Zum Fest der heiligen Edith Stein am 9. August

Was wissen wir über Edith Stein?

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Zum Fest der heiligen Edith Stein am 9. August: Wie wird aus einer rationalen Philosophin eine kontemplative Ordensfrau? Aus der Hingabe an die Wissenschaft, die Hingabe an Gott? Ein bewegtes Leben, an dessen Ende der Tod im Gas stand.


Die zwei Leben der Edith Stein – als junge Wissenschaft-
lerin (re) und im Karmel (li). | Fotos: Wikimedia Commons

Wie war die Kindheit und Jugendzeit von Edith Stein?

Geboren wird Edith Stein am 12. Oktober 1891 in Breslau. Sie ist das jüngste Kind von Siegfried und Auguste Stein. Die Familie ist im jüdisch-orthodoxen Glauben und Kultur verwurzelt. Zehn weitere Kinder waren der Familie geboren, vier sind bereits vor der Geburt von Edith Stein verstorben. Auch ihr Vater, Besitzer eines Holzhandels, stirbt. Edith Stein ist zu diesem Zeitpunkt gerade ein Jahr alt. Die Mutter führt die Geschäfte weiter und ermöglicht ihren Kindern eine gute Schulausbildung. Bereits früh fällt Edith als überdurchschnittlich intelligent auf, sodass sie vorzeitig eingeschult wird. Auch in der Schule zeichnet sie sich durch besonders gute Leistungen aus.

Welchen Weg schlägt Edith Stein in der Schule und danach ein?

Sie verlässt vorzeitig das Lyzeum. Zwischenzeitlich finanziert ihre Mutter Privatunterricht, sodass sie aufs Gymnasium aufgenommen wird und dort 1911 ein sehr gutes Abitur ablegt. Ihre Sucht nach Wissen, ihre Hingabe an die Wissenschaft, ihre Eigenwilligkeit lässt sie mehr und mehr an ihren jüdischen Wurzeln, am Glauben ihrer Mutter zweifeln. Sie bezeichnet sich selbst als Atheistin. Überliefert ist ihr Satz: „Ich habe mir das Beten ganz bewusst und aus freien Entschlüssen abgewöhnt.“ Ihre Mutter hätte es gern gesehen, dass sie Lehrerin wird. 1911 beginnt sie in Breslau Literatur, Geschichte und Psychologie zu studieren. Jedoch schon bald wendet sie sich von der Psychologie ab. Sie sucht das Wissen in der Philosophie, denn sie will, wie sie selbst später schreibt, „der Menschheit dienen“.

Wie kommt Edith Stein nach Göttingen?

In Göttingen lehrt seit 1901 Edmund Husserl, der als bedeutender Gelehrter die Philosophie als „erste Wissenschaft“ sieht. Seine Methode des Denkens, die universale Sinn- und Bedeutungsforschung der Phänomenologie, war damals das große Thema in der akademischen Welt. In Husserls Seminar traf Edith Stein auf eine erlauchte Schülerrunde, der sie in der Radikalität des Fragens und der Hingabe an die Sache in nichts nachstand. 1915 arbeitete sie in einem Kriegslazarett, 1916 wird sie Assistentin von Husserl und folgt ihm nach Freiburg. Doch zur Zusammenarbeit auf Augenhöhe kommt es nicht. Zwar wird ihre Doktorarbeit mit Höchstnote bewertet, doch ihre Habilitationsschrift gleich an vier Universitäten nicht zugelassen – weil sie eine Frau ist. Auch Husserl meint: Ehe, Heim und Familie sei der Ort einer Frau.

Was geschah danach?

Es folgt eine radikale Lebenswende. Edith Stein liest die Lebensgeschichte von Theresa von Avila. Aus der Hingabe an die Wissenschaft wird die Hingabe an Gott. Sie fühlt sich „tief in Gott hineingezogen“ und möchte gleichzeitig „das göttliche Leben in die Welt tragen“. Am 1. Januar 1922 konvertiert sie zum katholischen Glauben. Später arbeitet sie eine Zeit lang als Lehrerin in Speyer und engagiert sich für Frauenrechte. Im Frühjahr 1932 erhält sie einen Ruf an das Institut für wissenschaftliche Pädagogik in Münster. Sie zieht in das Collegium Marianum, wo viele junge Ordensfrauen wohnen.

Wie wird aus Edith Stein die Karmelitin Teresia Benedicta a Cruce?

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verlässt sie 1933 das katholische Institut – nur ein Jahr nach ihrem Ruf. Sie will als gebürtige Jüdin dessen Leitung und die Mitarbeiter nicht in Gefahr bringen. Im Oktober 1933 tritt sie in Köln-Lindenthal ins Kloster der Karmelitinnen ein und nimmt den Ordensnamen Teresia Benedicta vom Kreuz an – im Gedenken an Theresa von Avila. Im Karmel nimmt sie ihre wissenschaftlichen Arbeiten wieder auf. Zwar hinter Mauern, aber frei im Geist und vor Gott.

Wie stirbt sie?

Der Druck der Nazis auch auf die Kirche wird immer unerträglicher: Edith Stein emigriert gemeinsam mit ihrer Schwes­ter Rosa nach Echt in Holland. Am 2. August 1942 wird sie von der Gestapo verhaftet und in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Dort wird sie am 9. August 1942 in der Gaskammer ermordet. 1962 wird vor allem durch das Engagement katholischer Lehrerinnen das Seligsprechungsverfahren eröffnet. Schließlich spricht Papst Johannes Paul II. sie 1987 selig und 1988 heilig.

Gibt es im Bistum Hildesheim Einrichtungen, die nach ihr benannt sind?

Zwei Kindertagesstätten in Hannover und Wolfsburg stehen unter ihrem Patronat. Auch die katholische Oberschule in Bremerhaven ist nach ihr benannt. In Hannover sitzt die Katholische Erwachsenenbildung im Edith-Stein-Haus. In Göttingen wirkt der Edith-Stein-Kreis, der alle zwei Jahre einen nach der Heiligen benannten Preis an Personen, Gruppierungen und Institutionen verleiht, die sich grenzüberschreitend sozial engagieren.

Rüdiger Wala