Priesterausbildung im Bistum Fulda
Weltkirche im Kleinen
Die Priesterausbildung ist nach einem Vorschlag einer Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz in der Diskussion. Zum Ist-Zustand in der Diözese äußert sich der Leiter des Fuldaer Priesterseminars, Dirk Gärtner.
Wie sieht die Seminargemeinschaft im Moment aus?
Derzeit leben drei Fuldaer Kandidaten im Priesterseminar, dazu kommen drei Kandidaten aus der mit Rom verbundenen ukrainisch-katholischen Kirche, zwei aus dem Bistum Temeswar in Rumänien und ein Seminarist aus der Diözese Kamina im Kongo. In einem „erweiterten Kreis“ leben mit uns noch fünf Priester aus der Weltkirche, die derzeit ein Aufbaustudium in Fulda absolvieren.
Die Zusammensetzung ist international – ist das Weltkirche im Kleinen?
Im Kern ist die Seminargemeinschaft ein Mikrokosmos dessen, was Kirche und Gesellschaft derzeit ausmacht. Nicht nur die nationalen Färbungen und Besonderheiten des katholischen Glaubens werden sichtbar, sondern auch die rituelle Vielfalt und die spirituellen Traditionen, wenn man beispielsweise an die Angehörigen des byzantinischen Ritus denkt. Natürlich ist ein so buntes Miteinander bisweilen spannungsreich. Aber wer sagt denn, dass man an diesen Grenzen nicht auch lernen kann?
Beim Pastoralkurs zwischen Studien-Ende und Priesterweihe haben sich mehrere Bistümer mit Fulda zusammengetan. Wie sind die Erfahrungen?
Die Erfahrungen aus inzwischen über zehn Jahren der Kooperation der Priesterseminare Paderborn, Erfurt und Fulda zeigen, dass ein Lernprozess, der den Blick auf „das Fremde“ im Auge behält, ganz neue Horizonte eröffnet, die so nicht möglich wären, wenn man bei den „eigenen Leisten“ geblieben wäre.
Der Schritt auf ein neues und unbekanntes Gebiet ist zwar immer mit Unsicherheiten verbunden. Jedoch ermöglicht ein solches Wagnis jedem, der sich darauf einlässt, seine eigene Identität als Mensch des Glaubens und als Priester neu und vertieft zu erfahren. Wer zum Beispiel einmal eine Kinderfreizeit auf dem Gebiet des Bistums Erfurt mitgemacht hat, kann hautnah erleben, was es heißt, den Glauben in überwiegend entkirchlichter oder agnostischer Gesellschaft zu leben. Neben diesen Aspekten der Ausbildung sind in der Vergangenheit aber auch manchmal zwischen künftigen Neupriestern aus unterschiedlichen Diözesen freundschaftliche Verbindungen und tragende geistliche Weggemeinschaften entstanden. Diese Erfahrungen haben uns – die Regenten – ermutigt künftig auch über eine territoriale Erweiterung der Kooperation nachzudenken und den Pastoralkurs qualitativ weiterzuentwickeln.
Die Bischöfe empfehlen, dass die Ausbildung von künftigen Priestern und pastoralen Mitarbeitern – also Pastoral- und Gemeindereferentinnen und –referenten – besser miteinander verbunden werden soll – auch örtlich. Wie könnte das hier in Fulda aussehen?
Derzeit arbeiten die Ausbildungsverantwortlichen der Priesterkandidaten und der künftigen Gemeinde- und Pastoralreferenten an einem Konzept einer kooperativen, das heißt gemeinsamen Ausbildung im Bereich der Katechese und des schulischen Religionsunterrichts in der Phase nach dem Studium. In diesem Bereich der Formation ergeben sich viele inhaltliche Überschneidungen.
Angedacht ist, dass dieser Ausbildungsabschnitt diözesanübergreifend gestaltet wird. Wir erhoffen uns dadurch, dass diejenigen, die später gemeinsam im Dienst der Verkündigung stehen werden, schon bereits in der Ausbildung miteinander wertvolle Erfahrungen sammeln. So kann ein zukünftiges Arbeiten im Pastoralteam grundgelegt werden: Wer gelernt hat, miteinander und voneinander zu lernen, der kann auch später gemeinsam Leitung ausüben und Prozesse initiieren und steuern.
Interview: Hans-Joachim Stoehr
Zur Sache: Diskussion um die Priesterausbildung
Eine Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz, der die Bischöfe Felix Genn (Münster), Heinrich Timmerevers (Dresden-Meißen) und Michael Gerber (Fulda) angehören, hat vorgeschlagen, die Priesterausbildung in der „Phase der Studien“ an drei Standorten zu konzentrieren: München, Münster und Mainz. Dies hat eine Diskussion zum Thema ausgelöst, der Bonifatiusbote berichtete in Ausgabe 27. (nen)