Wahlveranstaltung im Café International Weimar

Zukunft in Thüringen finden

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Die Themen Flüchtlingspolitik und Integration standen vor der Landtagswahl im Oktober im Mittelpunkt einer Veranstaltung im Café International der Caritas in Weimar. Drei Abgeordnete nahmen die Einladung zum Gespräch an.

Abgeordnete des Landtages mit ihrer Moderatorin in Weimar. Von links nach rechts: Sabine Berninger (Die Linke), Joachim Hensel (SPD), Moderatorin Sabine Blumenthal vom Flüchtlingsrat Thüringen und Astrid Rothe-Beinlich (Die Grünen / Bündnis 90).    Foto: Holger Jakobi

 

Eine dezentrale Unterbringung von Geflüchteten bleibt Anliegen der Thüringer Regierungsparteien. So eine der Aussagen eines Forums zur bevorstehenden Landtagswahl im Oktober. Unter der Leitung von Sabine Blumenthal vom Flüchtlingsrat Thüringen diskutierten im Café International in Weimar Astrid Rothe-Beinlich von den Grünen, Sabine Berninger von der Partei Die Linke und der SPD-Mann Joachim Hensel. Eingeladen, aber nicht gekommen, waren Vertreter der CDU sowie der FDP.
 

„Ankerzentren sind Orte der Hoffnungslosigkeit“
Im Landkreis Nordhausen beispielsweise gäbe es Überlegungen, Geflüchtete wieder in zentrale Unterbringungen einzuweisen, wie Astrid Rothe-Beinlich informierte. „Dies ist derzeit offiziell in der Beratung und wurde auf Antrag von uns zunächst nochmal in den Ausschuss verwiesen.“ Weiter kritisierte sie die Positionen der CDU in der Flüchtlingspolitik: „Ich erlebe die CDU in Thüringen leider als sehr problematisch in dieser Frage. Das so genannte Integrationsgesetz, welches die CDU im Landtag eingebracht hat, wurde von Bayern abgeschrieben und ist leider eher ein ,Hau ab Gesetz‘, welches wir an vielen Stellen als verfassungswidrig und diskriminierend verstehen. Die Finanzierung der Umsetzung des ressortübergreifenden Integrationskonzeptes wurde von der CDU im Landtag abgelehnt. Die CDU hat zudem immer wieder die Einrichtung so genannter Ankerzentren gefordert, wir nennen dies richtiger ,Orte der Hoffnungslosigkeit‘. Dass die CDU nicht der Einladung des Café International gefolgt war, bedauerte Rothe-Beinlich. Zudem kritisierte sie die AfD Pläne zur Landtagswahl: „Die AfD will den Flughafen Erfurt zu einem Abschiebedrehkreuz machen. So ihr Beschluss und Programm.“ Die AfD stehe für eine „Verabschiedungskultur“.
Sabine Blumenthal wies in ihrer Moderation darauf hin, dass nach dem Sommer 2015, in dem sich viele bereit erklärt hatten, Geflüchteten zu helfen, die Stimmung in Deutschland gekippt sei. Hass und Verachtung würden öffentlich gezeigt. Das mache auch vor den zuständigen Behörden nicht Halt, in denen die Geflüchteten eigentlich Hilfe und Unterstützung suchen. Astrid Rothe-Beinlich ergänzte hierzu später: „Es gibt einen latenten Rassismus in den Behörden, vor dem sich viel zu oft weggeduckt wird. Hier müssen wir stärker hinsehen.“
 

Thüringen braucht neues Integrationsgesetz
Die im Podium anwesenden Landtagsabgeordneten waren durchaus kritisch mit sich selbst und betonten, nicht alles geschafft zu haben. Thüringen brauche in der nächsten Legislatur ein neues und „echtes Integrationsgesetz“. Ein Gesetz, das Angebote mache, das die Bildung fördert, die soziale Betreuung verankert. Es gehe darum, die Integration der geflüchteten Menschen aus Kriegsgebieten zu ermöglichen. Dazu gehöre der Familiennachzug. Sabine Berninger erinnerte daran, dass der Freistaat Thüringen zu den wenigen Bundesländern gehört, die den Nachzug von Menschen aus Syrien ermögliche. Wie schon Astrid Rothe-Beinlich sprach sich Berninger deutlich gegen Ankerzentren aus. „Wir müssen vielmehr die Verfahren in der zentralen Erstaufnahme in Suhl verbessern. Die Menschen brauchen Klarheit, brauchen Perspektiven.“ Weiter sagte sie: „Wir wollen, dass die Geflüchteten ihren Wohnsitz frei wählen können.“ Eine gute Lösung für die Zukunft sieht die Linken-Politikerin in individuellen Migrationsplänen, die den einzelnen Menschen berücksichtigen. Hilfreich sei dabei, wenn Personen als Berater tätig werden können, die aus ihrer eigenen Fluchterfahrung heraus genau wissen, wie es sich anfühlt, unter Krieg und Terror gelitten zu haben. Um dies zu ermöglichen, sollten Geflüchtete für diese Aufgabe ausgebildet werden, so Berninger. Joachim Hensel von der SPD betonte: „Auch wir wollen keine Ankerzentren. Wir sprechen uns aber für Aufnahmeeinrichtungen aus, die die Kommunen entlasten und die Qualität sicherstellen.“
In der sich anschließenden Diskussion – an der sich viele Geflüchtete beteiligten – ging es unter anderem um die Bildung und Teilhabe sowie um die psychologische Begleitung derer, die vom Krieg stark traumatisiert sind. Angesprochen wurde zudem das Thema Abschiebungen von abgelehnten Asylsuchenden in die so genannten sicheren Herkunftsländer. Joachim Hensel betonte, dass er Abschiebungen nach Afghanistan kritisch gegenüberstehe, da das Land alles andere als sicher ist. Astrid Rothe-Beinlich ergänzt: „Es kann nicht das Ziel sein, die Leute loszuwerden.“ In der Abschlussrunde sprach sich Sabine Berninger für eine Einbindung der Geflüchteten in den Prozess der Integration aus. Joachim Hensel sieht in der Vielfalt eine Chance, Thüringen brauche Zuwanderung. Astrid Rothe-Beinlich setzte sich für ein modernes Einwanderungsgesetz ein, das sich an den Menschenrechten orientiert.

Von Holger Jakobi
 

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