Betroffenenbeirat fordert schnellere Aufarbeitung

Die Ungeduld wächst

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Die Zeit drängt
Nachweis

Foto: kna/Harald Oppitz

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Die Zeit drängt. Amtszeiten nähern sich ihrem Ende. Zeitzeugen versterben. Betroffene resignieren.

Bei der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs drängt der Betroffenenbeirat der (Erz-)Bistümer Berlin, Dresden-Meißen und Görlitz auf ein höheres Tempo und eine konsequentere Umsetzung.

„Die Zeit drängt. Amtszeiten nähern sich ihrem Ende. Zeitzeugen versterben. Betroffene resignieren.“ Mit diesen Worten hat der Betroffenenbeirat Ost vor einigen Tagen in einer Pressemitteilung seine Ungeduld zum Ausdruck gebracht. Vor einem Jahr hatten drei ostdeutsche Bistümer mit der Militärseelsoge eine gemeinsame Aufarbeitungskommission gegründet und sich zum Ziel gesetzt, Miss-brauchstaten zu erfassen sowie Strukturen zu untersuchen und zu bewerten, die den Missbrauch fördern.

Der Betroffenenbeirat hatte daraufhin ein Konzept für eine sozialwissenschaftliche Studie erarbeitet und in die Kommission eingebracht. In der geplanten Studie soll es vor allem um die Frage nach einem gelingenderen Umgang mit den unmittelbaren und den langfristigen Folgen des Missbrauchs gehen.

„Eigentlich sind sich alle einig“

Im Januar diesen Jahres beschloss die Aufarbeitungskommission, diese Studie in Auftrag zu geben. Der Betroffenenbeirat fordert die Kommission und die Bischöfe nun auf, diesen Beschluss zügig umzusetzen. „Eigentlich sind sich Betroffene, die Laienvertretungen der Bistümer und Bischöfe einig, wie wichtig die Studie ist“, schätzt Beiratsmitglied Sabine Otto ein. Sie baue mit einer neuen Fragestellung auf den Erkenntnissen auf, die bereits durch Gutachten und Studien erzielt wurden, die andere Bistümer in den vergangenen Jahren beauftragt hatten. „Betroffene und  Gemeinden wurden durch Missbrauch in Mitleidenschaft gezogen, Täter nachhaltig beschädigt“, ruft sie in Erinnerung. Die neue Studie solle nun aufzeigen, was jeweils dabei helfen könne, das Geschehene besser zu bewältigen. Nun gelte es Verzögerungen zu vermeiden. Die Ausschreibung der Studie könnte mehrere Monate in Anspruch nehmen, die Studie selbst etwa drei Jahre, sagt sie.

Unterstützung bekommt das Anliegen unter anderem vom Vorstand des Katholikenrats im Bistum Dresden-Meißen. Die Studie könne dazu beitragen, „systemische Ursachen von Missbrauch innerhalb unserer (Erz-)Bistümer“ aufzuzeigen und Handlungsstrategien für gelingende Aufarbeitung anzubieten, heißt es in einer Erklärung des Vorstands, der im weiteren die Hoffnung äußert: „Was an einigen Orten bereits begonnen hat, wird in die Studie einfließen können, um einerseits von den teils positiven Entwicklungen als Beispiel zu profitieren und andererseits nicht zu verschweigen, wo Aufarbeitung verhindert worden ist.“

Kein wirksamer Schutz ohne Aufarbeitung

Eine selbstkritische Reflexion der Vergangenheit und des heutigen Tuns müsste auf allen Ebenen der kirchlichen Hierarchie Vorrang haben, schreibt der Katholikenrats-Vorstand. So reiche es beispielsweise nicht, ein Präventionskonzept vorzuweisen. Es müsse auch dafür Sorge getragen werden, dass es flächendeckend umgesetzt wird und dass Menschen in den Gemeinden es verinnerlichen. Eine umfassende Aufarbeitung, die gleichermaßen von Betroffenen, Gemeinden und Bistumsleitung getragen wird, sei unerlässlich, wenn kirchliche Orte heute und in Zukunft Kindern und anderen Schutzbefohlenen Räume bieten wollen, in denen sie geschützt sind und die zentrale Botschaft des Evangeliums, die eines liebenden Gottes, erfahren können.

Zur Sache

Der Aufarbeitungskommission der (Erz-)Bistümer Berlin, Dresden-Meißen und Görlitz und der Militärseelsorge gehören vier Vertreter an, die von den Landesregierungen benannt sind, und jeweils drei von den Diözesen benannte und vom Betroffenenbeirat entsandte

 

Dorothee Wanzek