Als Reaktion auf den Missbrauchsskandal

Papst ordnet Visitation in Köln an

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In einem ungewöhnlichen Schritt ordnet Papst Franziskus eine Apostolische Visitation, also eine offizielle Überprüfung, für das Erzbistum Köln an. Er reagiert damit um die Vorgänge rund um die Aufklärung des Kölner Missbrauchsskandals. 

Papst Franziskus im Petersdom im Vatikan
Will die Vorgänge im Erzbistum Köln untersuchen lassen: Papst Franziskus 

Der Kölner Kardinal Woelki Rainer Maria Woelki begrüßt in einer ersten Reaktion die angekündigte Apostolische Visitation für das Erzbistum Köln. Er werde die beiden Visitatoren, Kardinal Anders Arborelius aus Schweden und den Rotterdamer Bischof Johannes van den Hende, "mit voller Überzeugung in ihrer Arbeit unterstützen. Alles, was der konsequenten Aufarbeitung dient, begrüße ich."

In einem ungewöhnlichen Schritt hatte Papst Franziskus eine Apostolische Visitation, also eine offizielle Überprüfung für das Erzbistum Köln angeordnet. Wie die Nuntiatur in Berlin mitteilte, wurden Arborelius und van den Hende zu Visitatoren ernannt.

Sie sollen sich in der ersten Junihälfte "vor Ort ein umfassendes Bild von der komplexen pastoralen Situation im Erzbistum Köln verschaffen". Außerdem sollen sie untersuchen, ob der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, der Hamburger Erzbischof Stefan Heße und die Kölner Weihbischöfe Dominikus Schwaderlapp und Ansgar Puff Fehler gemacht haben beim Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs.

Seit mehr als einem Jahr wird im Erzbistum Köln um die öffentliche Aufarbeitung früherer Missbrauchsfälle durch Geistliche gerungen. Dabei geht es auch um die Frage, inwiefern hohe Amtsträger Missbrauchstäter geschützt und Fälle vertuscht haben. Auch Woelki werden Vorwürfe gemacht, obwohl ihn ein Aufarbeitungsgutachten des Strafrechtlers Björn Gercke juristisch entlastet. Dennoch wird seit Wochen immer wieder über neue Details rund um Fälle aus dem Gercke-Report diskutiert. Kritiker werfen Woelki vor, sich zu sehr auf juristische Fragen zurückzuziehen und zu wenig moralische Verantwortung zu übernehmen.

Ende 2020 wurde dem Kardinal erstmals angelastet, in einem Missbrauchsfall an Vertuschung beteiligt gewesen zu sein. Woelki wandte sich deshalb im Dezember an Papst Franziskus. Der Papst solle prüfen, ob er als Kölner Erzbischof eine Pflichtverletzung nach dem Kirchenrecht begangen habe, so Woelkis Absicht damals. Auch Laienvertreter vom Kölner Katholikenausschuss und die Protest-Initiative Maria 2.0 im Rheinland hatten Papst Franziskus um sein Eingreifen gebeten und unter anderem eine Visitationsreise eines Vatikanvertreters angeregt. Bislang gab es aus dem Vatikan keine offizielle Antwort auf diese Anfragen.

Maria 2.0 im Rheinland äußerte sich positiv über den Schritt. "Die Situation hat sich derart zugespitzt, dass es innerhalb dieses Systems alternativlos ist", sagte Sprecherin Maria Mesrian der KNA. "Es bleibt zu hoffen, dass die Visitatoren einen offenen Blick haben und alle Stimmen in diesem Bistum hören."

Dass die Gespräche der Visitatoren auch mit Laien sowie Mitarbeitenden des Erzbistums geführt werden sollten, regte der Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken Tim-O. Kurzbach an. Er lud Kardinal Arborelius und Bischof van den Hende zur kommenden Sitzung des Gremiums am 16. Juni ein.

"Die Anordnung der Visitation unterstreicht, dass auch in Rom verstanden wird, dass im Erzbistum Köln unter der Leitung von Kardinal Woelki der Kontakt zwischen Gemeinden und Bistumsleistung schwer geworden ist", sagte Kurzbach. Der Diözesanrat lässt seine Zusammenarbeit mit Woelki wegen der strittigen Missbrauchsaufarbeitung seit Ende Januar ruhen.

Auch der Sprecher der Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, begrüßte die Ankündigung des Vatikans und sprach von einer "guten Entwicklung". Er ermutigte die Betroffenen, nun ihre Sichtweise vorzubringen, damit der Vatikan ein "vollständigeres Bild" bekomme.

Der Mitte März veröffentlichte Gercke-Report weist hohen Amtsträgern im Erzbistum Köln - darunter ehemalige Generalvikare und Erzbischöfe - mindestens 75 Pflichtverletzungen zwischen 1975 und 2018 nach. Demnach sind die Würdenträger Verdachtsfällen nicht nachgegangen und haben sich nicht um die Betroffenen gekümmert. Nach Veröffentlichung des Gutachtens boten der Hamburger Erzbischof Stefan Heße sowie der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp Papst Franziskus ihren Rücktritt an. Beide waren früher als Generalvikare in Köln tätig. Heße werden elf und Schwaderlapp acht Pflichtverletzungen angelastet. Woelki hingegen wird im Report sowohl unter kirchen- als auch strafrechtlichen Gesichtspunkten entlastet.

kna/ Anita Hirschbeck