Ökumenische Tefefonseelsorge Ostthüringen

Nestbereiterin für Seelsorger

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Die Ökumenische Tefefonseelsorge Ostthüringen arbeitet von Jena und Gera aus. Gesucht werden Frauen und Männer, die anderen Menschen in Einsamkeit und seelischer Not zuhören. Ein Gespräch mit Leiterin Sophie-Maria Voss.

Sophie-Maria Voss stammt aus Güstrow in Mecklenburg und lebt seit neun Jahren in Jena. | Foto: Ökumenische Telefonseelsorge

Seelsorgerin von Seelsorgern zu sein ist eine sehr schöne Aufgabe, freut sich Sophie-Maria Voss. Die evangelische Theologin leitet die Ökumenische Telefonseelsorge Ostthüringen mit den Standorten Gera und Jena. „Ich verstehe mich etwas als Nestbereiterin für die Ehrenamtlichen, damit sie sich wohl fühlen können. Keinen allein lassen, das ist für mich ein Grundgedanke des Glaubens.“ Derzeit sind es 50 Frauen und Männer – Christen, aber auch viele, welche nicht glauben – die als Ehrenamtliche am Telefon in der Region Dienst tun. Ihre wichtigste Aufgabe: Zuhören.
 

Bereitschaft am Telefon rund um die Uhr
Im vergangenen Jahr gingen 4284 Anrufe in der Region ein. Ein Hauptgrund, um zum Hörer zu greifen, ist die Einsamkeit mit 25 Prozent, also über 1000 Anrufe.„Es hilft den Menschen über den Moment hinweg, sie können sich aussprechen, werden in ihrer Not ernstgenommen. Wir können viel erreichen.“ Im Durchschnitt dauerte 2018 ein Gespräch 27 Minuten. Andere Problemlagen sind körperliche und seelische Erkrankungen, aber auch geäußerte Gedanken, sich das Leben zu nehmen.“ Im Einzelfall, nur wenn es der Anrufer im Gespräch will, kann medizinische Hilfe angefordert werden. „Dann ruft mich der Seelsorger an und ich leite alles in die Wege.“ Dafür und für andere dringende Anliegen hat Sophie-Maria Voss eine Telefonbereitschaft rund um die Uhr. Wie übrigens die Telefonseelsorge auch. Bei Überlastungen springen Kollegen aus benachbarten Diensten ein.
Um dem Bedarf in Ostthüringen gerecht zu werden braucht die Telefonseelsorge weiter viele Mitarbeiter. Diese, so Voss, werden gut ausgebildet. Dazu kommt die Betreuung in der Gruppe und durch die Leiterin selbst. Allen ist der Austausch wichtig. „Unsere Ehrenamtlichen tun einen Dienst, der sie nicht kalt lässt und oft an ihre Grenzen führt. Da kann niemand alleine bleiben.“ Wichtig ist es der Leiterin, bei der Aussendung in den Dienst – die immer in der Jenaer Stadtkirche stattfindet – die Neuen einzusegnen. „Ohne geht es nicht. Die Verwurzelung im Christlichen, der Hinweis auf die Werte ist die Grundlage des Dienstes“, so die Leiterin. Was aber, wenn die neue Ehrenamtliche gar nicht christlich ist? Sophie-Maria Voss: „Das ist es ja. Gerade sie spüren, dass mit der Einsegnung etwas Positives geschieht, dass etwas ankommt.“ So ist die Telefonseelsorge ein Punkt, von dem aus Kirche und Glaube  nahe am Menschen sind.“
Was ist die Motivation, um bei der Telefonseelsorge mitzumachen? „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass unsere Ehrenamtlichen für Menschen in Notlagen etwas tun wollen.“ Diese Haltung stand auch am Beginn. Der amerikanische Pastor Henry Warren startete 1896 einen ersten Versuch, um mit Suizid gefährdeten Menschen ins Gespräch zu kommen. Doch es gab zu wenige Telefone. 1953 sah die Sache schon anders aus. Zwei Pfarrer setzten in England zwei Inserate in die Zeitung mit dem Inhalt: „Ehe Sie einen Suizidversuch unternehmen, rufen Sie mich an! Darunter stand eine Telefonnummer. In Deutschland wurde die erste Stelle im Oktober 1956 eingerichtet, sie hieß damals „Ärztliche Lebensmüdenbetreuung“. Heute arbeitet die Telefonseelsorge in ganz Deutschland. Sophie-Maria Voss vertritt zudem die Diakonie beim Kongress der Internationalen Vereinigung der Telefonnotdienste (IFOTES). Kürzlich traf sich die Vereinigung im italienischen Udine. Sie zeigt ein Foto. Der ganze Saal der Oper ist dicht gefüllt. „Alles Telefonseelsorger. Es war ein richtig gutes Gefühl zu spüren, dass wir sehr viele sind.
 

Ausbildung hilft, mit Konfliken umzugehen
Anrufen kann bei der Telefonseelsorge jeder. Die Anrufer und die Zuhörenden bleiben anonym. Es gibt keine Themenbeschränkungen. Selbst Kinder, die sich einen Spaß machen wollen, werden ernst genommen, betont die Leiterin. Beleidigungen und aufreizende Meldungen kommen vor, sind aber nicht so häufig. Damit umgehen zu können, ist Teil der Ausbildung. Diese dauert in der Regel 12 Monate. Die monatlichen Einheiten sind immer ein Wochenende lang.
Träger der Telefonseelsorge Ostthüringen ist die Diakonie. Unterstützung kam beim Neustart vor zwei Jahren vom Seelsorgeamt des Bistums Erfurt sowie aus den katholischen Gemeinden. Hilfe kommt auch durch die Share Value Stiftung mit der das Team von Sophie Maria Voss bei der Fahrrad-Sponsoren Rallye „Jena bewegt“ am 8. September an den Start geht.
Die Telefonseelsorge ist in Deutschland unter der einheitlichen Rufnummer 08 00 / 11 10 111 und 08 00 / 11 10 222 zu erreichen. Jeder Anruf ist für Ratsuchende kostenlos. Die Deutsche Telekom AG übernimmt als Partner der Telefonseelsorge die Verbindungsgebühren. Wer Interesse hat, sich ehrenamtlich bei der Telefonseelsorge in Jena und Gera zu beteiligen, melde sich bitte unter 01 72 / 7 98 83 43 oder über die Homepage.


www.telefonseelsorge-ostthüringen.de

Von Holger Jakobi
 

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