Leipziger Zentrum für Natürliche Familienplanung
Mit Liebe zur Schöpfung
Im Leipziger Zentrum für Natürliche Familienplanung gibt es einen Generationswechsel. Nach sechzehn Jahren hat Roswitha Gumprecht die Leitung an die Sozialpädagogin Susann Oßmann übergeben.
Roswitha Gumprecht mit ihrer Nachfolgerin Susann Oßmann im Leipziger NFP-Zentrum. | Foto: D. Wanzek |
„Gott ebenbildlich sein als Mann und Frau – wer wünschte sich nicht eine Beziehung, in der dieses Ideal des Schöpfungsberichtes lebendig wird?“, fragt Susann Oßmann (41), neue Leiterin des Zentrums für Natürliche Familienplanung (NFP) am St. Elisabeth-Krankenhaus in Leipzig.
Als Honorarkraft arbeitet sie schon seit mehreren Jahren für das NFP-Zentrum. Sie überzeugt besonders der wertschätzende Blick auf den Menschen in seiner Einheit von Körper, Geist und Seele, der alle Bildungsangebote durchdringt, die klassischen Sensiplan-Kurse zur natürlichen Empfängnisregelung ebenso wie das sexualpädagogische MFM-Programm*, das sich mit seinen Angeboten für verschiedene Altersgruppen in jüngerer Zeit zum Schwerpunkt des NFP-Zentrums entwickelt hat.
Vertrauen in junge Menschen setzen
Sie war Jugendreferentin des Dekanats Meißen, als Roswitha Gumprecht ihr in einer Informationsveranstaltung erstmals die Angebote für Fünft- und Sechstklässler nahebrachte, die von einem Verein entwickelt wurden und mittlerweile europaweit verbreitet sind. „Anschaulich, pädagogisch gut durchdacht, sehr informativ, nahe an dem, was Kinder dieser Altersgruppe tatsächlich bewegt“ fand sie die Methoden. „Für Fünft- und Sechstklässler ist Sexualität schon ein großes Thema, aber wer beantwortet ihre Fragen? – auch später im Jugendalter finden sie in den Kirchgemeinden nur selten Antworten auf ihre Fragen zum Umgang mit Sexualität“, bedauert Susann Oßmann. Nach und nach lernte sie die Angebote des MFM-Programms kennen und ließ sich für alle als Referentin ausbilden, schließlich auch als Sensiplan-Beraterin. Häufig bedanken sich ihre Teilnehmer persönlich. „Fragen, die sie sehr bewegen, werden offen, aber zugleich respektvoll und behutsam angesprochen. Das befreit und erleichtert sie“, beobachtet sie. Mit Susann Oßmann gibt es in den Bistümern Dresden-Meißen, Magdeburg, Görlitz und Erfurt derzeit 33 Frauen und Männer, die das sexualpädagogische MFM-Programm anbieten, neun Frauen und ein Mann bieten im Bistum Dresden-Meißen Sensiplan-Kurse an.
Zu dem Team, das Roswitha Gumprecht aufgebaut hat, gehören katholische und evangelische Christen, aber auch Menschen ohne christliches Bekenntnis, die sich von der Wertschätzung für das Leben und einer positiven Sicht auf die menschliche Fruchtbarkeit angesprochen fühlen und das christliche Menschenbild teilen. Bei Kontakten mit Schulen und staatlichen Einrichtungen nimmt Roswitha Gumprecht dagegen immer wieder Vorbehalte gegenüber der Kirche mit ihrer Sexualmoral wahr. Selbst Katholiken erwarten von ihrer Kirche zum Thema Sexualität vielfach nicht mehr als „alte Hüte und erhobene Zeigefinger“. Statt auf moralische Zeigefinger setzt MFM auf Vertrauen in die Fähigkeit junger Menschen, verantwortlich zu handeln. Der Workshop „Waagemut“ lenkt den Blick von Jugendlichen auf die Kostbarkeit des menschlichen Körpers und ermutigt sie, aufmerksam auf sich selbst und ihren (späteren) Partner zu achten. Unter anderem werden sie fundiert über verschiedene Verhütungsmethoden informiert und dazu angeregt, Vor- und Nachteile selbstständig und gemeinsam mit dem Partner oder der Partnerin abzuwägen.
Staatliche Förderzusagen hängen mitunter von der Haltung ab, die verantwortliche Mitarbeiter der Ministerien der katholischen Kirche entgegenbringen, meint Roswitha Gumprecht.
Sachsen hat Förderung kürzlich eingestellt
Das sächsische Kultusministerium beispielsweise habe die direkte finanzielle Förderung des MFM-Programms mit Hinweis auf die Gleichbehandlung aller Anbieter eingestellt. Ein Förderantrag an das sächsische Gremium im Bezug auf das neue Präventionsgesetz wurde abgelehnt, weil darin neben Krankenkassen auch Ministerien vertreten sind, die diese Art der Sexualpädagogik, die auf heterosexuelle Menschen zielt, nicht mehr zeitgemäß, sogar als diskriminierend einschätzen. Eine Krankenkasse in Sachsen-Anhalt hingegen hat Förderung zugesagt – im Rahmen des gleichen Gesetzes. „Häufig brauchte es Mut, Schulen für ihre langfristigen Planungen Förderungen zuzusagen, die noch nicht verbindlich eingestellt waren“, fasst die 65-Jährige zusammen, die am 1. April in den Ruhestand getreten ist. Dankbar ist sie für die Unterstützung der Pastoralabteilung des Bistums Dresden-Meißen, die ihre Arbeit mitgetragen hat.
Susann Oßmann wird fortsetzen, was Roswitha Gumprecht begonnen hat. Darüber hinaus will sie sich neuen Aufgaben stellen: eine stärkere Vernetzung mit der Kinder-,Jugend- und Familienseelsorge fände sie sinnvoll. Außerdem sucht sie für die Einrichtung nach einem neuen Namen, der auch auf das sexualpädagogische Angebot hinweist und den Blick weitet für die Möglichkeiten eines wertschätzenden Umgangs mit dem eigenen Körper.
Von Dorothee Wanzek
*MFM - My Fertility Matters (Meine Fruchtbarkeit zählt)