Jahrhunderte alte Choräle musikalisch neu arrangiert

Klassisches mit neuem Sound

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Für die Kar- und Ostertage hat der ConTakt Förderverein für christliche Popularmusik Jahrhunderte alte Choräle musikalisch neu arrangiert und eingespielt. Die „CoverChorale“ sind inklusive Partituren im Internet abrufbar.

Wie hier Charlotte Wernicke haben Corona bedingt alle am Projekt beteiligten Musiker ihren Part zu Hause eingespielt. Die Beiträge der einzelnen Instrumente und der Gesang wurden am Computer gemischt. Entstanden sind die CoverChorale 2.1 für die Kar- und Ostertage.    Foto: ConTakt

 

„So, wie wir’s spielen, haben es sich die Komponisten und Texter vor rund 400 Jahren doch vermutlich gedacht! Die waren auch dran an ihren Leuten und deren Musikgeschmack. Und wussten, was integriert und erhebt“, sagt Markus Gerlich (35). Der Laienmusiker engagiert sich seit Jahren für die Pflege der klassischen Kirchenmusik und neuer geistlicher Lieder. Und möchte, dass sich eine neue Sing- und Musizierform der „CoverChorale“ etabliert. Gerlich gehört zu 15 Musikern, die die Corona-Situation nutzen, traditionsreiche Choräle aus den Kirchengesangbüchern neu arrangiert einzuspielen und online zur Verfügung zu stellen.
„Die englische Bezeichnung „CoverChorale“ meint genau das: alt bewährte Choräle musikalisch aktuell zu interpretieren.“ So bringt es Andreas Blume (36), Vorstand des ConTakt Fördervereins für christliche Popularmusik im Bistum Magdeburg auf den Punkt. ConTakt ermöglicht das Projekt „CoverChorale 2.1“.
„Die Gemeinden der evangelische Landeskirchen und der Bistümer leiden an zwei musikalischen Extremen“, begründet Peter Albrecht (49) die Initiative. Da sei einerseits „die klassische Kirchenmusik mit Orgel in kalten Kirchen, besonders im Herbst, Winter und Frühjahr“ und andererseits „der Lobpreis mit Gitarre in extra dafür erwärmten Gemeinderäumen“, sagt Albrecht, der vor gut 22 Jahren den ConTakt Verein gegründet und jetzt die Arrangements für die „CoverChorale“ geschrieben und den Piano-Part eingespielt hat. Beide Extreme, so Albrecht, „die Kühle des bedachten Bewahrenden wie auch die Überhitztheit des charismatischen Erneuernden“ helfen den Gemeinden „wenig, sich zu erneuern und die nächsten Generationen anzusprechen: Das eine ist liturgisch, aber zu altbacken; das andere zwar emotional, aber zu kurzlebig.“
 
Als Motiv für die ConTakt CoverChorale 2.1. dient das Gemälde „Die Musiker“ (um 1595) von Michelangelo Merisi da Caravaggio.
 
Ein Weg, der liturgisch und geistlich weiterführt
Deshalb sei die ökumenische Laieninitiative ConTakt seit mehreren Jahren dabei, Lieder von Martin Luther, Friedrich Spee, Josef Mohr oder Paul Gerhardt „zwar popmusikalisch zu erneuern, aber gesanglich nicht zu verjazzen, um sie nicht zur reinen Vortragsmusik werden zu lassen“. „Dies scheint ein wirklicher Weg zu sein, der die Gemeinden liturgisch, gemeinschaftlich und geistlich weiterbringt“, so Albrecht.
DIE LIEDER
Für die Kar- und Ostertage
Folgende Choräle aus dem Evangelischen (EG) und katholischen Gesangbuch (GL) wurden eingespielt:
Heilig bist Du großer Gott (Josef Mohr, 1877), EG -, GL 198.
Christe, Du Lamm Gottes (Martin Luther, 1528), EG 190.2, GL 208.
O Haupt voll Blut und Wunden (Paul Gerhard, 1656), EG 85, GL 289.
Aus tiefer Not schrei ich zu Dir (Martin Luther, 1524), EG 299, GL 277.
Alles meinem Gott zu Ehren (aus Duderstadt und Bamberg, 1723), EG -, GL 455.
Adaption: O Christ Lamb of God (Martin Luther, 1528), EG 190.2, GL 208.
Anzuhören unter  www.contakt.de/coverchorale/

