Sie stehen im Spannungsfeld von Arbeitswelt und Kirche: die ständigen Diakone
Zwischen Beruf und Berufung
Sie stehen im Spannungsfeld von Arbeitswelt und Kirche: die ständigen Diakone im Bistum Hildesheim. Mit Jens Pohl und Heinrich Detering werden am kommenden Samstag, 7. September, zwei weitere Diakone geweiht.
„Wir haben uns auf unserem Weg gut ergänzt“, sagen Jens Pohl und Heinrich Detering. Gerade durch ihre Verschiedenheit – im Alter, im Beruf, im Glaubensweg. Beide werden nun nach vierjähriger Ausbildungszeit mit drei Praktikumsstationen durch Weihbischof Heinz-Günter Bongartz zu ständigen Diakonen geweiht.
Das ist bei Jens Pohl, 44 Jahre alt und ledig, die klassisch katholische Kindheit mit einem Stallgeruch, der jede Hautzelle erfasst hat. In St. Cosmas und Damian in Groß Düngen aufgewachsen, jetzt in St. Marien in Alfeld engagiert – auf vielfältige Art und Weise: immer noch Ministrant („seit 34 Jahren mache ich das“), Pfarrgemeinderat, Dekanatspastoralrat, engagiert in der Messdienerarbeit und in der Firmvorbereitung, „das Komplettprogramm auf dem Land“, scherzt Pohl. Der studierte Elektrotechniker arbeitet heute als Softwareentwickler dort wo er lebt, in Alfeld.
2013, nach einer Romwallfahrt, gab es den Anstoß: „Diakon – wäre das nichts für dich?“ In Pohl beginnt es zu arbeiten. Er sucht den Kontakt zum Bistum, beginnt die Ausbildung – und ist im Rückblick überrascht, wie ihn das verändert hat. „Das war ein echter Reifeprozess“, sagt er. Zum einen durch die Gespräche über Glauben, über Beruf und Berufung. Zum anderen aber auch durch das Halbjahrespraktikum, das Diakone durchlaufen. Pohl macht es bei der Bahnhofsmission in Hannover: „Da bin ich mit Menschen und Schicksalen zusammengetroffen, denen ich sonst nie begegnet wäre.“ Noch heute fährt er einmal die Woche zum ehrenamtlichen Einsatz. Nach acht Stunden Arbeit, für eine Schicht von 18 Uhr bis Mitternacht: „Jedes Mal habe ich danach das Gefühl, es war gut, dass du das heute gemacht hast.“
Viele Lektionen in Mitmenschlichkeit
Diese Lektionen in Mitmenschlichkeit möchte Pohl nun erst recht als Diakon umsetzen: „Es wird sich zeigen, wie ich mich da im überpfarrlichen Einsatz in Alfeld und Gronau einbringen kann.“ Auch in seiner Firma wurde seine Ausbildung zum Diakon wohlwollend begleitet. Erste Anfragen als Gesprächspartner in schwierigen Situationen hat es von Kollegen schon gegeben: „Du bist doch da in diesem Laden ...“ Für Pohl die beste Einladung, um Beruf und Berufung zu vereinen.
Ganz anders die Geschichte von Heinrich Detering: Der 59-Jährige wird reformiert getauft („das Calvinistische hängt mir in den Klamotten“), wird im Theologiestudium lutherisch und 2014 schließlich katholisch. Seine Ehefrau und die drei mittlerweile erwachsenen Kinder bleiben evangelisch. „In meiner spirituellen Biografie bin ich weit herumgekommen“, sagt Detering und lächelt. Der Beweggrund für die Konversion: Deterings Begeisterung für das Liturgische. Vor allem, weil für ihn die katholische Kirche „ein großes Herz für unterschiedliche Sprachen und Kulturen hat.“ Bei aller Vielfalt im Ausdruck bleibe der Kern des Glaubens der gleiche.
Spiritualität in den Religionen der Welt und Literatur – das hat Detering immer fasziniert. Er ist Literaturwissenschaftler und Inhaber des Lehrstuhls für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Göttingen. Autor vieler Bücher, Träger zahlreicher wissenschaftlicher Preise. Trotzdem fehlt ihm etwas im Glauben: „Das Handfeste, das praktisch Engagierte, mich kirchlich zu verpflichten.“ Prägend wird für Detering das Halbjahrespraktikum in St. Paulus in Göttingen. Er assistiert bei Gottesdienstfeiern mit Demenzkranken: „Es hat mir gut getan, mich als Heinrich, der Praktikant vorzustellen.“ Nichts Professorables, nur Begegnung: „Da habe ich gemerkt, wie ein Diakon gefordert ist.“ Gottesdienste mit Demenzkranken möchte Detering gern auch in Zukunft feiern.
An der Universität wird Deterings Ausbildung mit „interessiertem Wohlwollen“ begleitet, wie er erzählt. Doch spürt er selbst eine Veränderung: „Für mich stand immer meine akademische Lehre und Forschung im Mittelpunkt. Jetzt schaue ich mehr darauf, wie sie bei meinen Studierenden ankommt.“ Die Ausbildung habe ihn da für seinen Beruf anders sensibilisiert. Auch sein Kirchenverständnis ist politischer geworden. Das zeigt nicht zuletzt sein Engagement als gewählte Einzelpersönlichkeit im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK).
Im Rahmen ihrer Ausbildung haben sich Pohl und Detering oft ausgetauscht: über Stallgeruch und Spiritualität, über ihre unterschiedlichen Lebenswege, die in der gleichen Berufung mündeten. „Schön, dass wir zusammen geweiht werden“, sagen beide.
Der Weihegottesdienst am Samstag, 7. September, beginnt um 10 Uhr im Hildesheimer Dom.
Rüdiger Wala
Diakone im Bistum
Seit über 40 Jahren wirken ständige Diakone im Bistum Hildesheim. Das Amt des Diakons ist eines der ältesten kirchlichen Ämter und wird bereits im Neuen Testament erwähnt. Vom Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–65) wurde der Diakonat als ständige dauerhafte Form kirchlichen Dienstes neu belebt.
Die erste Aufgabe jedes Diakons ist es, im Raum der Pfarrei auf menschliche Not aufmerksam zu machen und Christen, die sich sozial engagieren, zu unterstützen. Die überwiegende Zahl der Diakone im Bistum Hildesheim war und ist mit Zivilberuf in Gemeinden und Projekten tätig – und damit im Spannungsfeld von Familie, Arbeitswelt und Kirche. Hauptamtlich wirken sie in sozialen Brennpunkten oder der Seelsorge für bestimmte Gruppen. Zurzeit sind 75 Diakone, davon 18 hauptberuflich, im Bistum tätig. 19 von ihnen sind bereits im Ruhestand.
Die rund vierjährige Ausbildung zum Diakon erfolgt berufsbegleitend. Ansprechpartner für Dienst und Einsatz ist Diakon Dr. Markus Schneider (Domhof 18–21, 31134 Hildesheim, Telefon 0 51 21 / 307 272, E-Mail: markus.schneider@bistum-hildesheim.de). Ansprechpartner für die Ausbildumg ist Diakon Ingo Langner (Pfarramt St. Godehard, Posthornstraße 22, 30425 Hannover, Telefon 05 11 / 44 13 87. E-Mail: ingo.langner@bistum-hildesheim.de). Neuer Bischöflicher Beauftragter für den ständigen Diakonat wird zum 1. September Domkapitular Martin Tenge, der neue Leiter der Hauptabteilung Pastoral/Seelsorge im Generalvikariat.