Umbau der Sakristei der St.-Heinrich-Kirche in Hannover

Keine dunklen Ecken mehr

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In der St.-Heinrich-Kirche in der Südstadt von Hannover wurde die Sakristei umgebaut: mehr Glas und mehr Licht. Eine Maßnahme zum Präventionsschutz – und eine Investition in Vertrauen.


Pfarrer Wolfgang Semmet blickt durch die gläserne Sakristeitür.
Mit den Umbaumaßnahmen hat er für Transparenz gesorgt.

Enger Flur, dunkle Räume, massive Türen, die weder Blicke noch Laute durchlassen: Viele Sakristeien auch in den Kirchen im Bistum Hildesheim gleichen diesem Muster. Das war auch in St. Heinrich in der Südstadt Hannovers so. „Aber das konnte nicht mehr so bleiben“, betont Pfarrer Wolfgang Semmet.

Mit einem kleinen Arbeitskreis hat er die Örtlichkeiten in der Ende der 1920er-Jahre erbauten und 1949 nach dem Zweiten Weltkrieg wieder errichteten Kirche unter die Lupe genommen. Das Gotteshaus ist in die umliegende Wohnbebauung eingegliedert und verbunden. Über einen kurzen aber schmalen Gang wird das an die Kirche angebaute Sakris­teigebäude mit eigenem Eingang erreicht. Es gibt zwei Räume: Einen für die Ministranten, in dem auch ihre Gewänder aufbewahrt werden. Dazu kommt die größere Hauptsakristei. Beide Räume sind über einen kleinen Eingangsflur verbunden.

„Unsere zentrale Frage war, ob sich Kinder in den verschiedenen Räumen der Kirche wohl und sicher fühlen können“, erläutert Semmet. Schnell war klar, dass an einigen Stellen etwas verändert werden müsste: „So war das auch mit den Türen: Plötzlich stand ich davor, und mir wurde bewusst, dass überhaupt nicht einsehbar ist, wer sich in den Räumen befindet“, schildert der Seelsorger seinen Eindruck. Klares Votum des Arbeitskreises und von Semmet: „Die Türen müssen transparent sein, damit jederzeit einsehbar ist, was dort passiert.“

Die Türen haben jetzt vier Fenster

So wurden die alten Türen umgearbeitet und bekamen jeweils vier große rechteckige Fenster. Ähnliche Glaselemente sind auch in der Basilika St. Clemens eingebaut. Die Mutterkirche der Katholiken in Hannover gehört zur Pfarrei St. Heinrich. Auch in der zweiten von Semmet verantwortlich betreuten Pfarrei St. Godehard und ihren Kirchorten, wurde etwas für Transparenz getan. „Wir haben zum Beispiel in den Gemeindehäusern auf den Fluren Bewegungsmelder installieren lassen, sodass sofort überall das Licht angeht, wenn sich jemand dort befindet“, berichtet Semmet: „Es darf keine dunklen Ecken, keine uneinsehbaren Räume mehr geben.“ Sogar ein Beichtzimmer in St. Godehard habe eine Glastür bekommen. Schalldicht, damit nicht gehört wird, was dort besprochen wird – aber jederzeit von außen einsehbar.

Glas und Licht sind für Semmet Zeichen von Transparenz: „Und nur mit dieser Transparenz werden wir als katholische Kirche überhaupt wieder Vertrauen zurückgewinnen.“ Mit baulichen Konzepten, aber auch mit verpflichtenden Präventionsschulungen werden nicht nur Kinder und Jugendliche geschützt: „Es ist auch für mich als Priester eine große Hilfe.“ Zum Beispiel, wenn er während der Beichte mit einem Erstkommunionkind allein ist: „Wir müssen deutlich machen, dass uns der Schutz von Kindern, Jugendlichen und schutzbedürftigen Erwachsenen in kirchlichen Einrichtungen wichtig ist.“

Seit seiner eigenen Präventionsschulung stellt sich Semmet die Frage von Nähe und Distanz viel bewusster: „Dinge, die ich früher einfach gemacht habe, etwa das Gewand eines Ministranten vor dem Gottesdienst zurechtzurücken, wenn es nicht saß, würde ich heute nicht mehr machen.“

Nachdenken über Nähe und Dis­tanz – das würde Semmet auch anderen Erwachsenen vermitteln wollen. Denn nicht nur in der Kirche, sondern auch in der Gesellschaft würden Kinder immer wieder in die Ecke gedrängt und müssten sich wehren, weil ihnen Erwachsene zu nahe kommen: „Wenn es uns als Kirche gelänge, dass dieses Bewusstsein überall stärker wird und wir dazu beitragen könnten, dass Kinderrechte respektiert werden – dann wäre ich zufrieden.“

Die Betroffenen im Blick behalten

Daher ist es für Semmet gut und richtig, dass im Bistum Hildesheim vor zehn Jahren Präventionsmaßnahmen verpflichtend eingeführt wurden. Das wäre für alle deutschen Diözesen wünschenswert. Aber: „Bei allen vorbeugenden Maßnahmen dürfen wir auf keinen Fall die Misshandelten übersehen.“ Die Kirche hatte sie zu lange nicht im Blick. „Das beschämt mich“, sagt Semmet mit Nachdruck: „Es ist wichtig, diesen Menschen zu helfen und sie in jeder Hinsicht zu unterstützen.“

Rüdiger Wala