Rücktritt von Prälat Hubertus Zomack

Vom Bier zum Brevier

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Prälat Hubertus Zomack war bei drei Bischöfen Generalvikar und zwei Mal Diözesanadministrator. Darüber hinaus hatte er weitere verantwortungsvolle Ämter inne. Vom letzten, als Erster Vorsitzender der Caritas, tritt er nun zurück.

Am Grab der Heiligen Hedwig in Trebnitz: Prälat Hubertus Zomack, am 26. August 2011 Dompropst und Diözesanadministrator, beim Treueeid von Wolgang Ipolt, zwei Tage vor seiner Bischofsweihe. | Fotos: Raphael Schmidt.
 
Welche Zeit als Priester war die schönste? – und warum?
 
Die schönste ist die Zeit als Pfarrer gewesen. Ich war ja nur in einer Pfarrei Pfarrer, darum habe ich keinen Vergleich. Warum? Es war fast alles da, was für die Seelsorge unter DDR-Bedingungen wichtig war. Und es war eine sehr interessante Zeit, von 1976 bis 1993.
 
Im Schiff der Kirche – mit ruhiger oder stürmischer See –  haben Sie Jesus im Sturm gebeten, diesen zu beruhigen?
 
Ich bin kein ängstlicher Typ und kann bei Sturm im Boot noch schlafen. Wenn Jesus dabei gewesen wäre sowieso, aber auch sonst, nach der alten Devise: Es hilft doch eh nichts, sich aufzuregen.
 
Welche Stürme haben Sie erlebt? – was waren die stürmischsten Zeiten?
 
Die  stürmischste Zeit war das Pfarrerwerden, wo ich gleich in den ersten Tagen eine Breitseite bekam, wegen der Einteilung der Wohnung im Pfarrhaus. Da kommt ein 35-Jähriger nach einem 68-Jährigen. Ich habe mir erlaubt, mir ein extra Schlafzimmer und ein extra Arbeitszimmer zu nehmen, immerhin in der Wohnung des Pfarrers. Das war für einen Herrn vom Kirchenvorstand schon zu viel, weil in diesem Raum die Praktikanten wohnten. Wenn man dann nichtwissend zum Erzpriester beordert wird, das war damals schon stürmisch. Aus heutiger Sicht ist das Kleinkram. Generalvikar war stürmisch, mit Bischöfen unterschiedlicher Struktur – das war schon schwierig. Und als die Sparmaßnahmen begannen, als klar war, dass es so nicht weitergeht. Das Wenzeslaus-Stift war runter bis sonst was. Dort musste eine Million reingesteckt werden, beispielsweise für neue Betten, im Johannes-Haus musste ein  Fahrstuhl eingebaut werden und wir mussten an die Kirchen rangehen, ringsum.
 
Was waren Sie als Generalvikar – Steuermann?
 
Kapitän und Steuermann ist in unserem Bistum der Bischof. Ich war eher der Erste Offizier.
 
Wellenhügel, Wellentäler, raue oder glatte See, was ist besser?
 
Eine glatte See mochte ich nicht. Dabei gehören Wellenhügel und Wellentäler zusammen, mal geht es hoch, mal runter. Glatte See ist langweilig.
 
Bei drei Bischöfen waren Sie Generalvikar, zwei Mal Diözesanadministrator. Welchen Stellenwert hat Macht in der Kirche für Sie – und wie haben Sie Macht ausgeübt?
 
Macht sollte generell verantwortlich ausgeübt werden. Ich habe mich immer bemüht, gerecht zu sein. Ob ich es immer war, wird der liebe Gott beurteilen. Macht in der Kirche halte ich für wichtig – das Gegenteil ist Ohn-Macht. Man darf Macht nur nicht als Macht-Haber benutzen, sondern als einer, der einen Auftrag hat. Das Wort Macht mag ich dabei nicht. Es ist ein verantwortlicher Leitungs-Dienst. Wenn man den nicht ausübt, macht man Fehler und sich schuldig. In einem Bild lässt sich das besser ausdrücken: Ich habe mich wie ein Schäferhund gefühlt, der die Herde zusammenhalten muss, damit sie nicht auseinander bröselt. Beißen brauchte ich nicht, nur knurren.
 
Hubertus Zomack

Sie haben den ehrenwerten Beruf Bierbrauer gelernt. Warum sind sie nicht dabei geblieben?

 
Weil der liebe Gott dazwischen kam, ganz einfach. Ich wollte erst ins Kloster gehen, das war schwierig in der DDR. Mein damaliger Kaplan hat mich zum Rektor des Katecheten-Seminars geschickt, das war Gerhard Schaffran. Er hat mir den Weg nach Magdeburg gezeigt, zunächst zum Abitur. Ich bin froh, dass ich zwischendrin verliebt war. Mir ist vieles erspart geblieben. Wir haben damals gesagt: Diejenigen, die im dritten Semester mit dem Talar gehen, kommen im neunten mit dem Kinderwagen.
 
Brauchte es den Beruf vor dem Studium?
 
Einen großen Vorteil hatte mein Beruf, den ich in den Jahren von 1955 bis 1958 erlernt habe, weil es sich ergab. Mich konnte man handwerklich nicht austrixen, da ich selbst Transmissionsriemen flicken konnte.
 
Eine Zäsur war die Krankheit, 2005: Krebs. Was hat sich dadurch geändert, welche Erkenntnisse haben Sie gewonnen?
 
Die Zäsur war, mein Leben nicht mehr selbstbestimmt in der Hand zu haben. Die Ärzte übernahmen hauptsächlich die Regie. Ich bin mit der Einstellung zur Operation gegangen: Wenn Gott mich haben will, soll er. Ansonsten mache ich hier weiter. Ich soll danach geduldiger geworden sein, sagten Mitarbeiter im Ordinariat.
 
Wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten, was würden Sie anders machen?
 
Nicht viel! Manchen Ärger würde ich mir nicht mehr aufladen, der doch nichts brachte. Doch das weiß man halt nicht vorher. Insgesamt bin ich zufrieden, wie mein Leben gelaufen ist. Vor allem, dass ich 1961, als ich schwarz im Westen war, zurückgekommen bin. Das würde ich nie ändern wollen. Im Westen wäre ich wahrscheinlich nicht Priester geworden. Auch den Mund würde ich mir nicht verbieten lassen.  Ich habe immer meine Meinung gesagt, auch wenn es mir geschadet hat.
 
Sie sind bekannt als unruhiger Geist – als Macher: Welche Projekte in der verbleibenden „Restlaufzeit“ wollen Sie noch angehen? – Autobiografie schreiben?
 
Autobiografie? Ich denke nicht daran! Ich bin ein Mann der Vergangenheit und möchte das auch sein. Weitere Projekte verbietet ein neuer „Krebs“. Dennoch bin ich voller Hoffnung.

Interview: Raphael Schmidt

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