Ein Traum verändert sein Leben

Von Herzen bekehrt

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Viele Jahre hat ihn der christliche Glaube nicht sehr interessiert. Dann hat Jürgen Kendzia kurz vor einer Herzoperation einen außergewöhnlichen Traum. Dieser Traum verändert sein Leben.


Ortstermin in Corona-Zeiten: Jürgen Kendzia lebt mit seiner Familie seit mehr als zehn Jahren in Bad König im Odenwald. Das Gespräch mit ihm fand im dortigen Kurpark statt.

Mildes Licht breitet die Herbstsonne aus über die Wiesen um Bad König im Odenwald. Auf einer Weide lassen sich Ponys die wärmenden Strahlen aufs Fell scheinen. Ein paar Spaziergänger sind im Kurpark unterwegs.
Nur das Knirschen von Schotter unter den Schuhen untermalt die Stimme von Jürgen Kendzia.
Schon mit elf Jahren hatte er eine Herzoperation, erzählt der 59-jährige Gymnasiallehrer. Er wuchs in Ulm auf. Seine Eltern gaben ihm die „religiöse Grundausstattung“ mit. Auch Messdiener war er als Kind und Jugendlicher.
„Doch mit 16, 17 Jahren standen andere Interessen im Vordergrund. Mein Bezug zum Glauben ging verloren.“ Nach der Schule studierte er Philosophie, Französisch und Deutsch. „Die Abgeklärtheit der Philosophiestudenten hat mich anfangs beeindruckt“, sagt er. Glaube als Thema im Philosophiestudium? „Die Beschäftigung mit Gott empfand ich dort vor allem als Sprachanalyse“, erkennt Jürgen Kendzia im Rückblick. Was er damals bewunderte, schreckt ihn heute eher ab.
Vor 23 Jahren machte sich sein Herzproblem wieder bemerkbar. „Sie haben einen Herzfehler, der sofort operiert werden muss“, sagte der Kardiologe. „Damals hatte ich wirklich Angst“, gibt Jürgen Kendzia zu. In der Nacht, nachdem er die Diagnose erhalten
hatte, träumte er. „Wie soll ich es erklären“, sagt er mit fragendem Blick. „Es war ein Traum, der realer wirkte als die Realität.“ Er träumte von einer Marienstatue mit dem Jesuskind auf dem Arm, der er seine Hände entgegenstreckte. „Die Statue veränderte
ihre Farbe. Aus schwarzweiß wurde bunt, und Maria malte mir eine Landschaft in die Hände.“ Nein, keine Landkarte, „sondern so echt wie die Landschaft, die wir hier jetzt sehen“, bekräftigt er. „Da waren etwa Pflaumenbäume zu erkennen. Maria sagte – eine Stimme in mir sagte –: ,Steh auf und schreibe, was du gesehen hast.‘“ Der Schotterweg im Kurpark macht eine Biegung. Mäander eines Bachlaufs glitzern im Sonnenlicht. Ab und zu kommen Jogger entgegen. Was passierte nach dem Traum? Jürgen Kendzia erzählt weiter. Als er am Tag vor der Operation das Zimmer im Krankenhaus bezog, schlug ihm ein Geruch von Medikamenten entgegen. „Ich ging ans Fenster, um es zu öffnen. Als ich hinaussah, erkannte ich die Landschaft wieder, die mir Maria in die Hände
gemalt hatte.“ Jürgen Kendzia bleibt stehen und sucht nach Worten. „In diesem Moment fühlte ich mich von Gott getragen. Es war ein starkes Gefühl. Für ein paar Sekunden lang.“
Die Operation ging gut aus. Doch das Erlebte ließ Jürgen Kendzia keine Ruhe. Später bat er den Arzt, der ihn operiert hatte, um Auskunft über den Operationsverlauf. „Vor dem Arzt lag die Akte mit den Zeitabläufen. Der Arzt sagte: ,Der Eingriff war alles andere als einfach, der schwierigste in meinem Leben. Wir hatten Sie zweimal verloren.‘“
Jürgen Kendzia hatte seinen Traum damals gleich zu Papier gebracht. Heute ist er überzeugt, dass er die OP nicht überlebt hätte, wenn er den Traum nicht ernstgenommen hätte. Seit dieser Zeit begann ein Weg der Suche, beschreibt der Lehrer die weiteren Ereignisse. Die nächste Wegmarke folgte ein paar Jahre später. 1998 heiratet er seine Frau Julia, die aus Peru stammt. Ihren gemeinsamen Sohn nennen sie Pedro Maria – aus Dankbarkeit.
Der kleine Pedro Maria ist es 2003, der seinen Vater in einer Buchhandlung unabsichtlich zu einem Buch zu Marienerscheinungen und Botschaften der Gottesmutter führt. Jürgen Kendzia liest viel, beschäftigt sich mit Mariologie und setzt sich mit seiner Religiosität auseinander. „Die Sakramente sind mir seitdem sehr wichtig geworden.“ In seiner Gemeinde Johannes der Täufer in Bad König engagiert er sich, war zwölf Jahre im Pfarrgemeinderat. Zurzeit kümmert er sich um die Blumen im Altarraum.
„Zudem setze ich gerade etwas um, das mir am Herzen liegt: dass Gläubige einmal im Monat zur eucharistischen Anbetung in der Kirche zusammenkommen können.“
Seine „Begegnung mit Maria“ verarbeitet Jürgen Kendzia literarisch. Die Person der Gottesmutter scheint ihm von vielen unterschätzt. „Sie ist nicht nur die Frau, die Jesus geboren hat.“ Sie stelle die mütterliche Seite Gottes dar, „der wir uns verstärkt anvertrauen sollten“ und die die Welt heute mehr denn je braucht. „Maria ist die Mutter aller Menschen. Sie will die Herzen wie einen Magneten anziehen und zu Gott führen.“ Unter allen Zeichen, die Gott den Menschen schenkt, ist sie eines der stärksten, findet der Lehrer. Über sein eigenes Leben sagt er: „Maria hat mir den Kopf gewaschen.“

Anja Weiffen