Spendenaktion für Ukraine
„Sie sollen nicht vergessen sein“
Bevor die vier ehrenamtlichen Malteser im März 2022 mit dem Hilfstransport an die polnisch-ukrainische Grenze reisten, empfingen sie den Reisesegen von Prälat Christof Steinert. (Foto: Malteser Fulda)
Viele Menschen in der Ukraine stehen vor dem Nichts. Angst und Trauer sind ständige Begleiter in einem Alltag, der keiner mehr ist. Angesichts des nahenden Winters wird in Fulda wieder für die Binnenflüchtlinge in der Ukraine gesammelt: Die Hilfsallianz aus Bistum, Caritas und Maltesern ruft bei der Aktion „Den Mantel teilen!“ zum Spenden warmer Winterkleidung auf. Diese wird ins westukrainische Iwano-Frankiwsk gebracht und von der dort ansässigen Caritas verteilt.
Wenn Eva-Maria Reith in diesen Tagen beim „Mantel teilen“ hilft, holen sie Erinnerungen an eine Reise vor über zwei Jahren ein. Damals begleitete die 38-jährige Ortsbeauftragte des Malteser Hilfsdienstes im März 2022 den allerersten Transport mit Sachspenden. Reith lebt in Petersberg im Landkreis Fulda, war schon mit zwölf Jahren bei der Malteser Jugend aktiv. Heute arbeitet sie haupt- und ehrenamtlich für den Hilfsdienst. Beruflich als Sanitäterin im Rettungsdienst, in ihrer Freizeit als Ortsbeauftragte in der Ortsgliederung Hofbieber.
Eine Fahrt ins Ungewisse
„Vor der Abfahrt hat uns Prälat Christof Steinert noch einen Reisesegen erteilt und jedem eine Christophorusplakette mitgegeben“, erinnert sich Reith. „Das war sehr bewegend. Damals hatte der Krieg ja gerade erst begonnen. Wir wussten nicht, was am nächsten Tag passieren würde und wie sich alles entwickelt. Darum sind wir schon mit einem sehr mulmigen Gefühl losgefahren.“ Gemeinsam mit den drei anderen Ehrenamtlichen Johannes Gutgesell, Siegfried Schneider und Karl Fritsch machte sie sich dennoch auf den Weg. Im Gepäck hatten sie vor allem Verbandsmaterial, haltbare Lebensmittel, Medikamente und Pflegeartikel für Babys und Senioren. Die Hilfsbereitschaft in ihrem Heimatort sei damals sehr hoch gewesen: „Manche kamen mit einem Anhänger voll Sachen zu unserer Sammelstelle. Jeder hat nach seinen Möglichkeiten geholfen.“
150 000 Binnenflüchtlinge
Auf Umwegen und mithilfe des polnischen Zolls konnten Reith und ihr Team nach zweitägiger Reise die ersten Spenden im polnischen Tomaszów-Lubelski abgeben, das nahe der ukrainischen Grenze liegt. Von dort wurden sie ins 230 Kilometer entfernte Iwano-Frankiwsk zur Caritas gebracht.
Natalia Kozakevych ist die Geschäftsführerin der Caritas in Iwano-Frankiwsk. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs hätten bis heute „über 150 000 Binnenvertriebene in der Region Unterstützung und Zuflucht“ gesucht, schreibt Kozakevych mit ihrem Dolmetscher auf Anfrage des Katholischen Magazins. „Obwohl Iwano-Frankiwsk selbst nicht im direkten Kampfgebiet liegt, stehen die Menschen aufgrund der allgemeinen Instabilität im Land unter psychischem Druck. Nach wie vor kommen Menschen in die Stadt, die ihr Zuhause verloren haben oder unter den Feindseligkeiten leiden.“
Reith und ihr Team waren froh, helfen zu können. Doch gleichzeitig waren sie sehr bedrückt. Die Ehrenamtliche erinnert sich an die polnischen Helfer, mit denen sie bei der Abgabe Kontakt hatte. „Durch mein Ehrenamt habe ich schon oft Menschen gesehen, die Angst haben. Das ist aber kein Vergleich. Diese Menschen haben sich ausgeliefert gefühlt.“ Sie habe sich damals mit dem Versprechen von ihnen verabschiedet, für sie zu beten.
Seither sind viele Lkw mit Spenden aus Fulda in die Ukraine gefahren. Inzwischen übernimmt eine Spedition die Aufgabe und fährt direkt bis Iwano-Frankiwsk. Die Verteilung der Sachen würde durch Vorregistrierung oder persönlichen Kontakt organisiert, berichtet Natalia Kozakevych. Die Menschen können etwa die Caritas-Hotline anrufen und sagen, was sie benötigen. Wenn ein Transport mit den notwendigen Hilfsgütern kommt, rufen die Caritas-Mitarbeiter die betroffenen Menschen an. „Das Team der Caritas Iwano-Frankiwsk ist aufrichtig dankbar für die langfristige Zusammenarbeit und die Opferbereitschaft der Partner“, sagt Kozakevych. „Die Unterstützung der Caritas Fulda ist ein wichtiges Zeugnis der Solidarität.“
Eva-Maria Reith wünscht sich mehr davon. „Die Hilfsbereitschaft ist nach über zwei Jahren Krieg sehr zurückgegangen“, sagt sie. „Vielleicht müssen wir als Hilfsorganisationen noch viel mehr über die Situation der Menschen sprechen. Wir wissen, was die Menschen vor Ort brauchen, bereits kleine Spenden helfen.“ Sie selbst will sich weiter für die Ukrainer engagieren: „Ich möchte den Menschen dort das Gefühl geben, nicht vergessen zu sein.“
Mehr Informationen zu Sach- und Geldspenden für die Aktion „Den Mantel teilen!“ der Ukraine-Hilfs-AG im Generalvikariat Fulda unter www.bistum-fulda.de