Die EFL soll umstrukturiert werden

„Leuchtturm“ vor dem Aus?

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Die Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL) im Bistum Hildesheim soll umstrukturiert werden. Ein Teil der Beratungsstellen soll geschlossen werden. Davon betroffen ist auch die EFL in Wolfsburg.


Wenn die Situation  aussichtslos scheint, es nur noch
Streit gibt und die ganze Familie darunter leidet,
kann ein Termin bei der Ehe-, Familien- und
Lebensberatung helfen.

„Dass unsere EFL-Beratungsstelle geschlossen werden soll, haben wir per Brief von der Bistumsleitung erfahren“, sagt Thomas Hoffmann, Dechant des Dekanates Wolfsburg-Helmstedt. Für Hoffmann, der auch Pfarrer der St. Christophorus Gemeinde in Wolfsburg ist, ist diese Entscheidung nur schwer nachzuvollziehen, denn die kirchliche Beratungsarbeit werde von vielen Menschen, „auch von Nichtchristen“, sehr geschätzt.

Gemeinsam mit dem Dekanatspastoralrat des Dekanats Wolfsburg-Helmstedt hat er bereits Kontakt zur Bistumsleitung aufgenommen. „Wir haben unsere Argumente vorgebracht und darum gebeten, dass die Entscheidung überdacht und zurückgenommen wird“, so Hoffmann. Auch Wolfsburgs Oberbürgermeister Klaus Mohrs hat mit Unverständnis reagiert, die katholische Beratungsstelle zu schließen, und in einem persönlichen Brief Bischof Heiner Wilmer gebeten, seine Entscheidung noch einmal zu überdenken.

Rat Christian Hennecke, Leiter der Hauptabteilung Pastoral des Bischöflichen Generalvikariats, bei der die Beratungsstellen angesiedelt sind, kann die Enttäuschung in Wolfsburg gut verstehen. „Ich verstehe die Trauer und den Ärger, verweise aber darauf, dass es in Braunschweig ein starkes Zentrum gibt, das auch gut von Wolfsburg aus zu erreichen ist“, betont Hennecke und berichtet, das etliche Beraterinnen als Einzelkämpfer vor Ort gearbeitet hätten. Nun sollen sie in Teams zusammengefasst werden. „Es geht darum, die Zukunft der EFL zu gestalten. Nicht so viele wissen, dass wir wenige hauptberufliche Beraterinnen haben, nämlich 11 Vollzeitstellen – und damit konnten wir an 13 Orten sein. In Zukunft werden wir sechs Zentren bilden. Zusätzlich gehen wir eine Kooperation mit 40 Praxen ein, die mit Honorarkräften arbeiten. Damit können wir an vielen Orten des Bistum Beratung anbieten, auch in Zukunft“, erklärt Hennecke. Außerdem könne „eine gut abgestimmte Onlineberatung ermöglicht werden“.

In der katholischen EFL in Wolfsburg mit ihrem Sitz in der Kleiststraße arbeitet bereits ein Team mit zwei Beraterinnen und einer Sekretärin. Die Beratungsstelle wird jährlich mit einem Zuschuss von der Stadt Wolfsburg unterstützt. Und neben der Beratungstätigkeit arbeitet die EFL in verschiedenen kommunalen Netzwerken mit und ist Kooperationspartnerin der katholischen Kindertagesstätten in der Stadt.

„Die Arbeit unserer Beraterinnen genießt hohe Anerkennung. Menschen kommen hierher mit ihren Sorgen und Nöten – und fühlen sich in der Beratungsstelle von der Kirche angenommen, erfahren hier die Zuwendung der Kirche. Ein Rückzug aus der Beratungsarbeit ist keine kluge Entscheidung der Bistumsleitung. Dieses Aushängeschild ‚Beratungsstelle‘ ist ein deutlicher Gegenakzent zu der aktuellen katastrophalen Kirchenwahrnehmung vieler Menschen. So ein Aushängeschild gibt man nicht auf“, findet Hoffmann. Für den Seelsorger ist es „ein katastrophal falsches Signal, sich aus diesem Bereich zurückzuziehen. Ich gehe davon aus, dass insbesondere in der Nach-Corona-Zeit unsere Beratungsangebote noch wichtiger sein werden. Die Herausforderungen, Grenzerfahrungen und das durch die Pandemie verursachte Leid werden noch lange nachwirken.“

Erst vor wenigen Jahren seien bei einem Pastoralbesuch in Wolfsburg Einrichtungen wie diese Beratungsstelle noch als Leuchtturm der Kirche bezeichnet worden, nun solle dieser Leuchtturm aufhören zu leuchten.

„Keine Frage – die Beratungsstellen der Caritas und der EFL, die Kindergärten, unsere Schulen – all das sind Leuchttürme. Im Blick auf eine deutlich kleiner werdende Kirche wollen wir dafür sorgen, dass sie dort, wo wir sind, auch kraftvoll strahlen. Dass das auch bedeuten kann, Kräfte zu bündeln und zu konzentrieren, halte ich da nicht für einen Widerspruch“, merkt Hennecke an. Auch bedeute dies keinen Rückzug der katholischen Beratung aus Wolfsburg. „Im Blick auf unser Zentrum in Braunschweig ist sehr wohl daran gedacht, dass auch nach Aufgabe der Präsenz einer räumlichen Beratungsstelle hauptberufliche Beraterinnen und Berater in Arbeitskreisen, Familienzentren und Kindertagesstätten in Wolfsburg mitwirken und so wichtige Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnerpartner auch für hauptberufliches Personal sein werden“, versichert Hennecke.

Für Oberbürgermeister Klaus Mohrs hat die EFL einen hohen Stellenwert: „Die Ehe-, Familien- und Lebensberatung beider Kirchen ist seit Jahrzehnten ein ganz wesentlicher Teil der Beratungshilfen in unserer Stadt. Schon sehr häufig habe ich von Menschen erfahren, dass die Beratungsstelle ihnen in Krisenzeiten entscheidend geholfen hat. Und gerade in dieser Pandemie-Situation sind viele Menschen darauf angewiesen, dass ihnen andere zuhören und ihnen auch wichtige Orientierung in ihren Familien geben. Diese wichtige Arbeit leisten die EFL-Beratungsstellen in unserer Stadt, und diese Arbeit ist auch in Zukunft nötig.“ Dies sieht Hennecke auch nicht gefährdet, denn ein Grund, die katholische Beratungsstelle in Wolfsburg zu schließen, sei, dass es hier „eine starke evangelische Beratungsstelle gibt“. Hennecke: „Für unsere Klientinnen und Klienten ist weiterhin eine christlich geprägte Beratung möglich.“ Doch Gespräche in dieser Richtung habe es, laut Hoffmann, bislang noch nich nicht gegeben.

Dechant Hoffmann und dem Dekanatspastoralrat ist klar, sie werden weiterhin versuchen die Beratungsstelle zu erhalten. Unterstützt werden sie dabei nicht nur von Oberbürgermeister Mohrs, sondern auch von der evangelischen Kirche in Wolfsburg.

Edmund Deppe