Das Haus der Relgionen in Hannover startet mit neuer Ausstellung
Neun Religionen in einem Haus
Christen, Juden, Muslime und weitere Religionsgemeinschaften unter einem Dach? Im „Haus der Religionen“ in Hannover ist das bereits seit 17 Jahren Wirklichkeit. Nun ist es erweitert worden – samt neuer Ausstellung.
In einem hölzernen Schränkchen mit hebräischen Schriftzeichen verbirgt sich eine Tora-Rolle. Eine Kippa, die traditionelle Kopfbedeckung der Juden, liegt zum Anprobieren bereit. Und in die Ritzen einer Mini-Klagemauer können „Briefe an Gott“ eingesteckt werden. Die neue Dauerausstellung des „Hauses der Religionen“ in Hannover bietet Religion zum Anfassen.
Nach rund zweieinhalbjähriger Erweiterung ist das Bildungszentrum Ende letzten Jahres offiziell neu eröffnet worden. Mit einem Festakt, an dem unter anderem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teilgenommen hat (die KiZ berichtete).
Haus der Religionen soll zum Dialog beitragen
Die neue, multimediale Ausstellung präsentiert neun verschiedene Glaubensrichtungen. „Wir möchten die Vielfalt der Religionen und Weltanschauungen in unserer Gesellschaft abbilden und zu einem Dialog beitragen“, sagt der Vorsitzende des Trägervereins, Wolfgang Reinbold.
Das „Haus der Religionen“ wurde 2005 von Christen, Juden, Muslimen, Hindus, Buddhisten und Bahai gegründet – damals als erstes Projekt seiner Art in Europa. Inzwischen sind auch Aleviten, Jesiden und Humanisten an der Einrichtung beteiligt. Sie richtet sich vor allem an Schulklassen, aber auch an Unternehmen und Institutionen.
Das „Haus der Religionen“ ist in einer ehemaligen evangelischen Kirche untergebracht. Der Platz dort war bislang begrenzt, eine Ausstellung nur improvisiert.
Am Umbau für rund 1,26 Millionen Euro haben sich unter anderem das Land Niedersachsen, die Stadt Hannover sowie die beiden großen Kirchen finanziell beteiligt. Zudem wurden Spenden gesammelt.
Nun stehen ein großer Saal und Seminarräume für die Dauerausstellung und für Veranstaltungen zur Verfügung. In der Ausstellung ist jeder Gruppierung ein begehbarer Kubus gewidmet. Darin finden die Besucher unter anderem rituelle Gegenstände wie eine jüdische Kippa oder einen muslimischen Gebetsteppich zum Anfassen.
In Videointerviews stellen immer zwei Angehörige der jeweiligen Religion oder Weltanschauung die Besonderheiten ihrer Glaubensrichtung vor. So erklären der 64-jährige Josef Zweigel und die 20-jährige Klara Koku, was es bedeutet, Jude zu sein, wie Juden beten und wie ein jüdischer Gottesdienst aussieht.
Auch Humanisten sind in der Einrichtung vertreten
Im Bereich „Christentum“ gibt es eine Jukebox, die auf Knopfdruck typisch christliche Musik abspielt – vom gregorianischen Gesang bis zum Gospel. Im Bereich „Humanismus“ soll ein physikalisches Experiment in das naturwissenschaftliche Denken einführen. „Wir möchten lebendige Religion darstellen“, erklärt Reinbold das Konzept.
Darauf, dass auch die Humanisten dabei sind, ist der evangelische Theologe besonders stolz. Wenn man gesellschaftliche Vielfalt abbilden wolle, gehörten sie zwingend dazu. Überhaupt sei das „Haus der Religionen“ in Deutschland weiterhin einzigartig.
Warum gibt es solche interreligiösen Bildungszentren in Zeiten einer pluralistischen Gesellschaft nicht häufiger? „Wir haben in Deutschland erst Anfang der 2000er-Jahre verstanden, dass Gastarbeiter und Flüchtlinge nicht wieder weggehen“, meint Reinbold. Inzwischen habe sich diese Erkenntnis aber durchgesetzt und zahlreiche ähnliche Projekte seien in Planung.
So gebe es seit einiger Zeit auch im schweizerischen Bern ein „Haus der Religionen“. In Hamburg, München und Dortmund seien solche Zentren in Planung. In Hannover hofft man, mit den neuen und modernen Räumen künftig mehr Besucher in das „Haus der Religionen“ zu locken. Bisher kamen rund 5000 Menschen im Jahr, darunter bis zu 150 Schülergruppen. Jetzt habe man Kapazität für bis zu 400 Gruppen im Jahr. Erste Anfragen für das laufende Jahr gebe es bereits, so der Trägerverein.
Haus der Religionen, Hannover, Böhmerstr. 8, www.haus-der-religionen.de
Michael Althaus