Ausstellung im Radom auf der Wasserkuppe

Mit Weite nach oben

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„Dem Himmel nah“: So lautet der Titel einer Ausstellung im Radom auf der Wasserkuppe. In den gezeigten Werken zeigt sich auch Spirituelles und Religiöses. Von Evelyn Schwab



Das Innern der Kuppelhalle mit ihrer besonderen Atmosphäre schmückt ein Planeten-Mobile.


„Das ist die Aussicht des Lebens“, spricht Anne Härtel-Geise und öffnet die Tür zur Radom-Plattform in luftiger Höhe. Beim Hinaustreten staunen die Menschen über ein umwerfendes Rhönpanorama – normalerweise. Heute verhüllt wallender feuchtgrauer Nebel den Blick in die Weite wie auch den in die unmittelbare Umgebung. Dicke Schwaden wickeln alles Sichtbare ein. Das ist auf andere Weise spektakulär. Alt und Jung kreisen auf dem 60-Meter-Rundlauf wie in Watte gepackt und erstellen Smartphone-Selfies mit ungewöhnlichem Hintergrund.

Faszination des Himmels in allen Farben

Das Ziel meines Besuchs auf Hessens höchstem Aussichtspunkt liegt allerdings drinnen. Die alte Radarkuppel – einst Schutz für Antennen und Messgeräte mit militärischem Auftrag zur Luftraumüberwachung – nimmt als Galerie auf Zeit derzeit 50 Werke unter dem Motto „Dem Himmel nah“ auf. Der Fuldaer Kunstverein ist mit den Arbeiten von 32 seiner Mitglieder dort oben zu Gast. „Es vereint sie die Faszination des Himmels, mit all seinen Farben und Formen“, so dessen Vorsitzende Anne Härtel-Geise.
Wir betreten im obersten Stockwerk das ehemalige Antennendeck, einen fensterlosen Raum von fast 19 Metern Durchmesser. Farbiges Licht bringt diese Kuppelhalle als architektonische Rarität zur Geltung. In ihrem weiten Deckenraum dominiert ein Planeten-Mobile. Dieses Kunstwerk stammt von der Vereinsvorsitzenden selbst: „Der eine verbindet bei dem Gedanken an den Himmel den Blick von der Erdoberfläche auf den Weltraum. Für den anderen ist der Himmel nicht nur eine räumliche Sphäre, sondern auch der Platz übernatürlicher Wesen, Erscheinungen und Götter.“ Sphärische Klänge erfüllen den großen Raum. Ein eigenartiger Nachhall begleitet die leisen Unterhaltungen der Gäste. Es soll hier ein 16-faches Echo geben.
In der Basishalle im Erdgeschoss hat der Rundgang durch die Ausstellung begonnen. Dauerhaft finden sich dort Exponate und Infos zur Flugsport-Geschichte der Wasserkuppe. Mit dem Kunstverein als Gast sind kurzfristig weitere Werke eingezogen. Zum Beispiel Engelskulpturen, ein Federbad für Besucherhände in einem ehemaligen Aquarium zum „Sich beflügelt fühlen“ oder ein Selfie-Point mit silbernen Engelsschwingen.
Im Treppenhaus nach oben geht es vorbei an einer Tür mit Bullauge. Dahinter befindet sich eine Videoinstallation über den „Asteroid 10242 Wasserkuppe“. Die gesamte erste Etage nimmt die Dauerausstellung zur militärhistorischen Geschichte des Ortes ein. Denn nach 1945 überwachten den Luftraum von dort aus zunächst die US Air Force – zeitweise auch die britische Royal Air Force – und später die deutsche Bundeswehr für die NATO. Erst 1998 zog sich das Militär zurück. Heute ist das Radom sowohl Kulturdenkmal als auch Vereinsheim der Drachen- und Gleitschirmflieger.

Bücher ohne Inhalt und die geküsste Oma

Zurück in die Kuppelhalle mit ihrer besonderen Akustik und Atmosphäre. Ein stimmig ausgewählter Ort für den Versuch, sich per Kunst den verschiedenen Aspekten des Himmels zu nähern. Gut ein Jahr lang habe die Vorarbeit gedauert, sagt Anne Härtel-Geise. Das Heraufschaffen der Werke nach ganz oben sei eine Geschichte für sich gewesen. Nun kann sich jede und jeder hier inspirieren lassen. Ganz nach dem Zitat des tschechischen Theologen und Aphoristikers Pavel Kosorin auf der Ausstellungseinladung: „Jeder hat seine eigene Treppe zum Himmel.“
Wo bleibt Gott? Wo taucht die Religion auf? Es gibt in der Ausstellung Anregungen, die sich auf ein großes Ganzes außerhalb der Naturwissenschaften beziehen. Drei Buchumschläge ohne Inhalt – Bibel, Thora und Koran – formieren sich in einer Installation zu „Am Anfang war das Wort“. Oder auch dies: Ein Nostalgie-Nachthemd aus Leinen trägt aufgestickt eine Erinnerung an die verstorbene Oma: „I kissed my mother’s mother up to the horizon. (Ich küsste die Mutter meiner Mutter bis zum Horizont)“.

„Dem Himmel nah“ ist bis zum Sonntag, 25. September,  im Radom auf der Wasserkuppe zu sehen. Einlass täglich 11 bis 16 Uhr

Von Evelyn Schwab