Ein studierter Bibliothekar aus Darfur macht ein Praktikum in der Dombibliothek

„Ibrahim ist ein Glücksfall“

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Ibrahim Mohammad Ahmad ist vor dem Bürgerkrieg in seiner Heimat geflohen. Der studierte Bibliothekar hat einen langen Weg zurückgelegt und macht seit Anfang August ein Praktikum in der Dombibliothek in Hildesheim.


Bücher gehören für Ibrahim Mohammad Ahmad
untrennbar zu seinem Leben dazu.

„Ich komme aus Darfur. Da war es nicht mehr sicher für mich. Es gab viel Diskriminierung. Es ist Krieg, Bürgerkrieg im Sudan, meiner Heimat. Mehrere Clans bekämpfen sich dort. Da bin ich geflohen über Libyen und dann mit einem Boot über das Mittelmeer nach Italien“, erzählt Ibrahim Mohammad Ahmad leise. Viel berichtet der 25-Jährige nicht über seine Flucht.

Hilfe und Unterstützung bei FLUX bekommen

Von Italien über Frankreich kommt der junge Mann schließlich Ende 2015 nach Deutschland. Die erste Station ist das Flüchtlingslager Camp Fallingbostel. Dann geht es weiter nach Bad Salzdetfurth und schließlich 2017 nach Hildesheim. Hier lernt er FLUX kennen, die ökumenische Flüchtlingshilfe in Trägerschaft der Caritas. „Wenn ich Fragen habe oder Hilfe brauche, dann kann ich jederzeit herkommen. Egal ob ein Antrag ausgefüllt oder ein Bewerbungsschreiben aufgesetzt werden muss, hier wird mir geholfen. Manchmal gehe ich auch nur hin, weil die dort ein kleines Café haben, einfach um mal zu reden“, sagt Ibrahim lächelnd. Er will möglichst selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen, arbeitet in einem Getränkehandel, danach in Garbsen bei Amazon.

Und: Ibrahim nutzt seine Freizeit, um Deutsch zu lernen, macht an der Volkshochschule in Hildesheim den Abschluss B1 und erlangt an der Hochschule Hannover das Zertifikat C1. „Das brauchen Ausländer, wenn sie hier studieren wollen“, erklärt Ibrahim. Er hat den Kurs mitgemacht, um sein Deutsch weiter zu verbessern, denn das Studium der Bibliothekswissenschaft hat er bereits im Sudan erfolgreich beendet. Nun wartet er darauf, dass er hier in Deutschland in seinem Beruf arbeiten darf. Seine Studienunterlagen liegen zurzeit bei der Industrie und Handelskammer (IHK). Ibrahim hofft, dass sein Studienabschluss schnell anerkannt wird.
 


Besonders die alten Bücher und Handschriften haben
es Ibrahim angetan. Viele Seiten hat er davon bereits
digitalisiert.

„Ich möchte weiter als Bibliothekar arbeiten“, sagt Ibrahim, dass sei seine Berufung. Deshalb macht er zurzeit auch ein Praktikum in der Dombibliothek, um sich in das deutsche Bibliothekswesen einzuarbeiten. „Thomas Hagenhoff, der Geschäftsführer von Bernward Medien, der sich bei FLUX engagiert, hat Ibrahim an uns vermittelt“, sagt Monika Suchan, Direktorin der Dombibliothek. Sie ist froh, dass Ibrahim hier ist. „Wir nehmen gern Praktikanten, besonders Leute, die an der Bibliotheksarbeit Spaß haben. Aber jemanden zu bekommen, der fertig ausgebildet ist, das ist was Besonderes. Ibrahim ist ein Glücksfall für uns.“
Der Sudanese hat sich schnell in die Technik eingearbeitet. Zu seinen Tätigkeiten gehört die Titelaufnahme. „Da wird gecheckt, ob ein Buch bereits im Bestand ist.  Wenn nein, buche ich es ins System ein. Ich katalogisiere auch Bücher und versehe sie mit einer Signatur oder digitalisiere alte Bücher, zum Teil sehr alte Handschriften. Und ich suche im Magazin Bücher für Kunden der Dombibliothek heraus“, beschreibt er seine Arbeit. „Wir können ihn überall einsetzen. Er ist halt vom Fach und er ist eine Bereicherung für unser Team“, betont Suchan.

Kaum Unterschiede in der Bibliotheksarbeit

Auch wenn es kleine Unterschiede zur Bibliotheksarbeit im Sudan gibt, hat sich Ibrahim schnell eingearbeitet. „Die Arbeit ist die gleiche. Auch wenn die Oberflächen der Programme, mit denen hier gearbeitet wird, anders aussehen, ist die Struktur dahinter identisch“, erklärt der Bibliothekar aus Darfur.

Ibrahim arbeitet gern in der Dombibliothek. Doch das Ende des Praktikums ist in Sicht. „Anschließend mache ich noch ein Praktikum in der Bibliothek der Universität Hildesheim. Da freue ich mich schon drauf“, strahlt der junge Mann – Hauptsache er kann weiter mit Büchern und in seinem Beruf arbeiten.

Edmund Deppe