Radpilgertour zum Godehardjahr

Zum Schluss gab’s für die Pilger ein Godehard-Bier

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Die Glocken läuteten als 21 Radpilger am Samstag den Hildesheimer Domhof erreichten. Zehn Tage zuvor waren sie im Kloster Niederaltaich bei Passau gestartet, dort wo der spätere Hildesheimer Bischof Godehard vor 1000 Jahren als Abt gewirkt hatte.


Nach einem langen Tag Gottesdienst auf der Wiese:
Für viele Fahrradpilger war das ein ganz besonderes Erlebnis.

Freude, Stolz, Erschöpfung – mancher Radpilger musste seine Gefühlswelt erstmal ein bisschen sortieren, die vielen Eindrücke der letzten Tage verarbeiten. Nach rund 950 Kilometern zwischen Donau und Innerste überwog bei den meis­ten aber vor allem eins: Erleichterung darüber, dass alles gut geklappt hat, dass niemand auf der Strecke geblieben ist, dass alle Teilnehmer heil angekommen sind. Auf den letzten Kilometern hatten die Pilger noch einen prominenten Begleiter: In Bad Salzdetfurth stieß Bischof Heiner Wilmer zu der Gruppe.

Körperliche Anstrengung, Erholung für den Geist

„Es war ein kompletter Rückzug aus dem Alltag, eine andere Dimension von Zeit“, zieht Carola Hartmann Bilanz, „ich habe sogar die Wochentage vergessen“. Die körperliche Anstrengung sei gleichzeitig eine Erholung für den Geist gewesen, meint die 56-Jährige, die sich gemeinsam mit ihrem Mann Klaus auf die Pilgertour begeben hat. Die Hildesheimerin hat sich schon immer in der Kirche engagiert, doch seit dem Corona-Lockdown war das schwierig und sie hat auch ein wenig die Lust verloren. Da kam die Radpilgertour gerade recht. „Ich war mit allen Sinnen gefordert, es war toll, wirklich auf dem Weg zu sein“, sagt sie.


Für heute geschafft und nach vielen Kilometern noch bester Laune: Martin Kowol (links) und Andreas Pfennig haben ihr Zelt auf dem Campingplatz aufgebaut.


Spirituelle Erfahrungen sind für Damian Knoppik nichts Neues. Er hat schon mehrfach an sogenannten „Ora-et-Labora-Zeiten“ auf der Huysburg teilgenommen. Nun kam noch die sportliche Herausforderung dazu, 100 Kilometer am Tag auf dem Fahrrad, manchmal mehr. „Das monotone Treten ist gut für die Seele, man hat Zeit, den Kopf frei zu bekommen“, sagt der 43-jährige Braunschweiger Kita-Leiter.  Was hat ihm besonders gut gefallen? „Die benediktinischen Impulse, der Gottesdienst in der Ruinenkirche Maria im Spindeltal und die Fahrt durchs Taubertal – das war Kirche mal anders“. Elisabeth Jördens aus der Hildesheimer St.-Mauritius-Gemeinde war noch nie mit einer so großen Gruppe unterwegs und war anfangs skeptisch, ob das gutgehen würde. Doch das tat es. „Es war eine tolle Gemeinschaft“, sagt sie. Zweimal ist sie mit ihrem Zelt abgesoffen, „aber wir haben uns nicht entmutigen lassen“.

Ohne E-Bike mit 72 Jahren über die Berge

„Mich hat diese Pilgertour in jeder Hinsicht reich gemacht – geistig, spirituell und sportlich auch“, sagt Janusz Smela, Hannover-Misburg. Er ist 72 Jahre alt. „Ich glaube, ich bin der drittälteste der Gruppe.“ Es war schon eine Herausforderung für ihn, meint er und ist stolz auf das Geleistete, besonders auf die geschafften Steigungen und dass er ohne E-Bike und mit seinem gesamten Gepäck gestrampelt ist, „alles mit eigener Muskelkraft“. Wenn Smela die Pilgerfahrt noch einmal Revue passieren lässt, bleibt er bei einem Gottesdienst hängen. „Das war ein Gottesdienst auf der Wiese, mitten in der Natur, nur unsere Gruppe im Kreis. Das war ergreifend“, findet er.


Prominenter Gast: Bischof Heiner Wilmer (rechts) stieß
kurz vor Ende der Pilgerfahrt zur Gruppe.


Klaus Pohl aus Groß Düngen musste bei dieser Pilgerfahrt immer wieder auch an seine erste Fahrradpilgertour vor 25 Jahren denken. „Das war im Sommer 1997, da bin ich mit einer Gruppe Jugendlicher von Hildesheim bis Paris zum Weltjugendtag geradelt. Damals habe ich in der Verantwortung gestanden, diesmal konnte ich mich ganz auf das Pilgern einlassen und die Fahrt als einfacher Teilnehmer genießen. Aber beides sind tolle Erlebnisse, die man nicht vergisst“, versichert Pohl. Für den 62-Jährigen war die Fahrt ein besonderes spirituelles Erlebnis. „Ich war in meinen Gedanken oft bei diesem Mann Godehard, der damals wahrscheinlich auch an den Flüssen entlang gegangen ist. In den letzten Jahren habe ich mich von Kirche ein bisschen entfernt. Mir ist zu viel Formelhaftigkeit in der Kirche. Jetzt habe ich sie mal wieder anders erlebt, so wie sie früher war. Das bringt mich wieder in die andere Richtung zurück“, meint Pohl nachdenklich.

Die Pilgertour war mit mehr Teilnehmern geplant

Ein besonderes Erlebnis war, „als wir einmal jeder für sich allein 18 Kilometer gefahren sind. Die Vorgabe war, niemanden zu überholen. Jeder war ganz allein für sich, hatte Zeit über sich, den eigenen Standpunkt nachzudenken, mit sich ins Reine zu kommen. Das hatte was.“  Pohl lobt auch die Gemeinschaft, die die Pilger untereinander erfahren haben. „Wir waren ja ein wild zusammengewürfelter Haufen, aus dem eine richtige Gemeinschaft geworden ist. Wenn mal einer eine Panne hatte, das kam aber sehr selten vor, dann wurde ganz selbstverständlich geholfen und gewartet bis es weitergehen konnte“, betont Pohl.
 


Ankunft auf dem Domhof: Die Teilnehmer
begrüßen erleichtert Angehörige und Freunde.

Begleitet wurden die Radpilger von den Maltesern, die unter anderem für den Gepäcktransport und die Zubereitung des Frühstücks sorgten. Ursprünglich sollte die Unterstützung durch den Hilfsdienst noch größer ausfallen. Als jedoch nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine immer mehr Geflüchtete nach Deutschland kamen, mussten sich die Malteser als Veranstalter zurückziehen, da ihre Kräfte für andere Aufgaben gebraucht wurden. Und so musste auch die Gruppengröße beschränkt werden. Anfangs hatte es über 70 Interessenten für die von KiZ-Redaktionsleiter Stefan Branahl und Dechant Thomas Hoffmann initiierte Pilgertour gegeben.

Für die 21 Mitfahrer gab es am Ende der Tour auf dem Domhof nicht nur belegte Brötchen, sondern auch ein Godehard-Bier und zur Erinnerung einen Godehard-Taler.

Matthias Bode und Edmund Deppe