Ostdeutsche Priesterweihen am Pfingstsamstag 2018
Mit Zuversicht in den Dienst
Am Pfingstsamstag werden vier Diakone von ihren (Erz-)Bischöfen in Berlin, Dresden und Erfurt zu Priestern geweiht. Der Tag des Herrn stellt die Kandidaten, die sich zuletzt zur Ausbildung im Priesterseminar Erfurt aufhielten, vor.
Emanuele Cimbaro für das Erzbistum Berlin, Łukasz Puchała und Jens Bulisch für das Bistum Dresden-Meißen sowie Philip Theuermann für das Bistum Erfurt werden am Pfingstsamstag zu Priestern geweiht. (von links) | Fotos: Eckhard Pohl |
Sorbische religiöse Praxis ist ein Schatz
„Die bevorstehende Weihe ist für mich ein wichtiger, lange vorbereiteter Schritt. Ich freue mich darauf, aber ich habe auch Respekt davor und bin gespannt, wie sich dann alles entwickeln wird“, sagt Jens Bulisch. Der heute 46-Jährige war zehn Jahre lang evangelischer Pfarrer in Schmölln in der Oberlausitz, bevor er sich mit seiner Frau und zwei Kindern dazu entschied, katholisch zu werden.
„Unsere Konversion 2011 war das Ergebnis einer ganzen Reihe von Überlegungen und Erfahrungen“, sagt Bulisch, der am 19. Mai in Dresden zum Priester geweiht wird. Und nennt „theologische Überlegungen im Blick auf die Sakramente, vor allem Gottes Wirklichkeit in der Eucharistie, aber auch hinsichtlich der Frage, ob der Weg der Trennung der Kirchen in Folge der Reformation geistlich richtig war“. Zudem hätten ihn auch Begegnungen mit konkreten Menschen in den Kirchen zu dem Schritt geführt, katholisch werden zu wollen.
Bulisch wuchs in Taucha bei Leipzig auf. Seine Frau Yvonne ist Lehrerin, die gemeinsamen Kinder sind zehn und 16 Jahre alt. Bulisch erwarb 1988 im Proseminar Moritzburg bei Dresden das kirchliche Abitur, leistete in der Wendezeit Zivildienst und studierte anschließend an den Universitäten Leipzig und Kiel Evangelische Theologie. Während weiterer drei Jahre an der Universität Leipzig promovierte er über das Thema „Die kirchliche evangelische Presse in der DDR“.
Als junger Seelsorger war Jens Bulisch zunächst zwei Jahre als Vikar in Bautzen, bevor er 2002 zum Pfarrer der evangelischen Gemeinde in Schmölln ordiniert wurde. Dort war er bis zu seiner Entscheidung, katholisch zu werden, im Einsatz.
Nach der Annahme als Priesterkandidat durch den Dresdner Bischof ging er 2011 ins Priesterseminar Erfurt und nahm ein Jahr lang an Veranstaltungen der Katholisch-Theologischen Fakultät vor allem in Dogmatik, Kirchenrecht und Moraltheologie teil. Anschließend studierte er in Dresden weiter und arbeitete in sorbischen Pfarreien. Seit 2016 durchlief er mit anderen Priesterkandidaten das Pastoralseminar und wurde 2017 zum Diakon geweiht.
Mit seiner Familie lebt Bulisch seit der Konversion in Crostwitz in der sorbischen Lausitz. „Die vielfältigen Formen religiöser Praxis dort sind ein großer Schatz und für mich eine gute Möglichkeit, zum Beispiel die Marienfrömmigkeit tiefer kennenzulernen und zu schauen, was zu mir passt.“
Im Blick auf seinen künftigen Einsatz als Seelsorger ist Bulisch nüchtern zuversichtlich: „Ich stehe nicht unter dem Druck, sonst was bewirken zu können. Aber es gibt Möglichkeiten: Viele Menschen haben keine Ahnung mehr von Religion und bringen durchaus Offenheit dafür mit. Sie begegnen in Musik, Kunst und Architektur der Kirche als Kulturträgerin und spüren, dass dem eine Kraft innewohnt. Hier können auch Fragen nach dem Glauben neu aufbrechen“, so Bulisch.
Als Leitwort für seinen weiteren Dienst hat sich Bulisch einen Vers aus dem Ersten Korintherbrief (1 Kor 13,12) ausgewählt: „Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunklen Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin.“
Suche nach Antworten auf Lebensfragen
Philip Theuermann wollte zunächst Lehrer für Geschichte, Religion und Sozialkunde werden. In Leinefelde aufgewachsen, leistete er nach dem Abitur in seiner Heimatpfarrei St. Maria Magdalena und der dazugehörigen Kindertagesstätte Zivildienst. „Mein Pfarrer übertrug mir unter anderem Aufgaben in der Ministranten- und der Jugendarbeit“, erinnert er sich dankbar. Während des Dienstes entschied sich Theuermann für ein Vollstu-
dium Theologie und ging nach Erfurt. „Mich beschäftigte die Frage, welche Möglichkeiten ich in meinem Leben ergreifen sollte. Und ich hoffte, in der Theologie Antworten zu finden.“ Nach acht Semestern als Laientheologe entschied er sich schließlich, Priester werden, und bat um Aufnahme als Priesterkandidat und ins Seminar.
