Zum Sonntag der Weltmission

Paula Kidakwa, Mentorin der Mädchen

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Paula Kidakwa kümmert sich im größten Slum von Nairobi um Mädchen und leitet eine Wohngemeinschaft. Als Missio-Gast berichtet die Laienmissionarin von den Nöten junger Menschen und darüber, was Kirche in Kenia bedeutet. Von Anja Weiffen



Missio-Gast aus Kenia unterwegs in den Bistümern Fulda, Limburg und Mainz: Paula Kidakwa (rechts), hier mit der Mainzer Missio-Referentin Dr. Eva Baillie am „Drei-Mädchen-Brunnen“ an der Maria Ward-Schule in Mainz.


Armut hat viele Gesichter. Junge Frauen in Kenia kennen sie zum Beispiel unter dem Begriff „Period Poverty“ (Periodenarmut). Vielen fehlt das Geld, um sich Menstruationsartikel zu kaufen. Mädchen gehen aus Scham nicht zur Schule, wenn sie ihre Periode haben. „Sie müssen sich entscheiden, ob sie Maismehl kaufen, um etwas zu essen zu haben, oder ob sie das Geld für Binden ausgeben“, schildert Paula Kidakwa die Situation von jungen Frauen. In Kibera, im größten Slum von Kenias Hauptstadt Nairobi, engagiert sich die 37-Jährige als Laienmissionarin und leitet eine Wohngemeinschaft für Mädchen. Paula Kidakwa ist so etwas wie eine Mentorin für die 19- bis 21-jährigen Frauen. Aktuell leben dort fünf.

Jungen Leuten fehlt es an Information und Führung

Als Missio-Gast besucht Paula in diesen Wochen Schulen und Einrichtungen in den Diözesen Fulda, Mainz und Limburg. In Mainz ist unter anderem ein Treffen im Bischöflichen Ordinariat mit jungen Leuten aus der Region geplant. An diesem Tag begleitet sie Pater Serge Patrick, der dem Orden der Assumptionisten angehört. Er ist ebenfalls als Missio-Gast unterwegs und genau wie Paula in der Jugendpastoral in Nairobi tätig. Kenia ist ein junges Land, aber es fehlt oft an Bildungsmöglichkeiten für die jungen Leute. Paula Kidakwa berichtet, dass aus dem traditionell geprägten und von Dürre heimgesuchten Norden des Landes viele junge Menschen nach Nairobi gehen. Meist werden Mädchen von ihren Familien früh verheiratet. Die Aussicht, in Nairobi eine Schule zu besuchen oder zu studieren, befreit sie von diesem Los. Doch in den Slums laufen sie Gefahr, unter die Räder zu kommen, beeinflusst von Gangs und Drogen. Beim Gespräch im Bischöflichen Ordinariat lauschen die Zuhörenden gebannt Paulas Bericht aus Kibera. Mobiltelefone etwa gelten dort als Statussymbole. „Um ein Handy zu ergattern, tun manche alles, verkaufen sogar ihren Körper.“ Sie will Mädchen durch ihr kirchliches Engagement Halt und Orientierung geben, aus ihrem christlichen Glauben heraus. Paula betont: „Was jungen Menschen in Kenia fehlt, sind Information und Führung.“ Sie selbst hat früher bei einer Bank als Geschäftsstellenleiterin gearbeitet. „Aber der 9-bis-17-Uhr-Job hat mich nicht ausgefüllt“, sagt sie. Zurzeit absolviert sie ein Masterstudium im Fach Entwicklungsstudien, auch in Theologie will sie sich weiterbilden. Die Katholikin war zwei Jahre bei den Jesuiten tätig. Nun hat sie sich bei den Yarumal Missionaries neben ihrem Studium ehrenamtlich als Laienmissionarin verpflichtet. Zusammen mit 20 anderen Laienmissionaren in ihrem Stadtteil unterstützt sie den Orden in der Jugend- und Sozialpastoral.
Kirche, das sei in Kenia zugleich Ambulanz und Anlaufstelle für Familien, um Hilfe für ihre Kinder oder um einen Job zu bekommen, erläutert Paula. Über die jungen Frauen in ihrer Wohngemeinschaft, die alle in eine Hauswirtschaftsschule gehen, sagt sie: „Wenn sie eine Arbeitsstelle bekommen, ist das ein Erfolg für uns, und wenn sie Probleme haben, sind wir für sie da.“ Mädchen zu fördern, das heißt für sie im christlichen Sinn der Gemeinschaft zu dienen. So nah an den Herausforderungen von Menschen zu sein, empfindet Paula als Reichtum, dafür möchte sie etwas zurückgeben. „Die Arbeit im Slum hat mich gelehrt, was es heißt, Christin zu sein.“

Kollekte zum Sonntag der Weltmission am 23. Oktober
www.missio-hilft.de

 

Von Anja Weiffen

 

ZUR SACHE

Wirtschaftskraft in Ostafrika

Der Wunsch nach einem besseren Leben lässt viele Menschen in Kenia in die Hauptstadt Nairobi ziehen. Mit rund vier Millionen Einwohnern ist sie die bevölkerungsreichste Stadt des Landes. Eine lebendige Startup-Szene, die besonders junge Menschen anzieht, hat sich dort angesiedelt. Die Metropole boomt. Heute ist sie das modernste und wichtigste Handelszentrum der Region. Kenia gehört zu den Ländern mit der stärksten Wirtschaftskraft in Ostafrika. Dennoch profitieren viele Menschen von der wirtschaftlichen Entwicklung nicht. Mehr als die Hälfte der Bewohner Nairobis lebt in Slums wie Kibera, Mathare und Korogocho und hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Bildung ist für viele Kinder nur ein Traum. Oft können Eltern das Geld für den Schulbesuch nicht aufbringen. Das große Potenzial, das der Vielvölkerstaat mit seinen 56 Millionen Menschen besitzt, wird nicht ausgeschöpft. Eine Ursache dafür ist die weit verbreitete Korruption. Auch der fortschreitende Klimawandel setzt dem Land schwer zu. Drei Jahre in Folge ist der Regen in vielen Regionen Kenias ausgeblieben. Bauern können ihre Felder nicht mehr bestellen. Tiere verenden, Menschen hungern. Verschärft wird die Krise durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Die Preise für Lebensmittel, Energie und Transport sind stark gestiegen. Auch Grundnahrungsmittel sind betroffen. Immer mehr Menschen sind auch in Städten akut von Hunger bedroht.
Trotz aller Schwierigkeiten finden viele Menschen in Kenia kreative Lösungen, ihr Leben zu gestalten. Sie organisieren sich in ihrer Nachbarschaft, sind solidarisch und helfen Schwächeren. Die katholische Kirche unterstützt sie in zahlreichen Projekten, fördert Initiativen für Jugendliche, leistet soziale und seelsorgerische Arbeit. Dazu gehört die Hilfe für Geflüchtete genauso wie Projekte gegen Genitalverstümmelung von Mädchen. An vielen Orten kümmern sich kirchliche Partnerinnen und Partner um arme und kranke Menschen. Viele dieser Menschen blieben ohne die Hilfe sich selbst überlassen.
(Quelle: Missio / Text: Bettina Tiburzy)