Seit vielen Jahren reisen die rund 40 Jugendlichen und Erwachsenen der Initiative Con-Takt aus Halle, Magdeburg und dem Harzkreis zu Katholiken- und Kirchentagen. Sie zeigten in Stuttgart, Berlin und Wittenberg sowie Dortmund, wie erneuerte, gut singbare Popularmusik aus Mitteldeutschland klingen kann. Alle diese ehrenamtlichen Kirchenmusiker und Sänger bedauern jetzt, dass der Ökumenische Kirchentag in Frankfurt 2021 nur online möglich ist. Doch sie haben im Pandemie-Winter ihre Sing- und Spielvorstellungen  mit der Online-Musikproduktion „ConTakt CoverChorale 2.1“ für jeden zugänglich gemacht. Und wollen damit zeigen, wie die Lieder des evangelischen und katholischen Gesangbuches gesungen und begleitet werden können.
Die erste Resonanz ist durchaus positiv: Landesbischof Friedrich Kramer von der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands (EKM) zum Beispiel betont: „Ich unterstütze sehr gern diesen ökumenischen Beitrag zur Erneuerung der gemeindlichen Sing- und Gesangsbegleitungspraxis und wünsche, dass er weite Verbreitung findet und Lust macht auf die Zeit, in der wir endlich wieder gemeinsam singen dürfen.“ Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige begrüßt auch als Vorsitzender der Ökumenekommission der Bischofskonferenz die Initiative. Bewusst seien Lieder von Friedrich Spee, Paul Gerhard und Martin Luther ausgewählt und im Sinne des Neuen Geistlichen Liedguts aktualisiert worden. „Über diesen ökumenischen Beitrag zur Erneuerung der gemeindlichen Gesangspraxis freue ich mich ganz besonders.“ Die Musiker vom Verein ConTakt unterstützten seit Jahren „die Gemeinden durch die Neue Geistliche Musik in ihrem Gesang und der musikalischen Begleitung“ Und auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff, selbst katholischer Christ, zeigt sich angetan: „Paul Gerhardt und Martin Luther haben uns einen musikalischen Schatz hinterlassen, der es verdient, immer wieder neu in die Gegenwart hinein übersetzt zu werden.“. Die Initiative ConTakt unternehme „genau das auf sehr kreativem Wege“. Das Projekt habe „großes Potenzial, um das geistliche und vor allem auch das gottesdienstliche Leben zu bereichern.“

 
„CoverChorale 2.1“ ist ein Gemeinschaftsprojekt
„Unsere Online-Produktion ,CoverChorale 2.1‘ ist ein Gemeinschaftsprojekt von 15 Aktiven aus Halle, Magdeburg und dem Harzkreis“, betont Andreas Blume. Zu ihnen gehört etwa Charlotte Wernicke (23), die sich kirchenmusikalisch in der Gemeinde Quellendorf der EKM engagiert und Trompete spielt. Dabei ist auch Markus Gerlich, der im Opernzusatzchor des Theaters Magdeburg singt, in der Elbestadt mit der Kirchenband Norbeat bekannt ist und das Schlagzeug im Projekt übernommen hat. Ebenfalls mit von der Partie ist Tizian Sommer (26), der als Veranstaltungstechniker im Steintor Varieté Halle arbeitet, ein Gospelprojekt begleitet und die Produktion der CoverChorale verantwortet. Andreas Blume lebt in Halle und bringt unter anderem jährlich evangelische und katholische Jugendliche auf einer CD mit neuen geistlichen Liedern (SONGS) zusammen.
„Mit ,CoverChorale 2.1‘ wollen wir eine Brücke von den klassischen Chorälen zum heutigen gemeindlichen Singen schlagen“, fasst Blume das Anliegen zusammen. Den Liedern für die Kar- und Ostertage sollen Einspielungen für Pfingsten und später auch für die Adventszeit folgen.

Auf der Internetseite www.contakt.de/coverchorale/ können die „CoverChorale 2.1“ angehört werden. Zudem sind die Lieder im MP3-Format inklusive Noten downloadbar.
Mehr Infos: www.contakt.de
 
Von Eckhard Pohl