Wie bewerten Firmlinge ihre Vorbereitung?

Und? Wie wars?

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Viel Vorbereitung, tolle Aktionen, ein schöner Gottesdienst – und trotzdem sind Jugendliche nach der Firmung nur selten in der Kirche. War also die Katechese schlecht? Patrik Höring fragt genau das Jugendliche im Erzbistum Köln.

Foto: kna/Harald Oppitz
Ein Erinnerungsfoto und das war’s? Jugendliche nach ihrer Firmung mit dem Kölner Weihbischof Ansgar Puff.

Patrik Höring kennt einen alten Witz über zwei Pfarrer, die sich über die Fledermäuse im Kirchturm unterhalten: „Wenn du sie loswerden willst, dann musst du sie nur firmen“, sagt der eine Priester zum anderen. Der Witz beschreibt das, was viele Gemeindemitglieder, aber auch Haupt- und Ehrenamtliche über die Firmung denken. Wirklich lachen können Priester, Pastoral- oder Gemeindereferenten und Firmkatecheten darüber aber nicht. Sie fragen sich: Wo bleiben die Jugendlichen nach der Firmung? Machen wir in der Vorbereitung einen so schlechten Job?

Patrik Höring ist Professor für Katechetik und Didaktik des Religionsunterrichts und arbeitet im Institut für Kinder- und Jugendpastoral des Erzbistums Köln. Den Frust von Firmkatecheten hat er oft erlebt. „In Bezug auf die Firmung fehlt immer noch die empirische Forschung, die fragt: Was denken die Beteiligten?“, sagt Höring. Um wissenschaftlich fundierte Antworten geben zu können, entwickelte er mit seinem Team einen Fragebogen. Mittlerweile haben sie rund 500 Jugendliche vor und nach der Firmvorbereitung und 30 Katecheten befragt. Die ersten Zwischenergebnisse liegen vor.

„Das Feedback der Jugendlichen ist durchweg positiv und wertschätzend“, sagt Höring. „Viele berichten von einer guten, offenen Atmosphäre. Sie sagen, dass es sich gelohnt habe zu kommen und dass sie es auch anderen Jugendlichen empfehlen würden mitzumachen.“ Mehrheitlich fühlen sich die Jugendlichen in ihrem Glauben bestärkt und sagen, dass sie mehr über Gott erfahren haben.

„Wenn wir dann aber tiefer nachfragen, etwa zum Gottesbild oder zu ihren Einstellungen zu Kirche und Glaube, dann gibt es keine sprunghaften Veränderungen“, sagt Höring. Das Interesse daran bleibe eher auf dem Level, auf dem es zu Beginn der Firmvorbereitung gewesen ist. „Wenn man gehofft hat, dass die Firmung ein Turbolader ist, und nach der Vorbereitung die Jugendlichen zu 100-prozentigen Christen werden, dann wird man enttäuscht“, interpretiert Höring die Ergebnisse.

Er vermutet, dass die Erwartungen der Hauptamtlichen und der ehrenamtlichen Katecheten an die Firmung zu hoch sind. „Wir können nicht erwarten, dass die Bereitschaft der Jugendlichen, in der Gemeinde mitzuarbeiten, sich auf einmal verdoppelt. Welches junge Mädchen würde ernsthaft in die Frauengemeinschaft eintreten? Welcher junge Mann würde in einen Kirchenchor gehen, dessen Durchschnittsalter bei 60 Jahren liegt?“, sagt Höring. „Das Problem sind unsere Erwartungen, die Situation der Gemeinden und nicht eine mangelhafte katechetische Praxis.“

Dabei zeigen die Ergebnisse der Befragungen vor der Firmvorbereitung, dass die Jugendlichen sich mehr Kontakt zur Kirchengemeinde wünschen. „Das hat mich sehr überrascht“, sagt Höring. „Mir scheint, dass sie der Gemeinde und so der Kirche noch einmal eine letzte Chance geben wollen: Wir kommen, aber jetzt erwarten wir auch ein paar Antworten.“ Das sei ein Risiko für die Gemeinden, aber auch eine Chance. „Die Jugendlichen kommen nicht wegen ihrer Eltern oder Großeltern, sondern weil sie etwas erfahren wollen. Da müssen wir liefern“, sagt Höring.

Der Erfolg hängt von den Katecheten ab

Eine Schlüsselrolle haben dabei die Katecheten. Sie werden in den Befragungen immer wieder gelobt. „Sie werden als interessante und gut vorbereitete Leute wahrgenommen, von denen man noch etwas lernen konnte“, sagt Höring. Der Erfolg der Firmvorbereitung hängt entscheidend von den Katecheten ab. Deshalb müssten die Gemeinden noch mehr Wert auf eine gute Begleitung und eine geistliche und theologische Vorbereitung der Katecheten legen, sagt Höring.

Oder sie wagen einen ganz anderen Ansatz: „Ich halte es für zielführend, die Rolle der Katecheten hin zu einer Mentorenschaft weiterzuentwickeln“, sagt Höring. Die Katecheten seien dann weniger Moderatoren und Animateure, sondern würden zu Glaubenszeugen. Die Erzbistümer Köln und Bamberg haben das in einigen Gemeinden bereits ausprobiert, die österreichische Diözese Feldkirch empfiehlt die Mentoren-Teams explizit.

Höring hat das Konzept als Katechet ausprobiert und einen jungen Mann begleitet. Er zieht Parallelen zu einem Schüleraustausch: „Ich habe mich gefragt, was ich mit ihm machen würde, wenn ich ihm zeigen sollte, wie man in Deutschland lebt. Genauso müsste es doch gehen, wenn jemand entdecken will, wie Glaube geht.“ Höring hat dem Firmling gezeigt, was zu seinem Leben gehört: seine Arbeit, seine Hobbys, sein familiärer Alltag, sein geistliches Leben. „Der Glaube ist ja günstigenfalls keine Sonderwelt, sondern etwas, das ich in meinem Leben integriert habe“, sagt Höring. Gespräche über Religion hätten sich ganz automatisch ergeben. „Diese Form der Firmvorbereitung berücksichtigt stärker, dass es in der Katechese weniger um Kenntnisse, sondern mehr um das Erlernen einer Lebenspraxis geht.“

Und was sagen die Jugendlichen dazu? Die halten manchmal den Kontakt zu ihren Mentoren über die Firmung hinaus. Höring weiß von Fällen, in denen die Jugendlichen sich Monate oder Jahre nach der Firmung bei ihrem Mentor meldeten, weil eine Frage aufgetaucht war, die sie mit ihren Eltern, Taufpaten oder Gleichaltrigen nicht besprechen wollten oder konnten. „Mentoren können dann eine Vertrauensperson für den Jugendlichen bleiben“, sagt er.

Kerstin Ostendorf