Jauernicker Stiftskirche
Wackelnder Kirchtum wird saniert
Mit einem Kran wird die Kirchturmspitze der Stiftskirche in Jauernick abgehoben. Foto: Andreas Kresak |
Kurz nach 7 Uhr steht am 22. Juni der Kran-Gigant aufgebockt und standsicher auf dem Friedhof an der Stiftskirche Jauernick. Die 250 Kilogramm schwere Sankt Josef-Bronze-Glocke vom Turm zu heben, ist für den Kranführer Kinderspiel. Minuten später, kurz nach 7.30 Uhr, steht sie sicher auf der Ladefläche eines Transporters. In den kommenden Monaten wird sie eingelagert, denn der Turm der Stiftskirche muss saniert werden.
Schlechtes Wetter macht den Bauleuten Probleme
Der Kranführer richtet den Kranarm wieder auf. Immer wieder zieht er ihn ein, schiebt ihn wieder nach oben, bis alle Segmente ausgefahren, die exakte Länge ergeben. Die Vorbereitungsarbeiten dauern lange, denn der Kranhaken muss exakt über der Spitze des Turms stehen. Am Kranhaken hängen vier Ketten, daran werden später acht Haltegurte befestigt. Alles zusammen soll die knapp neun Meter hohe und immerhin dreieinhalb Tonnen schwere Turmspitze über die fast ebenso hohe Rüstung heben und neben der Kirche absetzen. Dazu ist bereits eine Art Käfig aus Rüststangen gebaut worden. Darin soll die Spitze – auch bei Sturm – sicher stehen – und am Boden saniert werden können.
Im Laufe der nächsten Stunden erleben die etwa 30 Schaulustigen, Bauverantwortlichen und das Bodenpersonal der Handwerker: fast nichts. Dafür arbeiten die Bauleute auf der Rüstung, in luftiger Höhe. Jeder Griff muss sitzen. Denn während des Abhebens, Schwenkens und Absetzens darf sich nichts lockern – im schlimmsten Fall droht der über 1000 Jahre alten Kirche der Totalschaden. Die letzten Gurte werden an den Ketten befestigt, da zwingen Starkregen und aufkommender Sturm die Bauleute, die Rüstung zu verlassen. Kurz nachdem sie wieder auf der Rüstung sind, werden die Haltegurte wieder abgenommen. Vier Meter fünfzig reichen nicht, bei den Sechs-Meter-Gurten befindet sich der Kranhaken über der Spitze. Die Zeit seit 7 Uhr hat auch der Kameramann des Mitteldeutschen Rundfunks genutzt. Neben Aufnahmen vom Boden aus startet er mehrfach eine Kamera-Drohne und filmt die Kirche von oben.
Wozu der ganze Aufwand? Wieso kann der Turm nicht vor Ort repariert werden? Auf diese Frage kennt Andreas Kresak, langjähriger Kirchenvorstand, Antworten: „Die Standsicherheit des Kirchturms ist nicht mehr gegeben. Drei von vier Traghölzern des Turms sind so morsch, dass sie ausgewechselt werden müssen. 13,5 Meter Kanthölzer des Turmschaftes müssen bis auf den Grund des Turms erneuert werden“. Das erklärt, warum ein Statiker bereits 2018 die Kirche wegen der Einsturzgefahr des Turms gesperrt hatte. Seitdem wird über die beste, vor allem kostengünstigste Sanierungsvariante diskutiert. Schließlich wurde diese Variante favorisiert.
Inzwischen hat der Kranführer die Ketten und Gurte leicht angespannt. Heben kann er die Spitze noch nicht, denn die geschmiedeten Stahlanker und weitere Halterungen müssen durchtrennt werden. An der Wertarbeit beißen sich Stahlsägen die Zähne aus und müssen gewechselt werden. Gegen 12 Uhr sind alle Sicherungen durchtrennt. Jetzt muss es klappen, ansonsten droht der Kirche eine Katastrophe. Und es klappt perfekt. Die Turmspitze schwebt und wird vom Kranführer sicher am geplanten Ort abgesetzt.
Unplanmäßig kam vor drei Jahren die Hiobsbotschaft. Für die Pfarrei ist die Gesamt-Sanierungs-Summe von derzeit geplant etwa 800 000 Euro nicht zu bewältigen. Für die momentanen Arbeiten sind bis zu 180 000 Euro fällig, die von der Görlitzer Pfarrei Heiliger Wenzel zu tragen sind, zu der die Kirche in Jauernick gehört. Pfarrer Roland Elsner treibt das Sorgenfalten ins Gesicht: „Für jede auch noch so kleine Spende ist die Pfarrei sehr dankbar.“ Als Erinnerung daran hat er die Turmkugel, deren Lack, die goldene Farbe, ab ist – und die Löcher hat, im Eingangsbereich der Pfarrkirche aufgestellt, gleich neben der Hobelbank vor der Skulptur des heiligen Josef des Arbeiters.
Weitere Infos im Internet: www.pfarrei-goerlitz.de/beginn-der-sanierung-des-kirchturms-der-stiftskirche-in-jauernick/
Von Raphael Schmidt