Theuermanns Lieblingsfach war die Pastoraltheologie. In seiner Magisterarbeit setzte er sich im von Papst Franziskus 2015/16 ausgerufenen Jahr der Barmherzigkeit mit den biblischen Aussagen zum Thema Barmherzigkeit auseinander und fragte nach Möglichkeiten, diese heute fruchtbar zu leben und zu verkünden. „Beim Pastoral- und beim Diakonatspraktikum in Effelder habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Menschen die große Zusage, Gottes geliebtes Kind zu sein, durchaus anspricht. Angesichts der Brüchigkeit des Lebens spüren sie, wie gut es ist, sich an einen barmherzigen Vater wenden zu können, der will, dass unser Leben gelingt.“ Im Blick auf den Auftrag, das Evangelium zu verkünden, hält Theuermann zwei Aspekte für unerlässlich: „Es braucht eine absolute Offenheit für die Menschen: Wie leben sie, was brauchen sie für ein gelingendes Leben?“ Und: „Nur, wer sich selbst von der Botschaft Jesu ansprechen lässt, kann sie anderen überzeugend nahebringen.“ Anknüpfungspunkte, ins Gespräch zu kommen, sieht der angehende Priester nicht zuletzt an Lebenspunkten wie Taufe, Trauung, Beerdigung. Als „Exoten“, die die Christen hierzulande inzwischen seien, würden gläubige Menschen ohnehin immer wieder von Interessierten angesprochen. Im Blick auf die immer größer werdenden Gemeinden sei es unerlässlich, „Mitchristen dazu zu befähigen, ihr Christsein bewusst zu leben und Verantwortung zu übernehmen“, betont Theuermann. Zudem gebe es die dringliche Aufgabe, „jungen Leute dabei zu helfen, zu schauen, ob sie nicht eine kirchliche Berufung übernehmen können“. Für seinen priesterlichen Dienst hat sich Diakon Theuermann als Leitwort einen Satz aus dem Ersten Johannesbrief (1 Joh 1,2) gewählt. Auf seinem Primizbild steht „Wir verkünden euch das Leben.“
Priester oder Psychopathologe? Vor dieser Alternative stand Łukasz Puchała nach seinem Abitur. Er entschied sich, das Anspruchvollere auszuprobieren und trat ins Priesterseminar in Opole (Oppeln) ein. „Als Priester hat man auch mit der Psyche zu tun, man hat aber – etwa mit den Sakramenten – mehr Möglichkeiten als ein Arzt. Das hat mich überzeugt.“ Ein ausgesprochenes Berufungserlebnis hatte Łukasz Puchała nicht. Aber eine kleine Episode erzählt er, die ihn in seiner Entscheidung bestärkt hat. „Vor meinem Abitur habe ich mit dem lieben Gott eine Wette abgeschlossen. Wenn ich ein vierblättriges Kleeblatt finde, werde ich Priester.“ Ein richtiges Kleeblatt hat er nicht gefunden, aber ein vierblättriges Deko-Kleeblatt in einem Schaukasten in seiner Schule.
Priester oder Psychopathologe?
Geboren am 22. Februar 1991 ist Łukasz Puchała in einem kleinen Dorf in Oberschlesien aufgewachsen und war in der dortigen Pfarrgemeinde aktiv, etwa als Ministrant und Lektor. Seine Mutter ist deutschstämmig. Ein Besuch in Deutschland in seinem dritten Studienjahr gab den Anstoß für die Überlegung, als Priester in Deutschland zu arbeiten. Er absolvierte einen Sprachenkurs, schloss in Polen das Theologiestudium ab und machte sich auf den Weg ins Bistum Dresden-Meißen. Hier hat er in zwei Pfarreien mitgearbeitet: in Dresden-Strehlen und in Annaberg-Buchholz.
Liturgie und Bibelwissenschaften sind seine theologischen Lieblingsfächer. Seine Diplomarbeit hat er allerdings in Kirchengeschichte geschrieben, über einen Pfarrer in seiner Heimatgemeinde. Jetzt freut er sich vor allem auf den Dienst der Verkündigung. Das kommt auch in seinem Primizspruch zum Ausdruck: „Mir ist diese Gnade gegeben worden: den Nationen den herausfordernden Reichtum Christi zu verkünden“ (Epheserbrief 3,8). Dass er dabei auch einmal ungewöhnliche Wege geht, zeigt er schon jetzt mit seinem Youtube-Kanal „Fisch im Netz“ im Internet mit kurzen Impulsen zum Sonntagsevangelium.
