Prozess gegen australischen Kardinal
Pell lässt "Vatikan-Komplott" untersuchen
Der frühere vatikanische Finanzchef Kardinal George Pell sieht sich offenbar als Opfer einer vatikanischen Intrige. Er will untersuchen lassen, ob Kardinal Giovanni Angelo Becciu versucht hat, das Verfahren gegen Missbrauch gegen ihn zu beeinflussen.
Der Missbrauchsprozess gegen den australischen Kardinal und früheren vatikanischen Finanzchef George Pell bekommt ein unerwartetes Nachspiel. Laut der Zeitung "Australian Financial Review" will Pells Anwalt Robert Richter amtlich untersuchen lassen, ob Kardinal Giovanni Angelo Becciu als damaliger Rivale Pells versucht hat, das Verfahren mit beträchtlichen Zahlungen an australische Empfänger zu beeinflussen. Italienische und australische Behörden müssten die Geldflüsse nachverfolgen, forderte Richter nach Angaben der Zeitung.
Italienische Medien hatten vergangene Woche von angeblichen Überweisungen in Gesamthöhe von 700.000 Euro aus dem Vatikan nach Australien berichtet. Das Geld habe dazu gedient, Zeugen zu finanzieren oder eine Medienkampagne gegen Pell zu befeuern. Das Magazin "L'Espresso" bezog sich auf Aussagen eines früheren Mitarbeiters Beccius in einem vatikanischen Korruptionsprozess.
Pell, 2014 zum Leiter des Wirtschaftssekretariats ernannt, geriet in den ersten Jahren seiner Amtszeit in einen offenkundigen Kompetenzstreit mit Becciu, der als Substitut des Staatssekretariats von 2011 bis 2018 eine einflussreiche Position bekleidete. Im Juli 2017 wurde Pell wegen Missbrauchsvorwürfen in seiner australischen Heimat vor Gericht gestellt und verurteilt, vergangenen April aber in höchster Instanz freigesprochen.
Becciu gab Ende September überraschend sein aktuelles Amt als Heiligsprechungspräfekt sowie seine Rechte als Kardinal ab. Als möglicher Hintergrund ist von seiner Amtsführung als Substitut die Rede. Er soll in den Finanzsskandal um eine Londoner Immobilie verstrickt sein. Becciu selbst bestreitet jegliches Fehlverhalten.
kna