Alternativer Nobelpreis

Marthe Wandou kämpft für Frauenrechte

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Die Kameruner Frauenrechtlerin Marthe Wandou setzt sich seit Jahrzehnten dafür ein, dass Mädchen und Frauen mehr Rechte bekommen. Kleine Fortschritte machen sich mittlerweile bemerkbar. 


Hat für ihr Engagement den Alternativen Nobelpreis erhalten: Marthe Wandou. Foto: imago/TT

"Frauen sind von den Folgen des Klimawandels in Kamerun besonders betroffen. Sie sind die ersten Verliererinnen der Verteilungskämpfe. Die Mehrheit der vor Gewalt Fliehenden sind Frauen und Kinder", so die Kameruner Frauenrechtlerin Marthe Wandou. Gerade ist sie in Stockholm für ihre jahrzehntelange Frauenrechtsarbeit mit dem "Alternativen Nobelpreis", dem Right Livelihood Award, geehrt worden. Ihr Engagement und ihre Erfolge machten Frauen weltweit Mut und Hoffnung.

In Deutschland berichtet Wandou derzeit über ihre Projekte - als Gast der Hilfsorganisation Caritas international, die mit dem katholischen Hilfswerk Misereor Wandous Initiative in Kamerun und weitere Hilfsprojekte in der Tschadsee-Region unterstützt. Ausgangspunkt für Wandous Engagement war dabei in den 1990ern Grundrechtsarbeit für Frauen und Kinder. Später organisierte sie Nothilfen für traumatisierte und vergewaltigte Frauen. Die soziale und gesellschaftliche Stärkung von Frauen ist bis heute Kern der von ihr gegründeten Initiative Aldepa ("Lokale Aktion für Beteiligung und Eigenverantwortung").

"Wir wollen die Mädchen und Frauen stärken. Und ihnen helfen zu verstehen, dass ein neues Leben nach einer Vergewaltigung möglich ist." Marthe Wandou berichtet von schier unfassbarer Brutalität und Grausamkeit. Vor allem durch die Mitglieder der islamistischen Terrororganisation Boko Haram in Kameruns Nachbarland Nigeria. Sie sind für Hinrichtungen ganzer Familien, Massenvergewaltigungen und Entführungen von Mädchen verantwortlich.

Wandou: "Wir arbeiten dafür, dass Frauen wirklich gleichberechtigt sind"

Im vergangenen Jahr sei es zunächst zu weniger Überfällen gekommen, sagt Wandou. Inzwischen nähmen die Verbrechen und Überfälle der Gruppe, deren Selbstbezeichnung sich mit "Westliche Kultur ist schändlich" übersetzen lässt, wieder zu. Wiederholt habe die Gruppe gezielt genau die Dörfer überfallen, in die internationale Hilfsorganisationen zuvor Lebensmittel gebracht hatten. Schutz suchen viele Binnenvertriebene und Flüchtlinge dann in Kamerun. "Und mehr als 60 Prozent von ihnen sind Frauen und Kinder."

Erschwert wird ihre Aufnahme durch den Kampf um knappe Ressourcen in Nordkamerun. Der Klimawandel verschlechtere die Lage. Regen bleibe aus, landwirtschaftliche Erträge gingen zurück, so Wandou. "Inzwischen kommt es durch den vom Klimawandel verschärften Wassermangel zu Konflikten, etwa zwischen Ethnien, die von Fischerei leben und denen, die Wasser für Vieh und Landwirtschaft benötigen." Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) teilte am Freitag mit, dass wegen gewaltsamer Auseinandersetzungen in Nordkamerun in den vergangenen Tagen mindestens 30.000 Menschen ins Nachbarland Tschad geflohen seien. Auch hier seien 80 Prozent Frauen und Kinder.

Neben Nothilfen setzen Aldepa und Wandou auf einen langfristigen Kultur- und Mentalitätswandel in Kamerun. Noch viel zu oft würden Frauen Grundrechte vorenthalten. Etwa wenn sie keinen Grundbesitz erwerben dürfen oder keine vom Ehemann unabhängigen Erbrechte haben. "Wir arbeiten dafür, dass Frauen wirklich gleichberechtigt sind."

Die Initiative Aldepa hat in den vergangenen Jahren schon viel erreicht. Statt Vergewaltigungsopfer in traditionell geprägten Dorfgemeinschaften zu diskriminieren und ihnen eine Mitschuld an der erlittenen Gewalt zuzuweisen, habe vielerorts ein Umdenken begonnen, sagt Wandou. "Dorfführer und religiöse Anführer arbeiten mit uns zusammen. Und auch Polizei, Verwaltung und Justiz behandeln vergewaltigte Frauen nicht mehr als Menschen zweiter Klasse." Die Zahl von Kinderheiraten gehe zurück. Langsame Fortschritte, die durch neue Gewalt und die Folgen des Klimawandels wieder gefährdet sind. 

kna/Volker Hasenauer