Bistum setzt sich für einen würdigen Umgang ein

Reliquien sind bis heute gefragt

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Reliquienverehrung ist ein heikles Thema. Immerhin war es einer der Auslöser für die Reformation. Und es wurde in der Geschichte viel Schindluder damit getrieben. Trotzdem setzt sich das Bistum ein für einen würdigen Umgang.


Ein winziger Knochensplitter des heiligen
Godehard ging gerade nach Passau. Pastor
Peter Pollmann hat die Reliquie mit Brief
und Siegel vorbereitet. | Fotos: Stefan Branahl

Die aktuelle Anfrage kommt aus dem Bistum Passau. Eine Gemeinde wünscht sich für ihre Kirche eine Reliquie von Godehard. Kein Problem, immerhin ist Godehard einer der frühen wichtigen Bischöfe Hildesheims. Er starb 1038 und wurde knapp hundert Jahre später heilig gesprochen. In der ihm zu Ehren erbauten Basilika St. Godehard werden seine sterblichen Überreste aufbewahrt. Pastor Peter Pollmann kann mit einem Knochensplitter Godehards dienen. Er wird, beglaubigt mit einer Art Echtheitszertifikat, demnächst verschickt. Godehard ist gefragt, Anfragen kamen zuletzt aus Rom und Ungarn. Auch Oliver Plunkett wird immer wieder mal gewünscht. Der irische Verfechter des Katholizismus unter Oliver Cromwell wurde 1681 hingerichtet, ein Teil seiner Gebeine ruhen im Kloster Lamspringe bei Hildesheim.

Das Beispiel der Märtyrer sollte Kraft geben

Es geht um die Verehrung von Überbleibseln (lateinisch: reliquieae) des Leichnams bedeutender Menschen. Das findet sich in vielen Religionen, vor allem auch im Christentum. Christen versammelten sich in frühen Zeiten am Todestag am Grab eines Menschen, der für seinen Glauben hingerichtet worden war. Sein Beispiel sollte Kraft geben. Je weiter sich das Christentum ausbreitete, umso schwieriger wurde es, diesen Brauch aufrecht zu erhalten. Man versuchte, einen Teil des Toten, die Reliquie, dorthin zu bringen, wo sie ohne großen Aufwand verehrt werden konnte, vor Ort also. Das führte zu Auswüchsen, die der katholischen Kirche bis heute angekreidet werden: Während der Kreuzzüge beispielsweise wurde das Heilige Land als Fundort von Reliquien geradezu ausgebeutet. Der Handel boomte, unlautere Geschäftspraktiken und offensichtliche Fälschungen gehörten zur Tagesordnung. Es gab also gute Gründe, dass Martin Luther vehement gegen diese Praktiken wetterte.
Trotzdem gibt es die Reliquien bis heute. Wie geht das Bistum Hildesheim damit um?

 


In einem Seitenraum des Doms werden jetzt alle
Reliquien, rund 600, aufbewahrt.

Alle Reliquien jetzt an zentraler Stelle

Seit der Sanierung des Doms sind sie in einem Seitenraum gleich in Altarnähe in zwei Schränken untergebracht. Ein Teil, etwa 300, wurde nach der Bombardierung Hildesheims unter dem Altar des Domes gefunden. Etwa ebenso viele tauchten später auf: In der Sakristei der Kapelle des Generalvikariats oder aus dem Nachlass von Priestern. Und Pastor Pollmann hat rund 70 Reliquien aus so genannten Altarsteinen gerettet. Weil nach dem katholichen Verständnis bis zur Liturgie­reform die Eucharistie auf den Gräbern der Märtyrer gefeiert wurde, legten die Priester diese Altarsteine auf die Tische von als Notkirche genutzten Gaststätten oder bei der Feier von Gottesdiensten im Zeltlager.

All diese Reliquien – zum Teil nur noch Staubpartikel – lagern jetzt beschriftet und katalogisiert  in den Regalen. „Ein würdevoller Umgang sollte uns selbstverständlich sein“, sagt Pollmann. Allerdings weiß er auch, dass den meisten dieser Brauch nichts mehr sagt.

Stefan Branahl