Interreligiöse Segensfeiern

Nicht einfach, aber gut

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Egal ob Einschulung oder Schulentlassung: In vielen Regionen ist es üblich, dies mit einem Segen Gottes zu verbinden. Was nicht leicht ist, wenn die Familien verschiedene religiöse Bekenntnisse haben. Möglich ist es aber schon.

Ein goldener Davidstern, ein Halbmond und ein Kreuz liegen nebeneinander.
Religiöse Vielfalt ist in unserer Gesellschaft heute norma

Von Susanne Haverkamp 

Früher war alles einfacher. Da gingen die Kinder alle zusammen mit Familie, Schultüte und Tornister in die Kirche zu einem (ökumenischen) Einschulungsgottesdienst. Heute ist unsere Gesellschaft nicht mehr einheitlich christlich, in manchen Gegenden nicht einmal mehrheitlich christlich. Und doch lebt vielerorts der Wunsch fort, mit dem Segen Gottes in einen neuen Lebensabschnitt zu gehen: in die erste Klasse, in die weiterführende Schule, am Ende der Schulzeit ins Leben. Aber wie oder wo? 

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit der sogenannten liturgischen Gastfreundschaft. Dabei ist eine Religion, bei uns in der Regel die christliche, Gastgeberin und lädt Menschen anderen Glaubens ein, mitzufeiern. Allerdings ist damit zu rechnen, dass nicht alle der Einladung folgen und so die Gemeinschaft der Erstklässler oder der Schulabgänger zerbrochen wird.

Immer mehr Schulen versuchen deshalb, eine Feier zu organisieren, in der alle Religionen vertreten sind und in der sich auch religionslose Failien willkommen fühlen. Dabei ist einiges zu beachten.

Das Grundsätzliche

Die Religionen sind grundsätzlich verschieden. Deshalb soll die Feier nicht interreligiös (alle beten dasselbe Gebet), sondern multireligiös gestaltet werden. Das bedeutet: Vertreter verschiedener Religionen tun nacheinander Ähnliches. Zum Beispiel begrüßt ein Priester „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“, danach eröffnen ein Rabbi oder ein Imam in der ihnen gewohnten Weise den Gottesdienst. 

Ebenso kann es bei Gebet oder Segen gehen. „Zugegen sein, wenn die anderen beten“, so fasste es Papst Johannes Paul II. beim ersten multireligiösen Friedensgebet 1986 in Assisi zusammen. Das heißt: Vertreter verschiedener Religionen beten auf ihre Weise, die anderen hören zu.

Der Ort

Empfohlen wird in der Regel ein neutraler Ort, das heißt: keine Kirche, keine Moschee, keine Synagoge. Eher kommt die Aula der Schule infrage, der Schulhof, der Schulgarten oder die Turnhalle.

Für die gemeinsame Feier muss dieser Ort entsprechend hergerichtet werden, so dass grundlegende Symbole der beteiligten Religionen sichtbar sind. Kerzen oder Blumen, die in allen Religionen eine Rolle spielen, sind ebenfalls eine gute Möglichkeit, den Feierort zu gestalten.

Die handelnden Personen

Grundsätzlich spricht viel dafür, Geistliche der beteiligten Religionen einzuladen. Allerdings ist das nicht immer möglich, etwa, wenn konkrete Ansprechpersonen fehlen oder kein vertrauensvolles Verhältnis besteht. Dann ist es auch möglich, dass etwa ein muslimisches Elternteil aus der Schulgemeinschaft oder eine jüdische Lehrerin in der Vorbereitung und Durchführung der Feier beteiligt sind. Wichtig ist, Verantwortliche aus der Schule wie aus den Religionen gleichberechtigt zu beteiligen, damit es wirklich eine gemeinsame Feier wird.

Die Verkündigung

Eine multireligiöse Feier soll verbinden. Deshalb ist es gut, auf einen gemeinsamen religiösen Schatz zurückzugreifen. Biblisch bietet sich etwas aus der Abrahamsgeschichte an. Aber auch beispielsweise die (Schutz-)Engel-Traditionen verbinden die Religionen.

Die Lieder

In der Praxis zeigt sich, dass gemeinsam gesungene Lieder aus den christlichen Kirchen stammen – schon deshalb, weil es anderswo kaum religiöse Kinderlieder gibt. Auch hier ist auf verbindende Lieder zu achten (z.B. Gottes Liebe ist so wunderbar; Er hält die ganze Welt in seiner Hand; Gott, dein guter Segen). Aus anderen Traditionen stammende Lieder können auch vorgesungen werden.

Segen

Denkbar ist, dass jedes Kind vom Vertreter der eigenen Religion gesegnet wird. Möglich ist aber auch, dass etwa die Klassenlehrerinnen und -lehrer ihre Kinder segnen. Die Geistlichen können dann in ihrer je eigenen Tradition einen abschließenden Segen spenden.

Ja, das alles ist kompliziert. Viel komplizierter sogar, als wenn man alles der örtlichen Pastorin oder dem netten Gemeindereferenten überlässt. Wer sich allerdings darauf einlässt, wird mit einer segensreichen und gemeinschaftstiftenden Feier für alle belohnt. Und nebenbei viel Neues über andere Religionen erfahren.

Zur Sache: Multireligiöse Segensfeiern 

Die Deutsche Bischofskonferenz hat bereits 2008 eine Arbeitshilfe zu multireligiösen Feiern herausgebracht, die vor allem theologische Grundlagen und einige praktischen Tipps bietet: Leitlinien für das Gebet bei Treffen von Christen, Juden und Muslimen (Arbeitshilfen 170). Hilfreich für die Praxis ist auch der „Leitfaden für multireligiöse Feiern in der Schule“, herausgegeben vom Erzbischöflichen Generalvikariat Paderborn.