Tariflohn für Pflegekräfte
Lob und Kritik für Pflegereform
Nun also doch: Die Bundesregierung will die Pflegeversicherung noch in dieser Legislaturperiode reformieren. Pflegekräfte sollennach Tarif bezahlt werden müssen. Doch die Pläne seien nicht nachhaltig, kritisiert Diakonie-Präsident Lilie.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zeigt sich optimistisch, dass der Bundestag noch vor der Sommerpause eine Reform der Pflegeversicherung verabschieden kann. Wichtigster Inhalt der Regelung, die am Mittwoch zunächst im Bundeskabinett beschlossen werden soll, ist eine verpflichtende Bezahlung der Pflegekräfte nach einem Tarif.
Derzeit fänden gute Gespräche dazu statt, sagte Spahn am Montag im Deutschlandfunk. "Ich bin optimistisch, dass wir das auch zu einem Ergebnis bringen können. Aber da richtigerweise viele einzubinden sind, sollten wir das jetzt auch in den nächsten Tagen noch tun."
Lob kam von der evangelischen Diakonie. "Angesichts des Pflegenotstands helfen auch kleine Verbesserungen. Eine nachhaltige Pflegereform ist das allerdings nicht", erklärte Präsident Ulrich Lilie in Berlin. "Die Pläne der Bundesregierung können deshalb nur eine Übergangslösung für eine dauerhaft tragfähige Pflegereform sein, die weiterhin aussteht."
Lilie erläuterte, eine gesetzliche Festschreibung der Tarifbindung noch in dieser Legislaturperiode wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. «Denn die Pflegekräfte brauchen ein starkes Signal, dass ihre Anliegen von der Politik ernst genommen werden.» Zugleich warnte der Diakonie-Präsident, die Verbesserung der Gehälter für die Pflegekräfte in der Altenpflege dürfe nicht weiter auf Kosten der pflegebedürftigen Menschen gehen. "Bisher sieht es so aus, als wenn eine für alle spürbare Begrenzung der Eigenanteile für die Bewohnerinnen und Bewohner in den Pflegeheimen nicht vorgesehen ist." Die von der Bundesregierung vorgesehene Erstattung wäre nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Private Betreiber von Pflegeeinrichtungen kritisierten dagegen die von der großen Koalition geplante Tarifbindung bei der Bezahlung von Altenpflegekräften. "Mit der tariflichen Entlohnung nimmt die Koalition eine Existenzgefährdung der Pflegeeinrichtungen in Kauf und setzt damit die Versorgung pflegebedürftiger Menschen aufs Spiel", sagte der Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (BPA), Bernd Meurer, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Mit der vorgesehenen Gesetzesänderung sei nicht gesichert, dass Tariflöhne durch die Pflegekassen tatsächlich in ausreichender Höhe refinanziert würden. "Das ist eine Katastrophe für unsere Unternehmen", so Meurer. Der Gesundheitsminister riskiere ohne Not, "dass viele kleine und mittelständische Unternehmen in der Pflege in den nächsten Jahren wegbrechen und damit Versorgungsstrukturen vernichtet werden, die wir bitter brauchen".
Union und SPD haben sich bei der Pflegereform unter anderem darauf geeinigt, dass Pflegeeinrichtungen ab dem 1. September 2022 nur Versorgungsverträge mit der Pflegeversicherung abschließen dürfen, wenn sie ihre Beschäftigten nach Tarifverträgen oder mindestens in entsprechender Höhe bezahlen. Parallel dazu sollen Pflegeheimbewohner bei den Eigenanteilen entlastet werden.