen und einfach nur darauf warten, dass Abhilfe von „oben“ kommt, will weder er noch wollen es seine Mitstreiter in der Steuerungsgruppe. „Wir setzen hier sehr stark auf Ökumene“, sagt Christoph Naacke aus Waldheim. Gerade durch die Kirchenmusik gäben katholische und evangelische Christen ein gemeinsames Glaubenszeugnis. Gute Erfahrungen gebe es auch mit einem gemeinsamen Religiösen Kindertag für katholische Kinder aus der ganzen Region. „Das sollten wir noch weiter ausbauen.“ In der Wendezeit habe es viele Katholiken gegeben, die sich politisch engagierten. In jüngerer Zeit hätten die Christen dagegen ein wenig zu sehr auf sich selbst geschaut und dabei vernachlässigt, nach ihrem Auftrag für die Gesellschaft zu fragen. „Dabei haben wir den bösen Geistern aus Rassismus, Hass, Häme und Mobbing doch etwas entgegenzusetzen!“, ist er überzeugt.
„Es ist wichtig, dass wir hier in dieser glaubenslosen Region als Kirche überhaupt wahrgenommen werden“, findet auch Andreas Jaster, der bisherige und zukünftige Pfarrer der Pfarrei Döbeln. Bei näherem Hinsehen habe die künftige Pfarrei St. Paulus trotz der begrenzten Ressourcen doch mehr Potenzial als es auf den ersten Blick scheinen mag: „Ich bin immer wieder erstaunt, so viele Gemeindemitglieder zu erleben, die um die Weitergabe des Glaubens ringen und sich um unsere Zukunft hier sorgen.“ Hoffnung gebe ihm auch zu erleben, wie gut die Gläubigen gerade in den kleineren Gemeinden zusammenhalten. Es komme nun wesentlich darauf an, dass die Katholiken der Region ihr geistliches Fundament, ihre persönliche Beziehung zu Christus, weiter festigten. „Wir sollten uns alle fragen, worin in dieser Region unsere Berufung als Christ besteht, und dabei sollte uns bewusst sein, dass wir mit der Bergpredigt gegen den Strom der Gesellschaft schwimmen müssen.“ Die gestandenen Gemeindemitglieder müssten zudem lernen, Spannungen auszuhalten. Einerseits gelte es Menschen mit unterschiedlichen Lebensentwürfen einzubeziehen, andererseits dürfe die Kirche auch nicht all ihre Ideale einfach über Bord werfen.
Mit Vertrauen auf den Heiligen Geist blickt Johannes Bayer, seit vielen Jahren ehrenamtlicher Kantor in Döbeln, in die Zukunft der Pfarrei. „Bei der künftigen Verteilung der Aufgaben sollten wir bereit sein, auch ungewohnte Wege zu beschreiten, meint er. Andere Bistümer seien in mancherlei Hinsicht schon weiter. Ein Beispiel: Eine katholische Beerdigung muss andernorts nicht unbedingt ein Priester leiten.
Der Pfarrei-Gründungsgottesdienst mit Bischof Heinrich Timmerevers beginnt am 15. September um 10.30 Uhr in der St.-Johannes-Kirche Döbeln.
Von Dorothee Wanzek