Professor Richard Hartmann zur neuen vatikanischen Instruktion

Professor Hartmann: „Hätten sie doch gefragt!“

 

Hartmann
Professor Richard Hartmann
ist Pastoraltheologe an der
Fakultät Fulda. Foto: Archiv

„Darüber hinaus erscheint es angemessen, dass der Pastoralrat, soweit dies möglich ist, in der Regel aus denen besteht, die in der Pastoral wirkliche Verantwortung tragen oder in konkreter Weise engagiert sind, um zu vermeiden, dass in den Versammlungen realitätsferne Ideen ausgetauscht werden, die nicht die tatsächliche Situation der Gemeinde mit ihren Möglichkeiten und Schwierigkeiten in Betracht ziehen.“ Diesen Satz (114) der Instruktion „Die Pastorale Umkehr“ hätte die Kleruskongregation für ihr eigenes Handeln annehmen müssen. Was hier vorgelegt wird ist nicht nur in sich widersprüchlich, sondern im Blick auf die Priester und engagierten Christen bei uns ausdrücklich schädlich. Zum Glück haben schnell Bischof Franz-Josef Bode und Bischof Peter Kohlgraf Position bezogen.

Hätte die Kleruskongregation die Pfarrer gefragt, wäre ihnen sofort deren Interesse an Evangelisierung und Seelsorge deutlich geworden, die durch die unbedingte Verwaltungsverantwortung genommen wird.

Hätte sie die Gemeinden gefragt, die schon längst darum bangen, in der Situation des fehlenden Nachwuchses für Pastorale Berufe alleingelassen zu werden, die aber bereit sind, wirklich Verantwortung zu übernehmen, dann wäre es nicht vorgekommen, so sehr Klerus und Laien gegeneinander zu stellen.

Hätten sie auf die vielfältigen Beratungswege der Diözesen, bis hin zu Synode gehört, wäre erkennbar geblieben, dass sehr viel Sorgfalt auf die Weiterentwicklung der Kirche verwendet wird.

Hätten sie auf die Bischöfe gehört, „die in der Pastoral wirklich Verantwortung tragen“, dann wäre kein so abwertender Text, der nur alte Positionen festschreibt, entstanden.

Schließlich: Hätten sie auf sich selbst gehört, auf das, was in den Kapiteln 1 bis 5 steht, hätte die Kapitel 6 bis 11 deutlich anders lauten müssen. Gerade die ersten Kapitel sprechen ja von der „Dimension der Gemeinschaft [… und einer] harmonische[n] Synthese der Charismen“ (1) und votieren für eine Öffnung auch bezüglich der Reformen (2). Sie sehen die Veränderungen der Kontakte der Christen in ihrer Beziehung zur Pfarrei aufgrund Mobilität und Digitalität (8) und erkennen, wie eine erneuerte Dynamik (11) ansteht. Sie wissen, dass der Dienst und die Sendung zusammen mit den Gläubigen wahrgenommen werden muss (13) und wehren der „Klerikalisierung der Pastoral“ (38).

Spätestens dann, wenn sie jedoch über die Hirtensorge schreiben, beginnt der Text skurril zu werden: Die Priester vor allem in Gemeinschaft mit Priestern (63) – damit sie ja nicht den „Geruch der Schafe“ annehmen. Lieber wird der Rückzug in die Herkunftsfamilie (65) gefördert, was sicher regressive Züge hat, statt mitten in der Welt zu leben. Ja nicht die pfarramtliche Autorität zu begrenzen, statt die priesterliche Berufung zu fördern. Auch die Diakone werden ausdrücklich den Religiosen und Laien übergeordnet (91), statt wirklich die Diakonie der Liebe und des Wortes stärker zu betonen. „Es ist notwendig, dass heute alle Laien einen großzügigen Einsatz für den Dienst an der missionarischen Sendung leisten vor allem durch das Zeugnis des täglichen Lebens, das in den gewohnten Lebensbereichen und auf jeder Verantwortungsebene des Evangelium entspricht, und besonders durch die Übernahme ihnen entsprechender Verpflichtungen im Dienst an der Pfarrgemeinde“ (85). Da klingen sie schon wieder mit, die Einschränkungen. Nur nach der „ihnen entsprechenden Verpflichtung“ vor allem definiert und eingeschränkt durch den Pfarrer und vor allem nicht in eigenständiger Verantwortung dürfen die Laien wirken. Alles wird wieder auf Beratungsrollen zurückgeführt. 

Nicht dass alle Beratung fruchtlos wäre. Sie hätte die Kleruskongregation vor einer solchen Instruktion sicher bewahrt. Auch unsere verantwortlichen Bischöfe fühlen sich vor den Kopf gestoßen.