Bischof Feige, Gastgeber der pastorale!, im Interview
Osten noch immer gut vernetzt
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Der Magdeburger Bischof Feige als Gastgeber der pastorale! ist froh, dass die Veranstaltung auf ein positives Echo gestoßen ist. Sie war keine binnenkirchliche Nabelschau, sondern ein Nachdenken darüber, wie die Kirche hierzulande ihrer Sendung gerecht werden könnte, sagt er im TAG DES HERRN-Interview.
Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige war nicht nur der Gastgeber der pastorale!. Er hat sich selbst an zahlreichen Veranstaltungen beteiligt – wie hier beim Podium „Die Kirche und ihre Caritas“. Foto: die pastorale! (die-pastorale.de) / Walter Wetzler (walter-wetzler.de) |
Herr Bischof, die pastorale! ist zu Ende. Wie lautet Ihr Fazit?
Ich bin sehr dankbar und froh, dass diese Fachtagung und Ideenbörse auf ein so positives Echo gestoßen ist. Dazu beigetragen haben vor allem das höchst motivierte Vorbereitungsteam aus 18 Vertretern von Verbänden, Einrichtungen und Initiativen, aber auch viele Sponsoren, Unterstützer und Kooperationspartner und besonders natürlich die zahlreichen Mitwirkenden, die mit ihren Veranstaltungsbeiträgen erhellend, anregend, niveauvoll und verständlich auf die ostdeutschen Herausforderungen für uns Christen eingegangen sind. Es war keine binnenkirchliche Nabelschau, sondern ein verantwortungsbewusstes und kreatives Nachdenken darüber, was uns der gesellschaftliche Kontext zu sagen hat, worin unsere Sendung besteht und wie wir ihr gerecht werden könnten. Und es war auch ein geistliches Geschehen. Beeindruckt haben mich zudem die unerwartet hohe Zahl von insgesamt 1300 Teilnehmern, die konstruktiven Diskussionen und die aufgeschlossene Atmosphäre.
Gibt es etwas, was Sie persönlich für sich und für Ihren Dienst mitgenommen haben?
Einiges ist mir noch deutlicher geworden: zum Beispiel dass nicht mehr die Kirche im Zentrum unseres Denkens und Handelns stehen sollte, sondern der Mensch, und Evangelisierung beziehungsweise Mission damit nicht Belehrung von oben herab und Magnetismus bedeutet, sondern dienstbereite Hinwendung zu den anderen und Kommunikation auf Augenhöhe. Oder: dass Glaubenswissen lange Zeit weithin fast nur auswendig gelernt, aber nicht kritisch durchdacht und persönlich verinnerlicht wurde, heutzutage aber eine solche kirchliche Sozialisierung nicht mehr funktioniert; stattdessen gilt es, Zugänge zu erschließen, die möglichst viele verstehen und auch existenziell nachvollziehen können. Zum anderen bin ich für meinen Dienst in vielem bestärkt und ermutigt worden.
Glauben Sie, dass die Veranstaltung geholfen hat, dass es im Osten wieder ein größeres Zusammenrücken gibt, nachdem die Ost-Bistümer in den letzten Jahren weitgehend ihre je eigenen Wege gegangen sind?
Äußerlich betrachtet sind wir tatsächlich nicht mehr so verbunden wie einst und beschreiten vielfach je eigene Wege. Hinter den Kulissen – und das hat sich gezeigt – sind wir aber doch noch immer ganz gut vernetzt und uns unserer gemeinsamen regionalen Eigenheiten bewusst. Das hat nichts mit rückwärtsgewandter „Ostalgie“ zu tun, sondern ist Ausdruck dafür, dass unsere Verhältnisse mit ihren Begrenzungen und Möglichkeiten sich nach wie vor von denen in anderen Teilen Deutschlands wesentlich unterscheiden. Und darauf auch gemeinsam Antworten zu suchen, ist durchaus nicht ehrenrührig oder spalterisch. Schließlich gibt es ja auch eine eigene bayerische Bischofskonferenz. Darüber hinaus sehe ich es – selbst 30 Jahre nach dem Mauerfall oder inzwischen sogar wieder mehr – als wichtig an, unsere Erfahrungen nicht für uns zu behalten. Da bin ich meinen östlichen Amtskollegen mit langjähriger West-Biographie dankbar, dass sie dies aus ihrer eigenen Perspektive auch immer wieder in die gesamtdeutsche Bischofskonferenz einzubringen versuchen.
Das Interesse der West-Bistümer hielt sich ja leider in Grenzen. Warum würde es sich für den Westen lohnen, einmal genauer auf die Kirche im Osten zu gucken?
Soviel ich weiß, war eine direkte Einbeziehung der West-Bistümer auch nicht intendiert. Wohl aber haben Vertreter aus manchen von ihnen oder aus bundesweiten Gremien – wie dem Bonifatiuswerk oder dem Sekretariat und einer Arbeitsstelle der Deutschen Bischofskonferenz – teilgenommen. Und erfreulicherweise wurde auch in verschiedenen überregionalen kirchlichen Medien sowie bei der letzten Vollversammlung der Bischöfe in Fulda darüber informiert. Noch mehr sich für unsere Situation zu interessieren, würde deshalb lohnen, weil manches zwar – wie es ein Soziologe zum Ausdruck brachte – historisch und lokal bedingt nur uns eigen ist und schon verschärft auftritt, bestimmte Phänomene aber – wie Säkularisierung, Individualisierung und Pluralisierung – auch in anderen Ländern und Gebieten schon ähnliche Entwicklungen ausgelöst haben.
In einer ersten Reaktion nach der pastorale! zeigten Sie sich nicht abgeneigt von einer Wiederholung, aber die Idee müsste weiterentwickelt werden. In welche Richtung?
Zweifellos müsste die ökumenische Dimension noch mehr einbezogen werden, auch der Norden Deutschlands und vielleicht auch andere Regionen beziehungsweise Gruppierungen. Zu erwägen wäre außerdem, ob man nicht ebenfalls außerkirchliche Referenten und Gesprächspartner mit ins Boot holen sollte.
Interview: Matthias Holluba