Pilgern in der Corona-Krise
So geht Wallfahrt digital
Wegen der Corona-Krise fallen viele Wallfahrten dieses Jahr aus. Ein Jugendverband aus Bamberg hat seine Kinder- und Jugendwallfahrt deshalb ins Internet verlegt. Gepilgert sind die Teilnehmer trotzdem.
„Dieses Jahr mussten wir unsere Wallfahrt mal komplett neu denken“, sagt Katharina Niedens. Sie ist ehrenamtliche Vorsitzende des Diözesanverbands Bamberg des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Seit 16 Jahren veranstaltet der Verband die Kinder- und Jugendwallfahrt „JuWall“, die normalerweise einmal jährlich stattfindet. Doch in diesem Jahr ging es dem BDKJ Bamberg, wie es vielen Gemeinden und Verbänden in Deutschland gerade geht: Wegen der Corona-Krise sind Großveranstaltungen bis August verboten. Zahlreiche Wallfahrten können daher nicht stattfinden – zumindest nicht wie gewohnt.
Einen Monat vor dem Termin musste das Team der JuWall deshalb plötzlich umdenken – und etwas Neues ausprobieren. Einfach ausfallen lassen sei für sie keine Option gewesen, sagt Niedens, die im Organisationsteam für die Wallfahrt ist. Verschieben ging aber auch nicht – zu groß war die Sorge, die JuWall zwischen all den nachgeholten Veranstaltungen dann nicht mehr unterzukriegen. Also verlegten sie sie ins Internet – und fanden heraus, dass sich das auch für die Zukunft lohnen kann.
Die digitale Wallfahrt zu planen, sei gar nicht so aufwendig gewesen, sagt Niedens. Zweieinhalb Wochen vor dem Termin begannen sie per Videokonferenz mit den Vorbereitungen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Impulse für die Stationen der eigentlich geplanten Fußwallfahrt schon fertig. Das Team entschied, sie auf Video aufzuzeichnen. Besonderes Equipment brauche man dafür nicht, sagt Niedens. Das meiste hätten sie einfach mit Handykameras aufgenommen.
Klar war außerdem, dass der Auftakt und der Abschlussgottesdienst live im Internet übertragen werden sollten, sagt Niedens: „Aber wir haben uns gefragt: Wie kann man es so gestalten, dass es nicht einfach ein Online-Gottesdienst ist, sondern trotzdem Wallfahrtscharakter hat?“
Die Lösung: Zwischen Auftakt und Abschlussgottesdienst wurden die Teilnehmer mit einem Auftrag nach draußen geschickt. Passend zum Motto der Wallfahrt „zuFrieden“ sollten sie eine kleine Wanderung vor ihrer Haustür unternehmen und dabei eine gebastelte Friedenstaube in der Natur aufhängen. Währenddessen bekamen sie die Videoimpulse auf ihr Handy geschickt.
Ob wirklich alle Teilnehmer gewandert sind, weiß Niedens nicht. „Es gab Leute, die die ganze Zeit gepilgert sind. Andere haben geschrieben, dass sie die Friedenstaube einfach in ihrem Garten aufgehängt haben“, erzählt sie. Letztendlich sei es aber auch gar nicht drauf angekommen, wer wie weit läuft. Das sei der Vorteil einer digitalen Wallfahrt: Jeder kann mitmachen, auch diejenigen, für die es normalerweise nicht möglich ist, die kilometerlange Wallfahrtstrecke mitzulaufen. „So ist mehr Inklusion möglich“, sagt Niedens.
„Ein Zeichen, dass es trotzdem funktioniert“
Im Vergleich zu einer herkömmlichen Wallfahrt hätten sich die Teilnehmer außerdem viel stärker einbringen können. So konnten sie zum Beispiel während des Abschlussgottesdienstes, der live auf Youtube übertragen wurde, im Chat ihre Gedanken zu den Texten schreiben oder ihre eigenen Fürbitten formulieren.
Niedens sagt, sie sei zuerst skeptisch gewesen, ob die Leute wirklich etwas schreiben – aber sie habe schnell gemerkt, dass diese Möglichkeit gut wahrgenommen wurde. Vermutlich auch, weil das leichter ist, als bei der richtigen Wallfahrt vor 200 Leuten ins Mikrofon zu sprechen, schätzt sie: „Online traut man sich eher, seine Gedanken zu schreiben, weil es anonymer ist.“
Genau das hat allerdings auch Nachteile. Denn trotz aller digitalen Kontaktmöglichkeiten: Das Wallfahrterlebnis war in diesem Jahr ein anderes. Sich zwischendrin zu unterhalten oder neue Leute kennenzulernen, ist digital nicht möglich. „Und es fehlt einfach dieses Gefühl, dass man sich gemeinsam auf den Weg macht“, sagt Niedens. Dennoch sei ein Gemeinschaftsgefühl da gewesen: zum Beispiel dadurch, dass alle Fotos ihrer gebastelten Friedenstauben geschickt haben, die dann auf Facebook und Instagram hochgeladen wurden. „So sieht man, dass man nicht alleine mitmacht“, sagt sie.
Außerdem hätten sie online Leute erreicht, die die Wallfahrt vorher noch nicht kannten oder an dem Termin keine Zeit hatten. Einige hätten geschrieben, dass sie die JuWall verpasst haben – und gefragt, ob sie sie irgendwo nachschauen können. Sie können die Videos mit dem Impulsen und den Gottesdienst weiterhin im Internet finden.
Insgesamt haben rund 20 Leute die digitale Wallfahrt organisiert und die Chats betreut. Für die Zukunft wollen sie auf jeden Fall einige digitale Elemente beibehalten und die Veranstaltung für alle, die nicht mitlaufen können, im Internet begleiten, sagt Niedens. Gemeinden, die ihre Wallfahrt wegen der Corona-Krise absagen mussten, rät sie auf jeden Fall dazu, sie digital stattfinden zu lassen – sofern das technisch möglich ist. „Gerade jetzt ist die Wallfahrt wichtig, um den Zusammenhalt zu stärken“, sagt sie. „So kann man ein Zeichen setzen, dass es trotzdem funktionieren kann.“
Sandra Röseler