Beim Festival of Lights machen auch etliche Kirchen mit

Licht in der Dunkelheit

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Illumination des Berliner Doms während des Festival of Lights
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Foto: imago/future image/M. Patzig

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Illumination des Berliner Doms während des Festival of Lights

Beim Festival of Lights, der größten Kulturveranstaltung in Berlin, werden Millionen Menschen erwartet. Besondere Anziehungspunkte sind für viele die Kirchen, etwa der Berliner Dom oder die Sankt Hedwigs-Kathedrale.

Berlin neigt zum Lauten, zum Überdrehten. Das ist so beim Partytourismus, der im Sommer die Innenstadt prägt. Auch beim Karneval der Kulturen oder der Berlinale ist es kaum anders. Nur bei der für die Hauptstadt wichtigsten kulturellen Großveranstaltung, dem Festival of Lights, bei dem im Herbst bis zu 70 Gebäude mit leuchtenden Illuminationen in magische Kunstobjekte verwandelt werden, geht es deutlich besinnlicher zu. „Selbst wenn da beispielsweise auf dem Bebelplatz einige Tausend Menschen gleichzeitig zusammenkommen, bleibt es bemerkenswert ruhig, fast still. Das Festival hat eine meditative Stimmung“, sagt Dompropst Tobias Przytarski. Die von ihm geleitete katholische Sankt Hedwigs-Kathedrale nimmt seit 2017 an dem Lichtspektakel teil.

Neben dem Fernsehturm, dem Brandenburger Tor oder dem Gebäudeensemble auf dem Gendarmenmarkt gehören inzwischen bis zu neun Berliner Kirchen zum Bestandteil des Festivalprogramms. Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche und die Marienkirche etwa waren fast von Anfang an mit dabei, die katholische Sankt Ludwig-Kirche in Wilmersdorf wurde 2024 das erste Mal illuminiert. Der evangelische Berliner Dom mit seiner riesigen Hauptkuppel, vier weiteren Kuppellaternen und der großen Fassade gilt sogar als eine der Hauptattraktionen des Festivals.

Hedwigskathedrale
Auf der Fassade der Sankt Hedwigs-Kathedrale ist die neue Innengestaltung zu sehen. Foto: imago/future image/M. Patzig

„Die Kirchengebäude zählen zu den absoluten Highlights und Publikumsmagneten. Das sehen wir nicht nur an den vielen Besucherinnen und Besuchern vor Ort, sondern auch auf unseren sozialen Kanälen“, sagt Birgit Zander, die Organisatorin des 2005 ins Leben gerufenen Festivals. Ihren Angaben zufolge zählen die Fotos und Videos von den Gotteshäusern im Internet zu den häufigsten Festival-Motiven, „mit Millionen von Likes“. Diese Faszination kommt für Zander nicht von ungefähr. Kirchen seien traditionell „Orte der Begegnung, der Hoffnung, der Zuversicht und Inspiration“. Genau das seien auch die Werte, für die das Festival of Lights steht. In diesem Jahr soll es bei den oft auch bewegten, also filmischen Illuminationen vor allem „um den menschlichen Zusammenhalt“ gehen, sagt Zander.

Mit dem offiziellen Motto „Let’s shine together“ konnte sich auch Dompropst Przytarski rasch anfreunden. „Das passt gut mit dem Grundgedanken von Sankt Hedwig, Communio, also Gemeinschaft, zusammen. Es spiegelt wider, was wir im Inneren der Kathedrale leben“, sagt er. Geöffnet werden soll sein Gotteshaus aber abends während des Festivals nicht. „Das ist eine Außenveranstaltung. Zudem würden Licht im Inneren der Kathedrale und eine beleuchtete Eingangshalle die Wirkung der Illuminationen stören“, erklärt Przytarski.

Mit der Teilnahme am Festival wolle das Metropolitankapitel mit seiner Kirche, die im Gegensatz zu anderen Sehenswürdigkeiten der Stadt eher etwas versteckt liegt, „für die vielen Berlin-Besucher wahrnehmbarer werden“, so der Dompropst. Außerdem sollte es auf dem Bebelplatz mit seinen bekannten historischen Gebäuden wie der Deutschen Staatsoper, dem Hotel of Rom und der Alten Bibliothek „kein schwarzes Loch geben“, sagt er. „Die bisher spektakulärste Gestaltung gab es im vergangenen Jahr, wenige Wochen vor der Wiedereröffnung von Sankt Hedwig nach dem Umbau. Da wurde auf dem Äußeren der Kathedrale die künftige Innengestaltung abgebildet“, erinnert sich Przytarski.

Auch sonst finden spirituelle oder religionshistorische Ereignisse immer mal wieder Eingang in das Festspiel-Programm. „2017 haben wir beispielsweise zum 500. Jahrestag der Reformation fünf Motive mit den bedeutungsvollsten Reformatoren für den Berliner Dom gestaltet“, sagt Zander.

„Das ist auch ein zutiefst christliches Thema.“

Das von ihr initiierte Festival ist in Sachen Zuschauerresonanz, neben ähnlichen Spektakeln etwa in Jerusalem, Sydney und dem bereits 1852 gegründeten Festival in Lyon, das weltweit erfolgreichste Lichtfestspiel. Von Jahr zu Jahr zieht es mehr Zuschauer in seinen Bann. Zum 20. Jubiläum 2024 haben rund 3,5 Millionen Menschen das Festival besucht. Da auch viele von außerhalb anreisen, hat sich die Veranstaltung zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor für die Hauptstadt entwickelt. Allein im vergangenen Jahr wurden in Berlin rund um das Festival 800 000 zusätzliche Übernachtungen registriert.

Froh ist man beim Veranstalter auch darüber, dass das Lichtfest, im Gegensatz zu vielen anderen Großveranstaltungen, während der Pandemie weiter stattfinden konnte. Das eigentlich Faszinierende am Festival of Lights aber „ist das Licht in der Dunkelheit. Das ist auch ein zutiefst christliches Thema. Daraus ergeben sich natürlich Anknüpfungspunkte an das Evangelium“, sagt Przytarski.

Andreas Kaiser