Solidaritätstafeln im Bistum
Miteinander essen und ins Gespräch kommen
Der heilige Godehard war nicht nur ein großer Seelsorger, sondern hatte auch ein Herz für die Armen. Im Jubiläumsjahr des Heiligen greift das Bistum diesen Aspekt auf: An vielen Orten werden Menschen eingeladen, an sogenannten Solidaritätstafeln Platz zu nehmen.
Vier Tafeln haben bereits stattgefunden, neun sind in Vorbereitung. Die Idee dahinter: Menschen nehmen Platz, essen und trinken gemeinsam und tauschen sich über soziale Gerechtigkeit aus. Mitveranstalter ist der Caritasverband für das Bistum Hildesheim, gefördert wird die Aktion von der Klosterkammer Hannover. Ziel ist es, bis zum Ende des Godehardjahres Anfang Mai 2023 im Bistum 30 Solidaritätstafeln stattfinden zu lassen. „Wir suchen noch nach weiteren Veranstaltern“, sagt Nadine Willke vom Projektmanagement des Godehardjahres.
Interreligiöses Tischgebet
Für 400 Menschen war in der Buchtstraße in Bremerhaven-Geestemünde vor der Herz-Jesu-Kirche der Tisch gedeckt. Bei windigem Wetter fanden sich viele Bremerhavener verschiedenster Religion und Herkunft ein, um gemeinsam zu essen und über soziale Gerechtigkeit zu sprechen.
Das Tischgebet war ein Dreiklang der Weltreligionen. Mircea Ionescu von Menorah-Jüdische Gemeinde bat auf Hebräisch um Gottes Segen, Fatih Kurutlu von der Türkisch Islamischen Gemeinde folgte mit einem Gebet auf Deutsch und Arabisch und Bischof Heiner Wilmer schloss die Runde der Tischgebete ab.
Es gab Nudeln mit Rinder-Hack oder Gemüsesauce und danach einen Kaffee – versüßt durch Blätterteig-Süßigkeiten, die die Türkisch Islamische Gemeinde aus Anlass des Opferfestes gestiftet hatte. Das Streichquartett „Visurgis Quartett“ begeisterte mit Tischmusik von Mozart bis Moon River und die Band „Spohn mit Mannschaft“ brachte Lieder im Folk-Stil mit deutschen Texten.
Nach dem Essen zogen zwei Podiumsdiskussionen die Aufmerksamkeit der Teilnehmer auf sich. Unter anderem berichteten Bischof Heiner Wilmer, Mircea Ionescu und Fatih Kururtlu von den Sorgen der Mitglieder ihrer Gemeinden. Neben gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreisen sind viele der Gläubigen durch den Krieg in der Ukraine bedrückt.
Wilmer machte darauf aufmerksam, dass sich Städte und Gemeinden, aber auch die Wohlfahrtsverbände darauf einstellen sollten, dass der Winter angesichts der Energiekrise hart werden könne. Es könne dazu kommen, dass Menschen ihre Wohnungen nicht mehr heizen könnten oder nicht mehr genug Geld zum Leben übrig bliebe, wenn die Preise so weiter stiegen. Alle waren sich daher einig, dass der Zusammenhalt in den Gemeinden besonders wichtig sei, um auch diese Situation gut zu überstehen. Zum Abschluss des Tages feierte der Bischof einen Gottesdienst in der Herz Jesu Kirche in Geestemünde.
Pfarrer lädt Nachbarn persönlich ein
„Die Idee der Godehardstafel hatte mich sofort elektrisiert: Mit dem Kloster Ludgerus haben wir ein wunderschönes Ambiente und eine professionelle Küche. Und: Um das Kloster herum wohnen und arbeiten so viele unterschiedliche Menschen“, berichtet der Helmstedter Pfarrer Thomas Jung auf der Godehard-Website. Neben der Caritas sind noch die Polizei und ein Handwerksbetrieb auf dem ehemaligen Klostergelände angesiedelt. „Das wird bestimmt spannend, wenn die mal gemeinsam an einem Tisch sitzen und essen“, dachte sich Jung im Vorfeld. Und so kam es auch: Der Saal des Ludgerus-Klosters war gut gefüllt und es kam zu zahlreichen Gesprächen.
