Anstoß 43/21
Wie zu Paulus’ Zeiten
Inzwischen ist der Reformationstag in neun Bundesländern ein Feiertag. In den südlichen Bundesländern nicht. So wird bis in die Verteilung der Feiertage deutlich, welche schmerzlichen Folgen die Reformation für unser Land hatte.
In diesem Jahr ist der Reformationstag sogar in Bayern frei. Natürlich nur, weil er auf einen Sonntag fällt. Ein Feiertag für alle Christen kann der Reformationstag nicht sein.
Trotzdem lädt mich die evangelische Pfarrerin selbstverständlich zum ökumenischen Gottesdienst ein. Und genauso selbstverständlich nehme ich daran teil. Wer hätte vor Jahren gedacht, dass wir einmal so weit kommen: Evangelische und katholische Christen feiern am Reformationstag gemeinsam Gottesdienst.
Natürlich treffen wir uns nicht, um die Spaltung zu zelebrieren. Wir treffen uns, weil wir im Ohr haben, worum Jesus Christus betet: „Alle sollen eins sein“ (Johannes 17,21). Wir treffen uns, weil wir wissen, dass wir bei allen Unterschieden gemeinsam auf dem Weg des Glaubens sind. Auf diesem Weg können wir einander bereichern.
Mich erinnert das an den Synodalen Weg, zu dem sich die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken im Herbst 2018 entschlossen haben. Und es erinnert mich an den weltweiten synodalen Prozess, zu dem Papst Franziskus in Vorbereitung auf die geplante Bischofssynode 2023 einlädt. Kirche ist kein starrer Block, den Jesus einem Jünger anvertraut hätte. Sie ist eine Weggemeinschaft, zu der Jesus einlädt. Auf diesem Weg können wir einander bereichern. Synodaler Weg und weltweiter synodaler Prozess sind für mich Versuche, neu zu bestimmen, wie wir diesen Weg gemeinsam gehen wollen.
Im Augenblick scheinen die Fronten verhärtet zu sein. Fast so wie der Apostel Paulus in seinem ersten Brief an die Korinther schreibt, dass er von Spaltungen in der Gemeinde hört (1. Korinther 1,10-17). Ich höre von roten und grünen Karten, mit denen Menschen und Wortbeiträge bewertet werden und von Bischöfen, die vor gemeinsamen Gottesdiensten verschwinden. So lässt sich niemand von der Schönheit des Glaubens überzeugen.
Ich hoffe, es läuft anders als bei der Reformation und wir brauchen nicht Jahrhunderte, um einander wieder besser zu verstehen.
Pfarrer Marko Dutzschke, Lübbenau