Frauenweihe bei den Altkatholiken

Seit 25 Jahren Priesterin

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Am Pfingstfest vor 25 Jahren wurden in der Altkatholischen Kirche die ersten beiden Frauen zu Priesterinnen geweiht. Angela Berlis ist eine von ihnen. Sie erzählt über den schwierigen Weg dorthin und die Folgen der Entscheidung.

Angela Berlis (links) und Regina Pickel-Bossau bei ihrer Priesterweihe.
Noch als Diakoninnen am Tag ihrer Priesterweihe: Angela Berlis (links) und Regina Pickel-Bossau. Angela Berlis ist heute Professorin am Institut für Christkatholische Theologie in Bern.

Sie haben 1981 in Bonn angefangen, Theologie zu studieren. Wollten Sie damals schon Priesterin werden?

Ja. Genauer gesagt, wollte ich Pfarrerin in einer Gemeinde werden. Allerdings war das damals noch nicht möglich, denn 1976 hatte die Altkatholische Internationale Bischofskonferenz (IBK) mit nur einer Gegenstimme erklärt, dass das Weiheamt Frauen nicht offenstehe. Glücklicherweise gab es aber diese eine Gegenstimme, die die Tür einen Spalt offenließ. Und außerdem gab es gleich Reaktionen in mehreren altkatholischen Kirchen darauf, vor allem zur Frage des Diakonats. 1981 beschloss die deutsche Bistumssynode, die Zulassung von Frauen zum Diakonat solle nochmal neu diskutiert werden.

Warum gerade das Diakonat?

Weil es im frühen Christentum Diakoninnen gab, und für die Theologie unserer Kirche ist die Verankerung in der Alten Kirche entscheidend wichtig. 1982 entschied die IBK, einen Ständigen Diakonat für Männer und Frauen einzuführen. 1988 bin ich dann zur Diakonin geweiht worden.

War das für Sie der erste Schritt  hin zur Priesterweihe?

Ja, obwohl ich gerne Diakonin war und dieses Amt für einen wichtigen Dienst halte. Aber ich habe immer gesagt: Ich bin eine Durchgangsdiakonin.

Vom Diakonat bis zum Priesteramt hat es noch acht Jahre gedauert. Warum so lange?

Weil es nochmal eine ganz eigene Diskussion war. Sie war schwieriger,  auch deshalb, weil man sich, anders als beim Diakonat, nicht so ohne weiteres auf die  Verankerung in der Tradition berufen konnte. Wir mussten unseren Schritt in ganz anderer Weise begründen, auch unseren ökumenischen Partnern gegenüber.

Wie war diese Zeit für Sie?

Schwierig. Ich habe nach der Diakonenweihe in einer niederländischen Gemeinde gearbeitet. Die Gemeindemitglieder wurden fragt, ob sie sich vorstellen könnten, eine Kaplanin zu bekommen, und sie haben gesagt: „Wenn sie es gut macht, warum nicht?“ Ich kann mich auch erinnern, dass mich Leute fragten: „Und wann feiern wir jetzt eigentlich deine Priesterweihe?“ 1991 bin ich wieder an die Uni gegangen und das war für mich doppelt gut: Ich musste erstens nicht in der täglichen Arbeit spüren, dass ich noch keine Priesterin sein durfte. Und ich konnte zweitens wissenschaftlich an der Frage arbeiten und beitragen, dass es künftig möglich würde.

Hat die Entscheidung aus Ihrer Sicht zu lange auf sich warten lassen?

Im Nachhinein kann ich sagen: Es hat einfach seine Zeit gebraucht. Natürlich gab es unterschiedliche Meinungen. Das Thema wurde auf mehreren Synoden diskutiert, es gab Veranstaltungen, wo die verschiedenen Positionen ins Gespräch kamen. Wichtig ist mir, dass man am Schluss theologisch verantwortet gesagt hat: Ja, wir gehen diesen Schritt. Persönlich fand ich es streckenweise schon schwierig. Immer dann, wenn vor allem Männer zu wissen meinten, warum es Frauen guttäte, nicht ordiniert zu werden und sie es mit hanebüchenen Argumenten untermauerten. Wir haben auch in unserer Kirche viel an überholten Frauenbildern abgearbeitet.

Waren die Frauen sich einig?

Das war damals auch eine seltsame Erfahrung: Die Erwartung, dass Frauen sich einig sein müssen, und wenn sie es nicht sind, dann werden sie gegeneinander ausgespielt. Frauen hatten natürlich unterschiedliche Meinungen, genauso wie Männer.

Wo galt die Zulassung zum Amt eigentlich? Weltweit?

Es war allen klar, dass eine solche Frage am besten auf einem ökumenischen Konzil beschlossen würde, aber klar war auch, dass das nicht so schnell kommen wird. Deshalb musste die Frauenordination theologisch begründet und verantwortungsvoll aus dem Gewissen gehandelt werden.  Am Ende sind die Ortskirchen unterschiedliche Wege gegangen oder sie sind sie unterschiedlich schnell gegangen. Polen zum Beispiel hat bis heute keine Priesterinnen, in Tschechien gibt es lediglich Diakoninnen. Und ich glaube, dass das auch richtig ist, dass Ortskirchen das für sich entscheiden, denn es sind eben nicht alle Länder gleich.

Gab es wegen der Frauenweihe auch Abspaltungen?

Ja. Die amerikanische Kirche hat die Frauenordination grundsätzlich abgelehnt und ist 2003 aus der Utrechter Union ausgetreten. Allerdings war die Ordination nur die Spitze des Eisbergs; man hatte sich auch in anderen Fragen, etwa der Auslegung von Bibel und Tradition, schon weit voneinander entfernt. Aber es war doch sehr schmerzhaft.

Und die Reaktionen innerhalb Deutschlands?

Es gab einzelne Gläubige, die ausgetreten sind. Oder die gesagt haben: Ich gehe in eine andere Gemeinde. In den Niederlanden wurde es eine Zeitlang angekündigt, wenn eine Priesterin den Gottesdienst hielt – aber das wurde irgendwann wieder eingestellt. Für Deutschland muss man sagen, dass es schnell normal wurde. Wobei auch bei manchen, die die Entscheidung vom Verstand her richtig fanden, das Herz noch nachkommen musste.

Gab es danach eigentlich einen Priesterinnenboom?

Nein. Ich habe damals das Priesterseminar in Bonn geleitet, und manche haben gedacht, jetzt rennen uns die Frauen die Bude ein – auch die römisch-katholischen Theologinnen. Aber so war es natürlich nicht. Manche Frauen haben sich erkundigt, haben sogar mit dem Studium angefangen und sich dann doch anders entschieden. Die eigene Berufung zu finden und ihr zu folgen, ist ein langer Weg. Er wird nicht leichter, wenn er ganz neu ist und es auch Widerstand gibt. Aber ich muss auch sagen: Widerstand hat mich immer starkgemacht, da er mir bei wichtigen Entscheidungen in meinem Leben geholfen hat, meinen eigenen Weg zu finden.

Interview: Susanne Haverkamp