Film „Gelobt sei Gott“ über sexuellen Missbrauch im Erzbistum Lyon

„Täter sollen zur Tat stehen“

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Vor dem offiziellen Kinostart wurde in Berlin der Film „Gelobt sei Gott“ gezeigt, der sexuellen Missbrauch im französischen Erzbistum Lyon thematisiert. Im anschließenden Gespräch ging es um Hilfe für die Opfer und Prävention.

Katrin Visse im Gespräch mit Stefan Förner (links) und Burkhard Rooß.    Foto: Cornelia Klaebe

 

Die Kinoleinwand wird dunkel, der Abspann läuft. Das Publikum ist ganz ruhig. Noch eine Weile bleibt es still, bis einige beginnen zu klatschen. Der Film, den die gut 250 Zuschauer im größten Saal des Filmtheaters am Friedrichshain gerade gesehen haben, ist so großartig wie er sprachlos macht. Die Katholische Akademie und das Erzbistum Berlin haben – vor dem offiziellen Kinostart – einen Spielfilm gezeigt, der tatsachengetreu erzählt, wie der Missbrauchsskandal der Kirche in Lyon gegen alle Widerstände aufgeklärt wird.
 

Geschichte, Figuren und Zitate sind real
Dabei sind die Hauptfiguren Ale­xandre und François realen Menschen nachempfunden, der dritte Protagonist Emmanuel eine Zusammenschau verschiedener Personen. Das erklärt Josef Lederle, Chefredakteur des katholischen Filmkritik-Portals filmdienst.de, im Anschluss. Auch die Geschichte, wie der Familienvater Alexandre nach und nach entdeckt, dass der Priester, der ihn als jungen Pfadfinder regelmäßig missbrauchte, noch immer mit Kindern arbeitet, sei real. Briefwechsel und Gespräche mit dem Kardinal, der Missbrauchsbeauftragten der Diözese und dem Täter gibt der Film mit Originalzitaten wieder – bis hin zu dem unerhörten Satz des Kardinals, der dem Film seinen Titel gab: Die Taten des Priesters Preynat seien, „gelobt sei Gott“, alle verjährt. Alexandre, François und Emmanuel und viele weitere Opfer des Priesters wollen sich nicht damit abfinden, dass er möglicherweise, statt zur Rechenschaft gezogen zu werden, weiter Kinder missbraucht.
Gebannt haben die Zuschauer den 137 Minuten langen Film verfolgt, an Stellen, die besonders absurd oder höhnisch scheinen, bitter gelacht. Im Anschluss verfolgt das Publikum mit ebensolchem Interesse die Filmgespräche, die Katrin Visse, Referentin der Katholischen Akademie und Mitorganisatorin des Abends, führt.
Erika Kerstner von der ökumenischen Initiative „GottesSuche – Glaube nach Gewalterfahrung“ arbeitet seit fast 20 Jahren mit Opfern sexuellen Missbrauchs. Sie betont, der überwiegende Wunsch der Opfer sei, „der Täter möge zu seiner Tat stehen und um Vergebung bitten“. Dieser Wunsch werde oft nicht erfüllt. Kerstner weist darauf hin, dass in der katholischen Messe ein „Gegengewicht“ zum Schuldbekenntnis fehle: Die Möglichkeit zu sagen, dass man unter einem anderen leidet. Im Gotteslob seien die Psalmen, die entsprechende Erfahrungen aufgreifen, „entschärft“. Ihrer Erfahrung entspricht auch, dass im Film viele Opfer wegen der Kinder die Kraft finden, ihr Schweigen zu brechen: Sie haben den Wunsch, dass anderen Kindern nicht das gleiche passiert wie ihnen.
 

Förner: „Im Zweifel für den Kinderschutz“
Viele Opfer, sagte Kerstner, litten vor allem auch unter der Reaktion, wenn sie ihr Schweigen brechen: Es werde entweder gar nicht reagiert oder mit Vorwürfen, „in den alten Geschichten herumzurühren“. Viele litten jedoch langfristig unter Beeinträchtigungen: Neben die psychischen Folgeschäden, aufgrund derer das normale Leben immer wieder mit Therapien unterbrochen werden müsse, treten auch körperliche wie Rückenschmerzen oder Zahnleiden.
Im Anschluss bittet Visse den Pressesprecher des Erzbistums, Stefan Förner, und den Präventionsbeauftragten Burkhard Rooß zum Gespräch. Förner, der auch Mitglied des Beraterstabs zum Umgang mit sexuellem Missbrauch ist, sagt, die Devise des Erzbistums laute „Im Zweifel für den Kinderschutz“. Im Erzbistum seien Priester, bei denen eine Gefährdung des Kindeswohls zu befürchten war, „aus dem Dienst entfernt“ worden. Außerdem seien der Staatsanwaltschaft die einschlägigen Akten übergeben worden. Den Priester Peter R., der kirchenrechtlich wegen Missbrauchstaten am Canisius-Kolleg verurteilt wurde, treffe die kirchliche Höchststrafe: Die Entlassung aus dem Klerikerstand. Die Kirche sei, so Förner, angewiesen auf die Unterstützung der Betroffenen, wenngleich Zeugenaussagen erforderten, dass die Opfer das Missbrauchsgeschehen erneut durchleben.
Burkhard Rooß, seit 2012 Präventionsbeauftragter des Erzbistums, sagte: Wenn Kinder komische Bemerkungen machten, die man nicht einordnen könne, und plötzliche Verhaltensänderungen zeigten, sollten Erwachsene aufmerksam werden. Es müsse zwar nicht Missbrauch vorliegen, jedoch sollte der Grund solch einer Aussage hinterfragt werden.
Im Anschluss an die Veranstaltung standen Mitarbeiterinnen der Präventions-Fachstelle „Strohhalm“ für Gespräche bereit.

Der Film „Gelobt sei Gott“ wird ab dem 26. September in deutschen Kinos gezeigt. Der Verein „La parole libérée“, im Film „Das gebrochene Schweigen“, findet sich unter: www.laparoleliberee.fr

Von Cornelia Klaebe
 

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