Was uns diese Woche bewegt

Mutig neue Wege gehen

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27 Jahre meines Lebens, verpackt in Koffern, Kisten und Kartons, passten in einen Mietwagen. In dem habe ich vor knapp zwei Wochen meine Heimatstadt Freiburg verlassen, um beim Kirchenboten in Osnabrück das journalistische Handwerk zu erlernen. Während meines Volontariats in den nächsten zwei Jahren werde ich viel Neues sehen und erleben. Die ersten Artikel habe ich schon geschrieben. Zum Beispiel eine Geschichte über zwei Tischlergesellen auf der Walz, die Sie in der nächsten Magazin-Ausgabe lesen können.

So ein Umzug in den Norden ist nicht ohne Abschied und Emotionen möglich. Mich trösten die Fotos an den Wänden der neuen Wohnung; und einiges in Osnabrück erinnert mich sogar an Freiburg: etwa das Kopfsteinpflaster im Katharinenviertel – nur der Regen passt nicht in den Vergleich.

Auch die sozialen Medien helfen: Wenn sich das Heimweh auf dem Nachhauseweg an mich klebt wie Kaugummi an den Schuh, tut es gut, mit einem Blick aufs Smartphone Grüße aus Freiburg zu lesen. Ein kurzes Tippen und ich kann mit meiner Großmutter per Videoanruf sprechen, wenn ich sie vermisse.

Die beiden Tischlergesellen auf der Walz, die ich interviewt habe, sind ausgezogen in die Welt, um ihr Handwerk zu erlernen und zu vervollkommnen – ähnlich wie ich auch. Wo sie in den nächsten zwei Jahren sein werden, das wissen sie jetzt noch nicht. Auch haben sie kein Auto voller Kisten, nur ein kleines Stoffbündel mit dem Nötigsten. Sie sehen die Gesichter derer, die sie vermissen, nicht auf den Bildschirmen ihrer Smartphones. Solche Geräte sind auf der Walz tabu. Vom Süden nach Norden, von Ost nach West ziehen sie – ohne die Möglichkeit, mit der Familie in der Ferne zu sprechen. Sie reden trotzdem zu ihnen, wohl wissend, dass ihre Liebsten sie nicht hören können.

Aber: die beiden Gesellen sind glücklich, sie haben die schönsten Momente ihres Lebens auf ihrer Reise erlebt. Vor Kurzem haben sie für eine Nacht im Osnabrücker Kolpinghaus übernachtet. Ihre Geschichte macht auch mir Mut: den Mut, in sich selbst Frieden zu finden und neue Wege zu beschreiten. Dass es dazu nicht viel braucht, gibt mir Zuversicht.

Lisa Discher