Anfrage
Wann wurde die Beichte erfunden?
Vor einiger Zeit schrieben Sie in einer Anfrage, dass zur Zeit Jesu die Beichte noch nicht erfunden war. Seit wann gibt es sie denn? R. H., Tönisvorst
Die Urgemeinde kannte die zeitweilige Ausschließung eines Sünders aus der Gemeinschaft, um ihn zur Umkehr zu bewegen. Das galt allerdings nur für Kapitalsünden wie Glaubensabfall, Mord oder Ehebruch; für die Buße alltäglicher Fehler hielt man Gebet, Fasten, Almosen und andere gute Werke für ausreichend.
Bald legte man für die Kapitalsünden ein Bekenntnis vor dem Bischof ab, der den Sünder in den Büßerstand aufnahm und eine Bußverpflichtung festsetzte. Die Bußzeit konnte mehrere Jahre dauern; die Wiederaufnahme fand durch Handauflegung am Gründonnerstag statt.
In den Mönchsgemeinden entwickelte sich dagegen in den ersten Jahrhunderten die sogenannte Laienbeichte: Man bekannte einem Mitbuder, der oft kein Priester war, seine Schuld und bat um sein Gebet. Die Bußzeit war deutlich kürzer als beim öffentlichen Bußverfahren.
Vom 6. Jahrhundert an kam es unter dem Einfluss irisch-schottischer Wandermönche, die fast alle Priester waren, zur Kombination der beiden Bußverfahren: Man beichtete einem Priester und bekam sofort die Lossprechung; das Bußwerk durfte im Anschluss daran vollbracht werden und wurde nach dem Verzeichnis der Bußbücher bemessen. Das kommt der uns bekannten Beichte schon sehr nahe.
Ab dem 9. Jahrhundert kam die Forderung auf, jeder müsse ein- oder auch dreimal im Jahr beichten. Das vierte Laterankonzil (1215) schließt diese Entwicklung ab durch die Vorschrift, dass jeder wenigstens einmal im Jahr seine Sünden beichten müsse. Seinen früheren öffentlichen Charakter hatte die Buße fast ganz verloren.
Das zementierte sich, als ab dem 16. Jahrhundert die Beichte vom Altarraum weg in einen geschlossenen Beichtstuhl verlegt wurde, wo der Beichtende durch ein Gitter vom Priester getrennt war. Seitdem reduzierte sich das ursprüngliche Zeichen der Handauflegung auf eine knappe Geste. Seit dem 13. Jahrhundert heißt die Gebetsformel „Ich spreche dich los ...“, vorher war die Lossprechung als Bitte an Gott formuliert.
Von Susanne Haverkamp