Anstoß 39/20
Jaberlappen
Bunte Bäume ziehen rechts und links vorüber. Dicke Tropfen schlagen auf die Windschutzscheibe. Endlich gibt es Regen. Das sieht auch die Radiomoderatorin eigentlich so. Es sei wunderbar, dass es endlich Regen gibt.
Aber es wäre doch viel schöner, wenn es Petrus in der Nacht regnen ließe. Spannend, wie es Petrus in postreligiöser Zeit geschafft hat, sich vom Apostel des Herrn in den Herrn über das Wetter zu verwandeln.
Spannend ist auch dieses dicke fette „Ja, aber“. Von der Wiege bis zur Bahre scheint es uns zu begleiten. Natürlich will das Kind gleich schlafen gehen. Aber dann ist aus Versehen die Playstation angegangen. Natürlich wollte sich der Jugendliche bei den Eltern melden. Aber dann war das Akku des Handys leer. Natürlich wollen wir alle gesunde Lebensmittel. Aber dann stehen wir am Regal und sehen den Preisunterschied. Ein Bestatter erzählte mir einmal, dass die meisten Familien für ihre Verwandten das beste Begräbnis wollen. Aber dann hören sie, was das beste Begräbnis kostet.
Selbst Gott bekommt es ständig mit solchen „Jaberlappen“ (Ja-aber-Lappen) zu tun. Nachdem Saskia Esken die „Covidioten“ erfunden hat, erlaube ich mir hier auch eine Wortschöpfung. Natürlich wollen die Israeliten in das Land, in dem Milch und Honig fließen, aber bitte nicht 40 Jahre durch die Wüste. Natürlich sehnen sich die Menschen nach einem Heiland und Erlöser, aber doch nicht durch Kreuz und Tod. Natürlich will der Mann, über den der Evangelist Lukas schreibt, Jesus folgen. Aber vorher muss er noch seinen Vater und seine Mutter begraben (Lukas 9,59).
Jaberlappen gibt es überall. Sie sehen immer das Haar in der Suppe und sind wie Sand im Getriebe. Ich habe Glück. Jeden Morgen, wenn ich meine neue Heimatkirche betrete, habe ich ein Ja ohne Wenn und Aber vor Augen. Im Morgenlicht erstrahlt im Altarraum ein wandfüllendes Fenster und zeigt den Engel, der Maria die Botschaft bringt.