Der Pfarrer machte schon im Vorfeld der Veranstaltung spannende Erfahrungen: „An drei Abenden klingelte ich an den Türen unserer Nachbarn, stellte mich als der neue Pfarrer vor und lud sie mittels einer schön gestalteten Karte zu diesem Event ein. ‚Von Kirche? Ne!‘, und Tür zu, über ‚Lebensgeschichte auf der Türschwelle‘, bis: ‚Komm‘se doch mal rein auf ein Glas Wein‘ “, war alles dabei“, berichtet er. Nicht unwesentlich hat Andreas Isensee vom Stadteilbüro zum Gelingen der Godehardstafel beigetragen, mit seiner Idee, über Tischaufsteller niederschwellige Fragen zu platzieren, über die die Teilnehmenden miteinander ins Gespräch kommen konnten.
Internationales Mittagessen
Die Gemeinde St. Maria Königin in Bleckede lud zu Fronleichnam zu einer kleinen Solitafel ein. „Wir sind eine weit verstreut auf beiden Seiten der Elbe gelegene, ländliche Diasporagemeinde ohne hauptamtliche Unterstützung vor Ort, hätten deshalb kein großes Event wie in den Städten organisieren können. Es hätte auch nicht gepasst. Da wir uns aber seit Jahren in unserer Gemeinde und im ökumenischen Zusammenhang für zugezogene geflüchtete Menschen einsetzen, luden wir anlässlich des Godehardsjahrs neun Familien aus Afghanistan, Syrien und der Ukraine zu einem Mittagessen in unseren Schöpfungsgarten ein“, berichtet Roswitha Kuhl-Jockel, Mitglied im Leitungsteam der Gemeinde und im Vorbereitungsteam der Solitafel.
Die Gäste ergänzten das Mitbringbuffet mit Speisen aus ihrem jeweiligen Herkunftsland. Es gab afghanischen Hühnerreistopf, gefüllte Weinblätterrollen, ukrainische mit Weißkohl gefüllte Wareniki. Eine Musikergruppe spielte auf mit schwedischen Volkstänzen und ermutigte die Gäste, den musikalischen Reigen fortzuführen. Ali improvisierte auf der syrischen Langhalslaute, Dorothea schritt, auf ihrer bulgarischen Gadulka spielend, durch die Reihen der Gäste. Frauen sangen ukrainische Volkslieder und zwei ukrainische Brüder trugen ein Kosakenlied vor.
Eis-Stand statt langer Tafel
Ganz anders setzte die St.-Marien-Gemeinde in Soltau die Idee einer Solitafel um: Mit einem Eis-Stand beteiligte sie sich an einem Museumsfest. Es wurden 360 Eiskugeln kostenlos an Kinder und ihre Eltern ausgegeben. Gerne wurde auch ein angebotenes Segensbändchen mit nach Hause genommen. Die Aktion kam gut an und so spendeten die Besucher 183 Euro. Der Betrag wurde aufgestockt durch 128 Euro, die der Kindergarten St. Johannis an einem Kuchenstand erhalten hat. Der Erlös geht je zur Hälfte an die Soltauer Tafel und ein Kinderheim in der Ukraine.
Podiumsdiskussion mit Oberbürgermeister
Die nächste Solidaritätstafel findet an diesem Samstag (20. August) statt: Von 11 bis 15 Uhr lädt die Hamelner St.-Augustinus-Gemeinde zusammen mit der Wilhelm-Raabe-Schule, dem Altenpflegeheim St. Monika, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband und der Bahnhofsmission auf den Schulhof der Wilhelm-Raabe-Schule ein. Neben musikalischer Unterhaltung, einem Stand des ADFC, an dem Fahrräder codiert werden können, sowie einem gemeinsamen Mittagessen gibt es eine Podiumsdiskussion unter dem Motto „Was ist für mich Solidarität?“. Daran nimmt unter anderem der Hamelner Oberbürgermeister Claudio Griese teil.
Im September sind noch Solidaritätstafeln in Salzgitter, Schneverdingen, Celle, Buchholz, Lüneburg, Bad Salzdetfurth, Hannover, Hildesheim und Lüneburg geplant.
www.godehardjahr.de/projekte/solitafeln/
Kontakt: Nadine Willke, Telefon: 05121/307-341, E-Mail: nadine.willke@bistum-hildesheim.de