„Wort des Bischofs“ Peter Kohlgraf
„Mache eine Hand zum Thron“
Gibt es ein Recht auf Mundkommunion, wie es derzeit einige Katholiken in Briefen an die Bischöfe fordern? In seinem Wort des Bischofs macht Peter Kohlgraf klar: „Derzeit gilt Rücksichtnahme vor Einforderung des Rechts.“
Die Corona-Krise durchbricht manche Gewohnheit. Das gilt auch für den Empfang der Heiligen Kommunion in der Eucharistiefeier. Dass es derzeit keine Möglichkeit gibt, die sogenannte Mundkommunion zu empfangen, bedeutet für manche Gläubige im besten Falle ein Durchbrechen ihrer Gewohnheiten, für manche eine Einschränkung ihrer Freiheiten. Einige Zuschriften ans Bischofshaus zeugen von Verunsicherung oder Verärgerung. Einzelne fordern ihr „Recht“ auf die Mundkommunion ein. Sie belegen dies mit angeblich aussagekräftigen medizinischen Erkenntnissen, dass der Empfang der heiligen Kommunion auf die Zunge keine Gefahr mit sich bringe. Ich erinnere daran, dass diese Einschränkungen derzeit weltweit gelten, und nicht nur in Deutschland oder gar nur im Bistum Mainz verbindlich sind. Tatsächlich müssen in unseren Gottesdiensten in normalen Zeiten sowohl die Mundkommunion als auch die Handkommunion als zwei legitime Formen des Kommunionempfangs möglich sein. Derzeit gilt die Rücksichtnahme vor der Einforderung eines Rechts.
Nach 27 Jahren als Priester und Kommunionspender stelle ich unabhängig von derartigen „Gutachten“ fest, dass es natürlich bei der Mundkommunion immer wieder zu Berührungen der Lippen oder der Zunge kommt. Daher kann dies derzeit keine sinnvolle Form sein, insofern sowohl der Spender als auch die Kommunionempfänger gefährdet werden, übrigens auch diejenigen, deren Mund mit den Fingern des Kommunionspenders in Kontakt kommt. Höchstes Anliegen ist der würdige Kommunionempfang. Dabei geht es um die innere Haltung, den tiefen Glauben an die Gegenwart Christi in der Heiligen Kommunion, und es geht um die „Reinheit des Herzens“, die
sich dem Neuen Testament zufolge etwa in der Versöhnungsbereitschaft und in der praktizierten Nächstenliebe zeigen soll (vgl. 1 Korinther 11, 27-29). Die Ehrfurcht vor Christus drückt sich dann in der äußeren Haltung aus. Beide Formen des Kommunionempfangs können würdig oder unwürdig erscheinen. Der heilige Cyrill von Jerusalem (313 bis 386) beschreibt eine würdige Form der Handkommunion: „Wenn du hinzutrittst, (…) mache die eine Hand zum Thron für die andere, die den König empfangen wird. Empfange dann den Leib Christi in der hohlen Hand und sprich dabei: Amen. Wenn du deine Augen durch die Berührung mit dem heiligen Leib geheiligt hast, genieße ihn dann vorsichtig und pass auf, dass du nichts davon verlierst.“ (Zitiert aus Jo Hermanns, Die Eucharistiefeier-Gegenwart Christi, Kevelaer 1987, 127).
Durch den Empfang der Eucharistie werden die Gläubigen zum Tempel und selbst zum Leib Christi. Bereits die biblische Erfahrung zeigt, dass sowohl Hand als auch Zunge Werkzeuge des Friedens oder Verursacher von Sünde sein können. Ob jemand mit Zunge oder Hand mehr Gutes oder mehr Schaden anrichten kann, möge jede und jeder für sich selbst beantworten. Der Jakobusbrief jedenfalls warnt eindringlich vor der zerstörerischen Macht der menschlichen Zunge. Es lohnt sich, das dritte Kapitel dieses Schreibens aufmerksam zu lesen.
Ihr Bischof Peter Kohlgraf