Die Diasporasituation der Kirche in Ostdeutschland macht Łukasz Puchała keine Angst. „In der Bibel steht immer wieder die Aufforderung ,Füchte dich nicht‘. Das heißt doch, wir können mutig in die Zukunft schauen.“ Die Christen würden sich viel zu häufig selbst demotivieren. „Warum rechnen wir nicht mit einem neuen Aufbruch?“ Christen müssten zeigen, dass der Glaube sie begeistert und trägt. „Mission ist nicht nur ein Wort, sondern eine Lebensart.“ Deshalb trägt Łukasz Puchała in der Öffentlichkeit auch Priesterkleidung. Für ihn ist das ein Zeugnis durch die Lebensweise. „Wir zeigen als Kirche, dass wir präsent sind.“
An die Gemeinde, in der er seinen Dienst als Priester beginnen wird, hat Łukasz Puchała einen Wunsch: „Ich wünsche mir, dass ich mich dort so gut fühle, dass ich sagen kann, das ist meine Heimatgemeinde. Und wenn ich von irgendwo in der Welt dorthin zurückkehre, möchte ich sagen: Jetzt fahre ich nach Hause!“
Nach zwölf Jahren Vorbereitung am Ziel
Emanuele Cimbaro kommt aus einer großen Familie: „Ich bin der Älteste von 15 Geschwistern – elf Jungen und vier Mädchen. Außer mir sind noch drei Jungen auf dem Weg zum Priestertum.“ Geboren am 29. Dezember 1982 ist er im Nordosten Italien aufgewachsen, dort wo das Land an Österreich und Slowenien grenzt. In seiner Freizeit ist er bis heute gerne in den Bergen – in den Dolomiten oder den Voralpen.
Seit zwölf Jahren lebt er in Berlin, genauer im Priesterseminar Redemptoris Mater, in dem Mitglieder der geistlichen Bewegung des Neokatechumenalen Weges auf die Priesterweihe vorbereitet werden. Zu dieser Gemeinschaft gehört seine Familie. Von Papst Johannes Paul II wurden sie sogar für fünf Jahre nach Tiflis gesandt als Familienmissionare.
Emanuele Cimbaro wollte eigentlich nie Priester werden, sondern Laienmissionar. „Gott aber hat meine Geschichte so geführt, dass ich ins Seminar eingetreten bin.“ Das große Berufungserlebnis gibt es auch in seinem Leben nicht, „aber viele kleine Zeichen, die mir sagen, dass Gott mich in den Dienst als Priester ruft“. Er nennt den Weltjugendtag in Köln und tiefe Erfahrungen von Vergebung und von der Barmherzigkeit Gottes in der Beichte als Beispiel. Hier begann seine Liebesgeschichte mit Gott: „Ich habe ihm alles in die Hände gelegt. Bis heute hat er die Geschichte sehr gut geführt.“ Weil er selbst die tiefe Erfahrung von Vergebung gemacht hat, will er das zur Botschaft seines priesterlichen Dienstes machen: „Gottes Barmherzigkeit ist unendlich. Es gibt keine Sünde, die nicht vergeben werden kann.“
Während seiner Ausbildung war Emanuele Cimbaro unter anderem auch ein Jahr in Chemnitz. Dort gibt es eine Familienmission des Neokatechumenalen Weges. Die Erfahrungen, die er dabei mit ungetauften Menschen gemacht hat, sind positiv: „Die Menschen interessieren sich und fragen, wer wir sind, was wir machen. Sie sind auf der Suche nach Antworten.“
Nach seiner Priesterweihe wird Emanuele Cimbaro für ein Jahr in der Gemeinde tätig sein, in der er schon als Diakon war: St. Matthias in Schöneberg. Den Menschen dort will er seine Zuwendung zeigen, mit ihnen sprechen, ihnen zuhören, für sie Seelsorger sein. Dass er die deutsche Sprache nicht perfekt beherrscht, ist seine Schwäche, an der er aber arbeitet, um immer mehr Menschen erreichen zu können. „Als Christen haben wir eine Hoffnung, die wir immer vor Augen haben sollten“, sagt Emanuele Cimbaro. Diese Hoffnung findet sich auch in seinem Primizspruch „Und sogleich floß Blut und Wasser heraus“ (Johannesevangelium 19,34). „Jesus hat sein Leben für uns dahingegeben. Das ist die Hoffnung aus der wir leben. Blut und Wasser steht für die Sakramente Eucharistie und Taufe. Und durch diese Sakramente sind wir in diese Hoffnung hineingenommen.“
Von Matthias Holluba und Eckhard Pohl